Bloodborne TEST

Mit Bloodborne bleibt Entwickler From Software sich treu, die Formel wurde nicht verwässert. Der Albtraum ist diesmal allerdings wesentlich schöner. Eines dabei gleich vorweg: Bloodborne steht für die gleiche grundlegende Essenz wie seine geistigen Vorgänger – süchtig machendes, schweißtreibendes Gameplay, das bei Erfolg mehr Glücksgefühle auslöst als alles andere im Genre. Doch diesmal ist es eine der größten First-Party-Veröffentlichungen des Jahres; glaubt Sony etwa daran, mit diesem Konzept endlich die breite Masse zu erreichen?

Dabei bietet Bloodborne ungefähr genau so viel Story wie die Souls-Games – praktisch keine, bei oberflächlicher Betrachtung. Ihr seid ein Jäger, der in der alten Stadt Yharnam nach einem universellen Heilmittel sucht; unglücklicherweise ist der Ort selbst von einer geheimnisvollen Krankheit befallen, der seine Bewohner in grauenvolle und bösartige Geschöpfe verwandelt hat. Nach der Einleitung wird nur wenig erzählt; durch kurze Cutscenes und gelegentlich auftauchende NPCs sowie so manche Item-Beschreibungen kann man sich vielleicht einen Reim auf die minimalistische und oftmals kryptische Geschichte machen. Viel bleibt aber der eigenen Interpretation vorbehalten, was der geheimnisvollen und dichten Atmosphäre des Titels sehr zuträglich ist.

Wer die spirituellen Vorgänger spielte, dem ist das Gameplay von „Bloodborne“ schnell vertraut. Der neueste Eintrag von From Software ist ebenfalls kein Hack’n’Slay-Titel, obgleich es anfangs den Anschein hat. Im Gegenteil: nichts liegt weiter von der Wahrheit entfernt. Jene Spieler, die sich unbedacht in Kämpfe stürzen und meinen, sie könnten nach Belieben Gegner niedermachen, werden ihr blaues Wunder erleben. Das PS4-exklusive Spiel erfordert Timing, Reflexe, Strategie – und eine ordentliche Portion Geduld. Das kennt man aus den „Souls“-Spielen; neuerdings liegt der Fokus jedoch auf der Offensive. Während früher der Schild eine wesentliche Rolle spielte, ist es nun noch wichtiger geworden, im richtigen Moment anzugreifen. Das neue Regain-System erlaubt nämlich, soeben verlorene Lebensenergie ganz oder zum Teil wieder zu erlangen, wenn unmittelbar nach einem feindlichen Treffer ein erfolgreicher Gegenschlag gelingt. Auf der anderen Seite verleitet diese Möglichkeit schon mal zu unüberlegten, waghalsigen Aktionen …

Eine weitere coole Neuerung in Bloodborne sind die transformierenden Waffen. Auf Knopfdruck können Primärwaffen in noch verrücktere Mordinstrumenten verwandelt werden; experimentierfreudige Spieler kommen besonders auf ihre Kosten. Auch die (sekundären) Schusswaffen sind neu, sie können den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten. Allerdings sind sie keine Heilsbringer, sondern eher von taktischem Nutzen – lockt einzelne Feinde vom Rest weg oder unterbrecht in letzter Sekunde eine gegnerische Kombo. Zumal Munition ziemlich rar gesäht ist.

Der Tod kommt auch in Bloodborne schmerzhaft oft. Immerhin wird man nun nicht mehr so hart bestraft wie damals, der Lebensbalken glücklicherweise nicht verkürzt. Blood Echoes (die Universalwährung für Level Ups und Items, früher Seelen genannt) bleiben jedoch wie gewohnt  dort liegen, wo man zuletzt den Löffel abgegeben hat – oder bei einem Gegner, der gerade in der Nähe war. Und natürlich respawnen all die geschlagenen Gegner wieder.

Freund oder Feind?

Multiplayer ist erneut grandios und eigenwillig zugleich. Es gibt kaum Aufregenderes, als zusammen mit einem anderen Spieler besonders widerwärtige Bossgegner aufs Kreuz zu legen. Bis es mal soweit ist, muss nicht nur ordentlich geübt werden, auch zwei spezielle Gegenstände sind vonnöten (aber das findet man am besten selbst heraus). Vielleicht sogar noch aufregender ist das Duellieren: Manchmal dringen andere Spieler in eure Welt ein, um euch Blood Echoes abzunehmen. Da schnellt das Adrenalin in unbekannte Höhen. Wem das zu sehr an den Nerven zerrt,  kann offline spielen, verpasst dann jedoch einen der wesentlichen Aspekte des Spiels.

Als First-Party-Spiel muss „Bloodborne“ nicht zuletzt als Messlatte herhalten, um die Power der PS4 zu demonstrieren. Obgleich das Game optisch nicht ganz mit Titeln wie inFamous, Killzone oder The Order 1886 mithalten kann, ist es durchwegs ein sehr schönes Spiel geworden. Somit katapultiert Bloodborne sich Entwickler From Software nun endlich auch grafisch in die Oberliga. Ganz Yharnam ist sehr detailliert gestaltet, fein texturiert und erstaunlich abwechslungsreich gehalten. Die dunkle viktorianische Natur des Spiels ist nicht schön im traditionellen Sinn, bietet dafür eine düster-attraktive Welt, die sich lebendig anfühlt.

FAZIT

Bloodborne ist nicht selten frustrierend schwer. In Foren wird man sich noch länger darüber streiten, ob’s nun anspruchsvoller als die „Souls“-Reihe ist oder nicht. Wie auch immer: From Software hat die Formel jedenfalls nicht verwässert. Es wird interessant zu beobachten sein, wie die breite Masse auf solch harte Erfahrung reagiert. Das Action-Rollenspiel ist perfekt designt – sowohl Levelarchitektur, Kampfsystem als auch Gegnerdesign suchen (erneut) ihresgleichen. Endlich ist den Entwicklern nun auch technisch der Sprung in die erste Liga gelungen; lediglich die auffällig langen Ladezeiten (regelmäßig über 30 Sekunden nach einem Bildschirmtod) sind unbedingt rasch mittels Patch zu korrigieren. Es ist ein beängstigendes, kraftraubendes Spiel, das viel mit Survival Horror gemein hat, da man sehr oft ums nackte Überleben kämpft und von einer schleichenden, inneren Unruhe begleitet wird. All jene aber, die den Mut aufbringen, diesem Albtraum zu trotzen, bietet Bloodborne ein herausragendes Erlebnis.

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 8 | Handling: 10 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

Passende Beiträge

Ghost of Tsushima DIRECTOR’S CUT im Test

Saviorless im Test

Men of War II im Test