Die Little Nightmares-Reihe zählt ohne Frage zu den beliebtesten Gruseltiteln der letzten Jahre. Immerhin fieberten Fans weltweit dem Release des dritten Teils entgegen – auch wenn dieser erstmals von einem anderen Studio entwickelt wurde: Supermassive Games, welche bereits bekannt für ihre tollen Horror-Erfahrungen sind. Die Erwartungen bleiben natürlich dennoch hoch. Statt aber erneut in die Haut des kleinen Kindes im gelben Regenmantel zu schlüpfen, übernehmen wir diesmal auch die Kontrolle über ein neues Duo: die zwei Freunde Alone und Low. Und das Beste daran? Erstmals lässt sich das albtraumhafte Abenteuer auch im Koop-Modus gemeinsam mit einem weiteren Mitspieler erleben.
Ich habe damals nur den ersten Teil von Little Nightmares gespielt, fand aber die Idee, ein Spiel rund um Kindheitsängste zu entwickeln, schon damals richtig spannend. Die Wahrnehmung eines Kindes unterscheidet sich eben deutlich von der eines Erwachsenen – auch wenn ich bei vielen Horrorspielen noch heute genauso schreckhaft bin wie bei meinen ersten Genre-Erfahrungen vor über zehn Jahren. Tja, manche Dinge ändern sich halt nie. Was mir allerdings nach wie vor fehlt, ist mehr Horror zum gemeinsamen Gruseln. Klar, es gibt Titel wie Outlast Trials, Phasmophobia oder Indie-Perlen wie Labyrinthine, die Koop-Erfahrungen bieten – aber die sind eher die Ausnahme als die Regel. Umso mehr hat mich dann eben wieder Little Nightmares III neugierig gemacht. Und so schnappte ich mir kurzerhand einen Freund, und gemeinsam stürzten wir uns in unsere alten Ängste – diesmal älter und mutiger.
Alone und Low
Gut, Little Nightmares III ist vielleicht nicht der Inbegriff des blanken Horrors. Es gibt definitiv Momente, in denen einem beim Erkunden die bedrückende Atmosphäre ordentlich auf den Puls schlägt, aber genauso Passagen, in denen das Spiel das Tempo drosselt und einem Raum zum Durchatmen lässt.
Trotz des Entwicklerwechsels bleibt sich Little Nightmares III im Kern aber treu: In schlauchartigen Kapiteln bahnen wir uns durch düstere Level, lösen Rätsel, überwinden Hindernisse – und treffen auf groteske Monster. Und mit „grotesk“ meine ich auch wirklich grotesk: Manche dieser Kreaturen sind dermaßen unangenehm designt, dass einem fast der Appetit vergeht. Nicht etwa, weil sie blutig oder besonders brutal wären – sondern weil sie einfach tief im Unbehagen kratzen. Ich meine… wer würde sich nicht vor einer riesigen, wütenden Abteilungsleiterin fürchten, die mit sechs Armen und einem übertriebenen Lächeln wie eine Spinne durchs Büro krabbelt? Im Vergleich dazu sind unsere spielbaren Figuren winzig, hilflos – und dieser extreme Größenunterschied verstärkt das Gefühl ständiger Bedrohung auf ganz besondere Weise.
Wie bereits erwähnt, schlüpfen wir diesmal in die Rollen von Alone und Low, die ohne große Erklärung in dieser albtraumhaften Welt aufwachen – und sich gemeinsam ihren Weg durch den Wahnsinn bahnen müssen. Gespielt wird entweder online im Koop mit einem Freund oder – falls gerade keiner Zeit hat – mit einer KI. Einen lokalen Koop-Modus sucht man leider vergeblich, was schade ist. Aber immerhin gibt’s überhaupt die Möglichkeit, das Spiel gemeinsam zu erleben – was definitiv die bessere Variante ist.
Denn so solide die KI auch funktioniert: Die Stimmung ist zu zweit deutlich dichter, und das gemeinsame Überleben macht den Reiz des Spiels nochmal spürbarer. Vor allem, weil man irgendwann einfach genervt davon ist, der KI ständig per Tastendruck zurufen zu müssen, was sie jetzt als Nächstes machen soll. Auch in den ruhigeren Passagen, in denen mal weniger Action passiert, ist es einfach angenehmer, mit einem Kumpel im Discord-Chat zu quatschen, anstatt nur stumm mit der KI unterwegs zu sein. Little Nightmares III ist allein zwar keineswegs unspielbar – aber das Erlebnis wirkt spürbar schlichter. Der Koop-Modus hebt das Spielgefühl einfach auf ein anderes Level – nicht nur, weil man besser koordinieren kann, sondern weil man gemeinsam lacht, flucht und sich gruselt.
Into the Nightmare
Die Geschichte erleben wir in insgesamt vier Kapiteln, in denen wir es mit unterschiedlichen Gegnern und Schauplätzen zu tun bekommen. So verschlägt es uns zum Beispiel auf einen düsteren Jahrmarkt voller verfallener Attraktionen – oder in eine wenig einladende Süßigkeitenfabrik. Grundsätzlich eigentlich belebte und fröhliche Orte, die in Little Nightmares III jedoch gnadenlos ins Albtraumhafte verzerrt werden.
