Spielt europäische Schlachten des 19. Jahrhunderts in der neuen Erweiterung von Strategic Command: American Civil War nach. Der Concert of Europe genannte DLC deckt den Krimkrieg, Königgrätz und die Vereinigung Italiens ab.
Die Nächte werden länger, die Spieletitel auch. Strategic Command: American Civil War – Concert of Europe ist so ein ewig langer Titel für die neueste Erweiterung der langlaufenden Strategic Command Serie. Es handelt sich um einen DLC (Hauptspiel benötigt), und außerdem finde ich den Titel ein wenig irreführend. Das Setting des Spieles hat nämlich absolut gar nichts mit dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-65) zu tun, sondern spielt in Europa im selben Jahrhundert. Das ändert aber nichts daran, dass es eine super Erweiterung für das Hauptspiel ist und für mich als Geschichtsfan besonders interessant erscheint. Es gibt nämlich nur relativ wenige gute Strategiespiele, die im 19. Jahrhundert angesiedelt sind. Die meisten spielen im 20. Jahrhundert, im Mittelalter, der Antike oder in der Zukunft. Spiele aus dem 19. Jahrhundert? Fehlanzeige, zumindest außer den Napoleonischen Kriegen und exklusive des Amerikanischen Bürgerkrieges, und vor allem wenn es um detaillierte Szenarien geht. Ausnahmen (wie die Globalstrategie von Pride of Nations oder Spiele von Wargame Design Studio oder HPS) bestätigen die Regel, sehr viel Stoff zum Zocken werdet ihr über diese Zeit nicht finden. Und in diese Nische springt nun Strategic Command: American Civil War – Concert of Europe.
Die von Fury Software entwickelte Strategic Command-Serie läuft schon seit dem Debut-Titel Strategic Command: European Theatre aus dem Jahr 2002 (auf Steam in der Gold Version als Strategic Command Classic: Global Conflict erhältlich) und beinhaltet bis heute mehrere Ableger, die während der beiden Weltkriege angesiedelt sind. Der letzte Teil ist dann mit Strategic Command: American Civil War zurück ins 19. Jahrhundert gesprungen. Zu diesem Titel gibt es bereits die ziemlich coole Erweiterung Strategic Command: American Civil War – Wars in the Americas, die fünf militärische Kampagnen des 19. Jahrhunderts in Zentral- und Südamerika abbildet. Wenn ihr an Kriegen aus dieser Zeit und Region interessieret seid, müsst ihr euch das Spiel mit dieser Erweiterung einfach holen, da es hier schon wirklich schwer wird, noch irgendein vergleichbares Game zu finden. Ebenso ist es mit der neuen Erweiterung – und die ist für uns Österreicher besonders spannend. Österreich kommt nämlich in zwei der Szenarien als Konfliktpartei vor.
Besiegt die Preussen in Königgrätz!
Strategic Command: American Civil War – Concert of Europe erweitert das Hauptspiel um fünf neue historische Szenarien aus Europa. Die sind nun in der Auswahl der Kampagnen direkt anwählbar und können alleine oder gegeneinander (Hotseat-Modus oder Play-by-Mail, wenn euer Gegner das Spiel auch besitzt) gespielt werden.
1854 – Before the Unfallen Fort – stürmt mit Franzosen, Engländern und Türken die russische Festung Sewastopol im Krimkrieg. Spielt die Schlacht von Balaclava nach, von der das berühmte Gemälde The Thin Red Line stammt, das ich mir erst vor ein paar Wochen im Schloss von Edinburgh angeschaut habe.
1859 – Listen Awhile Ye Nations – spielt die Schlachten nach, die mit dem Angriff von Napoleon III auf Italien begonnen haben und schließlich mit der Gründung der italienischen Republik geendet haben – wenn ihr die k.u.k. Truppen nicht erfolgreich führt. Nix gibts mit Risorgimento – (Nord-)Italien bleibt gefälligst unter österreichischer Herrschaft!
