Die Frage „Was wäre, wenn unser Planet irgendwann erschöpft ist – die Ressourcen aufgebraucht, die Bevölkerung unaufhaltsam wachsend?“ treibt seit Jahrzehnten nicht nur Wissenschaftler und Philosophen um, sondern auch Geschichtenerzähler. Kein Wunder also, dass unzählige Bücher, Filme und Spiele dieses Szenario immer wieder neu durchspielen. Es ist ein Gedankenexperiment mit fast unendlichen Variationen, denn die Antwort darauf fällt nie eindeutig aus. So auch in METAL EDEN.
Während die einen auf Auswanderung ins All setzen, andere auf radikale Bevölkerungsbegrenzung oder gar dystopische Kontrollsysteme, schlägt der neue Sci-Fi-Shooter Reikon Games einen eigenen, radikaleren Weg ein: Wenn der Mensch zu zerbrechlich, zu hungrig und zu fehlerhaft ist – warum nicht einfach die Hülle wechseln? Statt Fleisch und Blut bleibt nur der Geist, das Bewusstsein, übertragen in mächtige Maschinenkörper. Ein zweites Leben aus Stahl und Schaltkreisen. Klingt nach Erlösung – doch wie lange, bis auch hier die ersten Risse im Paradies sichtbar werden?
Projekt Eden
Die Menschheit hat mit der sogenannten CORE-Technologie das Unmögliche geschafft: Sie konnte bestimmen, was einen Menschen wirklich „menschlich“ macht – und genau dieses Bewusstsein in einer künstlichen Hülle speichern. Richtige Körper werden damit also überflüssig. Um dem Platzproblem der Erde zu entkommen, errichteten die Überlebenden hoch über dem verlassenen Planeten Vulcan eine gigantische, schwebende Stadt: Moebius.
Dorthin werden wir geschickt, in der Rolle der Hyper Unit Aska – einer Kampfeinheit mit Jetpack und Maschinenkörper, halb Mensch, halb Waffe. Doch kaum angekommen, zeigt sich: Moebius ist menschenleer. Stattdessen patrouillieren Roboterwachen, Drohnen und andere mechanische Gegner durch die Straßen, die alles daran setzen, uns zu zerlegen. Unsere Mission ist klar, aber alles andere als einfach: Wir sollen alleine die verschwundenen Bürger aufspüren und die Geheimnisse der Stadt lüften. Kein Wunder, dass man von einer „Selbstmordmission“ spricht.
Einziger Hoffnungsschimmer: Aska kann mithilfe verbotener Technologie immer wieder hergestellt werden. Das verleiht ihr zwar eine gewisse Unsterblichkeit, wirft jedoch eine quälende Frage auf – ist sie lediglich eine austauschbare Kriegsmaschine, die beliebig ersetzt werden kann? Oder steckt in ihrem künstlichen Körper doch mehr als nur ein Funken Menschlichkeit?
Die Geschichte von METAL EDEN entfaltet sich in insgesamt acht Missionen, vorangestellt von einem kurzen Prolog, der gleichzeitig als Tutorial dient. Die Level sind klar linear aufgebaut, lassen aber genügend Freiraum, um sich dynamisch durch die Arenen zu bewegen. Auf Sammelobjekte, Geheimnisse oder versteckte Räume wie in einem DOOM verzichtet das Spiel bewusst – hier stehen Action und Story im Vordergrund.
Immer wieder meldet sich eine geheimnisvolle Stimme namens Nexus, die Aska kryptische Hinweise über Vulcan und Moebius zuflüstert. Zwar darf man keine tiefschürfenden Dialoge erwarten – Aska selbst spricht kaum –, doch die Erzählung ist solide inszeniert und punktet mit einigen spannenden Wendungen. Klassische Sci-Fi-Kost also, aber spannend genug, um neugierig zu halten. Vor allem die Frage nach dem Ursprung des Chaos und den Machenschaften hinter der glänzenden Fassade von Moebius treibt uns unweigerlich weiter. Trotzdem: Der Fokus liegt klar auf dem Gameplay – und das liefert ab.
Hyper Unit Aska
METAL EDEN ist ein kompromissloser Action-Shooter aus der Ego-Perspektive. Mit einem Arsenal futuristischer Waffen – von der einfachen Maschinenpistole über das knisternde Plasmagewehr bis hin zu experimentellen Gadgets wie Frostgranaten – jagen wir Gegnerhorden durch die Missionen. Dazu gesellt sich ein Jetpack für vertikale Freiheit und eine kugelförmige Verteidigungsform, mit der wir uns robuster durch feindliche Gebiete rollen können. Die Waffenauswahl mag nicht revolutionär wirken, doch sie fühlt sich angenehm wuchtig an. Außerdem lassen sich die Schießeisen mit der Ingame-Währung Staub aufrüsten. So überhitzt die Maschinenpistole später nicht mehr so schnell oder verursacht zusätzlichen Schaden. Neue Waffen werden Schritt für Schritt im Verlauf der Story freigeschaltet, was den Spielfluss stetig frisch hält.
Neben den Waffen sorgt ein Fähigkeitsbaum für Abwechslung. Dort schalten wir nützliche Boni frei – etwa eine kurze Zeitlupe für präzise Manöver oder passive Verbesserungen, die unsere Überlebenschancen deutlich erhöhen.
