Über fünf Jahre mussten Fans von Ghost of Tsushima auf einen Nachfolger warten. Jetzt ist es endlich so weit und wir bekommen mit Ghost of Yōtei eine neue spannende Geschichte von Sucker Punch serviert. Die Frage, ob Ghost of Yōtei mit seinem Vorgänger und auch verwandten Games wie Assassin’s Creed Shadows oder Rise of the Rōnin mithalten kann, klären wir genau jetzt!
Das wichtigste gleich mal vorweg, „Jin Sakai“, seht ihr in Ghost of Yōtei nicht, denn zwischen den beiden Games liegen 300 Jahre an Geschichte, aber keine Sorge, „Atsu“ ist mindestens ebenso sympathisch wie Jin es seinerzeit war und das Gameplay mega gut!
Story
Um eine spannende Story bieten zu können, muss man sich nicht immer zwangsläufig etwas Neues ausdenken. Manchmal reichen die guten, alten Racheglüste absolut aus, um einen Protagonisten und somit uns selbst, bis zum Äußersten zu bringen…*hust*..John Wick..*hust*.
So auch im Fall von Atsu und ihrer Vergangenheit. Eines Tages wird Atsus Familie von den sogenannten Yōtei-Sechs brutal ermordet und auch Atsu selbst sollte an diesem Tag sterben, zumindest wenn es um die Yōtei-Sechs geht. Der „kleine Wolf“, wie Atsu auch genannt wird überlebt diese schreckliche Nacht allerdings und schwört, alle sechs Mörder zu finden und hinzurichten.
Die Geschichte von Ghost of Yōtei, wird wie üblich in Rückblenden erzählt und die weiß definitiv zu überzeugen. Mal sehen wir uns Cutscenes an und in anderen Momenten dürfen wir selbst ran und unser altes Familiengrundstück erkunden, mit unserem Vater in der Schmiede arbeiten, mit unserem Bruder den Schwertkampf trainieren oder mit Mutter zusammen die Shamisen spielen. Während dieser Momente erzeugt das Spiel Bindung zu den Charakteren, um überhaupt den nötigen Rachedurst zu erzeugen. Ohne all das, hätten wir zwar einen Grund zu tun, was wir eben tun, doch definitiv zu wenig Motivation es auch durchzuziehen.
Immer wieder treffen wir im Laufe der 25-30 Stunden langen Story, auf Charaktere aus unserer Vergangenheit. Vom Pferdezüchter bis zum Schwertkämpfer, alle wollen uns helfen, unsere Familie zu rächen, da sie unsere Eltern sehr gut kannten.
Gameplay
Das Gameplay hat sich sehr stark am Vorgänger orientiert, aber auch einige Veränderungen spendiert bekommen. Der wohl größte Unterschied sind die fehlenden Kampfhaltungen. Diese wurden durch unterschiedliche Waffen ersetzt. Statt unsere Haltung an den jeweiligen Gegner anzupassen, wechseln wir einfach unsere Waffe. Zwar könnt ihr prinzipiell mit jeder Waffe jeden Gegner besiegen, es empfiehlt sich aber definitiv den Umgang mit allen Waffen zu lernen, um die teils gar nicht so leichten Kämpfe zu bestehen.
Ob mit Katana, Doppelklinge, Kusarigama, Ōdachi oder einer anderen Waffe, jede von ihnen hat ihren Reiz und einen eigenen Skilltree. Pfeil und Bogen gibt es ebenfalls wieder. Um die Kunst der jeweiligen Waffe zu erlernen, müssen wir einen Lehrmeister finden und dann bei ihm trainieren. In welcher Reihenfolge ihr die Meister aufsucht und deren Waffen freischaltet, bleibt dabei euch überlassen, das Spiel gibt uns hier viele Freiheiten.
Bei Kämpfen können wir oft selbst entscheiden, wie wir das Ganze angehen. Einige der Gegner aus dem Hinterhalt erledigen und dann den Rest direkt bekämpfen ist da vermutlich die gängigste Methode. Stellt ihr euch einer Gruppe gleich direkt, könnt ihr sie „herausfordern“, so bekommt ihr die Möglichkeit, einen der Gegner in einem Duell mit einem Hieb zu erledigen. Dazu müsst ihr eine Taste gedrückt halten und im richtigen Moment loslassen. Gelingt euch das, habt ihr oft einen großen Kerl weniger am Hals, zieht ihr zu früh euer Schwert und fallt auf eine Finte herein, gibt’s üble Dresche.
Habt ihr eure Energieleiste voll, könnt ihr in den Oni-Modus wechseln. Hier bewegen sich eure Gegner in Zeitlupe, ihr aber nicht! Jetzt könnt ihr für einige Sekunden den Berserker in euch rauslassen und euch durch ganze Gegnerhorden metzeln, ein wahrer Genuss.
Eine wirklich coole Neuerung ist, dass ihr tierische Hilfe, in Form eines Wolfes, bekommen könnt. Solltet ihr kurz vorm Sterben sein, kann es passieren, dass euch dieser mysteriöse Wolf rettet und euch im weiteren Kampf unterstützt. Diese Wahrscheinlichkeit kann durch gewisse Ausrüstungsgegenstände erhöht werden.
Wenn ihr nicht gerade mit eurem Pferd dem Wind folgt, um einen eurer Feinde zu finden, gibt es einiges zu tun. Die heißen Quellen sind wieder mit dabei, Kopfgeldjagden, Handel mit den Ainu betreiben, Glücksspiel in den Gasthäusern und noch einiges mehr. Ab und an kommt ihr an einem Lager vorbei und könnt dort Essen zubereiten, um zeitlich begrenzte Buffs zu erhalten und euch Geschichten von Fremden anhören oder ihnen ein Lied vorspielen.