1860 – One Lustrous Aim – spielt den italienischen Nationalhelden Giuseppe Garibaldi und vereint euer Süditalien unter seiner Herrschaft. Oder spielt seine Gegner (die Bourbonen) und verhindert genau das. Sizilien zu befreien ist ja noch einfach, aber am italienischen Festland voranzukommen ist sauschwer.
1866 – Whirlwind of Flame – Preußen will die Herrschaft über ganz Deutschland erlangen. Der größte Gegner dabei ist Österreich. Werden uns die Preußen in der Schlacht von Königgrätz wieder so vernichtend schlagen, dass Otto von Bismarck danach das Deutsche Reich gründen kann?
1877 – Feel Not the Red Rains Fall – spielt die Truppen von Zar Alexander II., um die Türken vom Balkan zu vertreiben und Konstantinopel zu erobern – bevor dies die Engländer tun.
Insgesamt sind das lauter höchst interessante Szenarien für Fans der europäischen Geschichte. Kampagnen, die Europa vor gar nicht so langer Zeit zu dem gemacht haben, was es heute ist.
Infanterie, Kavallerie, Artillerie
Aufgrund der weniger fortgeschrittenen Technologie, die den Kriegführenden zur Verfügung stand, erforderte die Kriegsführung im 19. Jahrhundert im Vergleich zu den Konflikten des 20. Jahrhunderts eine geringere Vielfalt an Einheiten. Ihr werdet also keine Panzer oder Flugzeuge finden, was die Komplexität verglichen mit den Vorgängern ein wenig reduziert. Einfach wird das Spiel aber dadurch nicht – was das mitgelieferte 280-Seiten dicke Handbuch beweist. Ihr könnt das Spiel aber auch sehr gut spielen, ohne es gelesen zu haben. Ultrawidescreen wird unterstützt, eine Steuerung mit dem Gamepad jedoch nicht.
Eine umwerfende Grafik werdet ihr bei Strategic Command: American Civil War nicht vorfinden. Für ein Strategiespiel ist sie jedoch dennoch überdurchschnittlich gut. Wer wie ich mit den typischen Kriegssimulationen von SSI aus den 80ern aufgewachsen ist, für den ist die heutige Grafik von Spielen wie Strategic Command: American Civil War ein absoluter Augenschmaus. Hochauslösend, fein gezeichnet, animiert und zusätzlich mit Soundeffekten unterlagert macht das Verschieben von Truppenverbänden über die Karte definitiv noch mehr Spaß als mit den grob blinkenden Einheiten-Symbolen auf schwarzem Hintergrund in meiner Kindheit. Kaufen könnt ihr Strategic Command: American Civil War und seine Erweiterungen auf Steam oder auch DRM-frei direkt auf der Seite von Slitherine.
Zusammenfassung
FAZIT
Strategic Command: American Civil War – Concert of Europe ist eine tolle Erweiterung für ein Nischenprodukt, das sich an geschichtsinteressierte Strategiespieler richtet. Interessant ist es natürlich nur für Spieler, die rundenbasierte Kriegsspiele mit historischem Hintergrund lieben – für die ist es jedoch fast schon ein Pflichtkauf. Es gibt nur wenige Spiele, die historische Kampagnen derart detailliert und trotzdem auch für Nicht-Grognards (also wirklich hartgesottene historische Rundenstrategiefans, denen Präsentation und einfache Bedienung vollkommen egal ist) zugänglich präsentieren wie die Strategic Command-Spiele. Die Strategic Command-Spiele sind so eine Art Einstiegsdroge in das Genre – wer realistische historische Simulationen mag, der sollte einen zweiten Blick darauf werfen. Trotz einfacher Steuerung ist es immer noch ein tiefgründiges, historisch akkurates Strategiespiel mit beträchtlicher Detailtiefe.
Für Computerspieler, die die in Strategic Command: American Civil War – Concert of Europe abgedeckten europäischen militärischen Kampagnen spielen wollen, ist die Erweiterung außerdem absolut konkurrenzlos. Es gibt nämlich kein anderes Computer-Spiel, in dem ihr sie nachspielen könnt. Und das soll – bei der Menge an in den letzten 40 Jahren veröffentlichten Computerspielen – wirklich etwas heißen!