Auch Aska selbst ist extrem mobil. Doppelsprünge, schnelle Dashes, Wallruns und ein Greifhaken, der uns an strategisch platzierte Punkte katapultiert, gehören zum Standardrepertoire. Diese Beweglichkeit ist kein Luxus, sondern bitter nötig. Denn die Gegner sind nicht immer clever, dafür aber gnadenlos aggressiv. Von schwärmendem Kanonenfutter über schwer gepanzerte Roboterbestien bis hin zu übergroßen Kampfmaschinen wird Aska regelmäßig unter Druck gesetzt. Vor allem die Elitegegner mit dicken Rüstungen stellen in der Hektik der Gefechte eine echte Herausforderung dar.
Besonders glänzt das Spiel durch die Core-Ripping-Mechanik – das Herzstück von METAL EDEN. Mit einem Knopfdruck reißen wir einem Gegner seinen Energiekern heraus. Den können wir anschließend wie eine Bombe in eine Gegnergruppe schleudern, was massiven Flächenschaden verursacht, oder ihn absorbieren, um unsere Nahkampfangriffe zu verstärken sowie Leben zu regenerieren. Bei gepanzerten Feinden lässt sich damit die Schutzschicht deutlich schneller zerlegen, was Raum für wuchtige Konter eröffnet. Der Haken: Die Fähigkeit hat einen Cooldown. Dauerfeuer mit Kernen ist also nicht möglich – es sei denn, man findet eines der verstreuten Items, die die Abklingzeit sofort zurücksetzen. Auch Munition ist stets knapp, verteilt auf teils schwer erreichbare Orte in den Levels, sodass permanentes Herumflitzen nicht nur Spaß macht, sondern überlebenswichtig ist.
Unterm Strich überzeugt das Gameplay mit viel Tempo und einer spürbaren Dynamik. Kleinere Schwächen gibt es trotzdem: Das Trefferfeedback könnte wuchtiger sein – wenn ein Schuss aus nächster Nähe mit der Schrotflinte nur ein paar Blutspritzer auslöst, fehlt ein wenig der erhoffte Impact. Revolutionär ist METAL EDEN sicher nicht, doch es setzt die bekannten Shooter-Bausteine so solide und spaßig um, dass man kaum meckern möchte. Hier zählt eben nur der Flow.
Die Stadt Moebius
Optisch macht METAL EDEN einiges her. Die Missionen führen uns durch verwinkelte Straßenschluchten einer futuristischen Metropole, wo wir uns teils per Seilrutsche über Abgründe katapultieren, bis hin zu den Ruinen des Planeten Vulcan, der noch immer gezeichnet ist von der großen Katastrophe. Dort glühen Lavaströme durch zerfallene Landschaften, während metallene Wracks an eine untergegangene Zivilisation erinnern. Trotz des insgesamt linearen Aufbaus sorgt die Mischung aus intensiven Feuergefechten, kurzen Dialogpassagen und atmosphärischen Kulissen für solide Abwechslung. Grafik und Sound sind ordentlich inszeniert und unterstreichen das Feeling, in einer sterbenden Zukunftswelt zu kämpfen.
Allerdings sollte man nicht erwarten, dass Moebius viel Raum für Nebenbeschäftigungen bietet. METAL EDEN ist halt ein klarer Singleplayer-Shooter, der seine Geschichte ziemlich geradlinig vorantreibt. Sammelobjekte, richtige Rätsel oder optionale Ablenkungen sucht man hier vergeblich – hier zählt einzig die Mission.
Technisch läuft das Spiel dafür allerdings durchaus stabil: keine nennenswerten FPS-Einbrüche, keine Gamebreaker-Bugs während meiner Anspielzeit. Trotzdem gibt es doch noch einige Ecken und Kanten. Gelegentlich bleiben Gegner einfach regungslos stehen, als hätten sie kurz vergessen, dass sie in einem Shooter sind – sogar ein Bossgegner ließ sich so in aller Ruhe auseinandernehmen. Auch die Steuerung von Aska zeigt bei aller Bewegungsfreiheit noch Schwächen: Mal packt sie den Greifhaken an eine Stelle, die gar nicht geplant war, mal ignoriert sie eine klar angesprungene Kante. Ärgerlich in hitzigen Gefechten, aber nichts, was mit ein paar Patches nicht nachgebessert werden könnte oder häufig vorgekommen ist. Unterm Strich bremst das den Spielspaß nicht aus, es sorgt nur für kleine Stolpersteine in einem sonst flüssigen Erlebnis.
Zusammenfassung
FAZIT
METAL EDEN ist also ein solider Sci-Fi-Shooter – und das auch ganz bewusst. Hier wird kein Genre neu erfunden, sondern geradlinige Action geliefert, die genau das macht, was sie soll: ballern, Tempo halten, Adrenalin erzeugen. Die Geschichte rund um Aska, Moebius und den verwüsteten Planeten Vulcan sorgt dabei für genügend Motivation, um dranzubleiben, auch wenn sie keine narrative Revolution darstellt.
Natürlich läuft aber auch nicht alles glatt. Gegner könnten mehr Varianz und Cleverness vertragen, das Trefferfeedback dürfte wuchtiger sein, und kleinere Bugs nerven hin und wieder. Doch all das sind Schwächen, die den Spielfluss wie erwähnt nicht ernsthaft bremsen. Im Kern fühlt sich METAL EDEN schlicht gut an: Die Waffen haben Wumms, die Mobilität sorgt für ein dynamisches Spielgefühl, und die Core-Ripping-Mechanik verleiht den Feuergefechten eine eigene Note.
Wer also nach einem kompromisslosen Singleplayer-Shooter sucht, der alte Tugenden mit moderner Inszenierung verbindet, und wem DOOM-artige Daueraction nicht schnell zu viel wird, der dürfte mit METAL EDEN sehr glücklich werden. Kein Meisterwerk, aber wieder ein energischer, unterhaltsamer Trip durch eine sterbende Zukunft.