Abgesehen von der eigentlichen Hauptmission, die ihr natürlich verfolgen könnt und sollt, gibt es aber so viel zu entdecken. Die Schnellreise habe ich selten benutzt, da ich ohnehin alle paar Meter die Richtung gewechselt habe, um mir wieder mal eine Höhle, einen Wasserfall oder irgendeinen Aussichtspunkt anzusehen. Enttäuscht wurde ich dabei nie! Waffenskins, Kleidung oder Plätze um ein Bild zu malen sind ja nicht gerade nichts. Auch haben Banditen immer wieder versucht mich zu überfallen, süß oder? Die haben das natürlich ganz schnell bereut und mir im Austausch gegen ihr Leben, nützliche Informationen gegeben.
Manche der Leute, die ihr trefft, brauchen kurzfristig eure Hilfe, da sie bestohlen oder fast getötet wurden. Diese Nebenmissionen fügen sich wunderbar und organisch in das Spielgeschehen ein. Es fühlt sich einfach natürlich an, Menschen aus einiger Entfernung um Hilfe rufen zu hören und zu entscheiden, ob wir helfen wollen oder nicht.
Steuerung
An sich funktioniert die Steuerung wieder tadellos, bis auf ein oder zwei kleine Punkte. Zum einen ist das Klettern auch hier wieder kein wirklicher Genuss. Statt einfach von Kante zu Kante zu springen, muss Atsu erst genau am Ende einer Kante sein um dann tatsächlich springen zu können. Zum anderen, ist die Kamera manchmal mit dem Kampfgeschehen überfordert. Wenn die Gegner aus allen Richtungen kommen und ihr eure Kamera dreht, um den Überblick zu behalten, kommt es nicht selten vor, dass ihr plötzlich einen Busch vor der Linse habt. Das stört zwar, ruiniert aber nicht unbedingt alles. Auch nicht wirklich von Vorteil, war es die Taste für den Fotomodus auf das Steuerkreuz zu legen. Zwar kommt man so schnell in den Modus hinein, leider aber auch oft aus Versehen während dem Kampf.
Ansonsten gibt’s hier aber nichts zu bemängeln. Ausweichen und parieren klappt gut und es werden faire Zeitfenster geboten, zudem kann man mit diversen Rüstungen einiges an genau diesen Zeitfenstern ändern. Der Wechsel zwischen den Waffen funktioniert schnell und präzise, auch während einer Attacke und das Zielen mit dem Bogen klappt einwandfrei. Das Trefferfeedback ist gut und der DualSense leistet hier wieder tolle Arbeit, wenn es um verschiedene Untergründe geht.
Grafik & Sound
Selten und ich meine wirklich selten, sieht man Spiele, die so wunderschön sind wie Ghost of Yōtei. Wir alle wissen, wie hübsch Ghost of Tsushima schon war und auch der Nachfolger weiß zu überzeugen. Diesmal sind wir im hohen Norden Japans unterwegs und wir bekommen hier Wälder, Seen, das Meer und sogar einen Vulkan zu sehen. Jeder kleine Winkel der Spielwelt ist wirklich wundervoll gestaltet und lädt zum Erkunden ein.
Wir bekommen hier auch einige Möglichkeiten das Spielgefühl komplett zu verändern. Der Kurosawa Modus bietet uns Action in schwarz-weiß mit ordentlich Filmkorn, ganz wie wir das aus alten Samurai-Filmen kennen. Der Miike Modus bringt die Kamera näher ans Geschehen. Wozu? Na damit ihr die extra Portion Blut sehen könnt, die es hier gibt. Der Watanabe Modus ändert aber einfach mal das Spielgefühl um Welten! Hier bekommt ihr den originalen Samurai Champloo-Vibe mit richtig cooler Lo-Fi Musik spendiert.
Gefällt euch das nicht, werdet ihr aber auch mit dem originalen Sound bestens bedient. Musikalisch wird hier wieder auf höchstem Niveau gearbeitet. Die Kampfgeräusche sind richtig nice und schön „plastisch“ und auch die Sprachausgaben überzeugen auf ganzer Linie, egal ob deutsch, englisch oder japanisch (Ja, ich zieh mir immer alle davon rein).
Zusammenfassung
FAZIT
Ob Ghost of Yōtei besser ist als Ghost of Tsushima oder nicht, ist leicht zu beantworten. Die Antwort lautet: Nein. Oh nooo Martin, wie kannst du das nur sagen? Ganz ruhig, ich habe nicht gesagt, es sei schlecht. Vielmehr fühlt es sich vertraut an, ein bisschen wie nach Hause kommen, wenn ihr versteht. Das Entwicklerteam hat sich auf die Stärken des Vorgängers konzentriert, diese weiter ausgebaut und ein Spiel gezaubert, welches von der Qualität her einfach auf gleichem Niveau ist. Das ist keine Schande, sondern ein Kompliment, da viele Studios es heutzutage nicht mehr schaffen, eben diese Qualität wieder und wieder abzuliefern. Sucker Punch hat es aber geschafft und trotzdem ein bisschen was verändert.
Für mich persönlich ist Ghost of Tsushima nicht vom Thron gestoßen worden, wenn es um Samurai-Games geht, vielmehr wurde ein zweiter aufgestellt auf dem Ghost of Yōtei Platz genommen hat. Rise of the Ronin und auch das aktuelle Assassin’s Creed Shadows, kommen für mich immer noch nicht an diese Titel heran. Das ist aber oftmals nur Geschmackssache und sollte allen selbst überlassen sein. Von mir gibt es definitiv eine Empfehlung, sich das Game zu holen und Ezo zu erkunden.