Optisch bleibt sich das Spiel treu: Der bekannte Comicstil mag zwar nicht mit Details protzen, versprüht aber weiterhin einen ganz eigenen Charme – passend zur kindlichen Fantasiewelt. Vor allem das Licht- und Sounddesign sorgt dafür, dass die Atmosphäre in jedem Level richtig stark zur Geltung kommt. Wir hatten zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, uns an den Umgebungen sattgesehen zu haben.
Auch spielerisch bietet Little Nightmares III die gewohnte Kost – diesmal eben im Koop. Im Fokus stehen wieder die cleveren Rätsel, die man gemeinsam und mit ein bisschen Grips lösen muss. Klar, nicht jedes Puzzle ist ein Gehirnverdreher, aber die Aufgaben sind unterhaltsam genug, um bei Laune zu halten. Mal müssen wir zum Beispiel eine Energiequelle finden, um einen Aufzug zu aktivieren. Ein anderes Mal geht’s darum, mithilfe eines Mechanismus Plattformen zu verschieben, um eine erhöhte Position zu erreichen. In den letzten beiden Kapiteln zieht der Schwierigkeitsgrad nochmal spürbar an – immer noch fair, aber jetzt ist definitiv ein bisschen mehr Denkzeit gefragt.
Ein schönes Detail sind die individuellen Werkzeuge der beiden Spielfiguren: Low trägt einen Bogen bei sich, mit dem er etwa Knöpfe oder Seile aus der Ferne treffen kann. Alone wiederum hat einen Schraubenzieher im Gepäck, mit dem sie brüchige Stellen einschlagen oder Drehmechanismen bedienen kann. Eine ziemlich coole Idee, denn dadurch ergeben sich immer wieder klare Rollen und Aufgabenverteilungen – das stärkt nicht nur die Koop-Dynamik, sondern bringt auch spielerisch etwas Abwechslung rein.
Ein bisschen gekämpft wird übrigens auch – allerdings kann man das an einer Hand abzählen. Das Kampfgeschehen beschränkt sich im Grunde auf zwei Aktionen: Low schwächt die Gegner mit seinem Bogen, Alone erledigt sie anschließend mit dem Schraubenzieher. Klingt nicht besonders aufregend – ist es auch nicht. Aber da diese Passagen nur selten vorkommen und eher als spielerisches Stilmittel dienen, stören sie auch nicht weiter. Zumal es bei den wirklich großen Bossen sowieso meist ums Verstecken oder Davonlaufen geht.
Was mich (und ich betone nur ein kleines bisschen) gestört hat, waren einige Passagen, in denen es doch etwas zu still wurde. Man läuft minutenlang von links nach rechts, öffnet Türen, zwängt sich durch enge Schächte oder reißt lose Holzplatten von den Wänden – alles nicht schlimm, aber eben auch nicht sonderlich aufregend. Wenn man zehn Minuten lang nichts anderes macht, fragt man sich irgendwann doch: „Okay, kommt da jetzt eigentlich mal was?“ Das bremst das sonst eigentlich sehr gelungene Pacing ein wenig aus.
Kurz, aber schaurig-schön
Besonders lang ist Little Nightmares III auch diesmal nicht – trotz all seiner Stärken. Nach etwa fünf bis sieben Stunden ist das Gruselabenteuer vorbei und der Abspann rollt über den Bildschirm. Ideal also für einen schaurigen Spieleabend mit einem Freund. Für ein wenig Wiederspielwert sorgen die sammelbaren Puppen, die in den Leveln versteckt sind – ein kleiner Anreiz, das Spiel nochmal durchzuspielen und vielleicht auch mal die Rollen zu tauschen.
Allerdings ein echter Pluspunkt: Das Spiel setzt auf ein Friendspass-System. Das heißt, nur ein Spieler muss das Spiel besitzen und kann einen Freund kostenlos einladen, sofern dieser sich die passende Version heruntergeladen hat. Leider gibt es kein Crossplay – man bleibt also an die eigene Plattform gebunden. Dennoch: Gerade weil das Spiel relativ kurz ist, bietet es sich geradezu an, es auch mit mehreren Freunden gemeinsam zu erleben. Ich zum Beispiel habe schon den nächsten Mitspieler gefunden, der gemeinsam mit mir in die düstere Welt von Low und Alone abtauchen will.
Außerdem: Es sollen in naher Zukunft noch zwei zusätzliche Kapitel erscheinen, die das Spiel um ein bisschen mehr Content erweitern – ein netter Ausblick für alle, die noch nicht genug bekommen haben.
Technisch ist Little Nightmares III größtenteils solide, aber nicht ganz makellos. Der Koop-Modus funktionierte bei uns zwar hervorragend, allerdings kam es während des Durchspielens auf der PS5 immer wieder zu kleinen Rucklern. Nicht Game-Breaking, aber doch auffällig genug, um es zu erwähnen – gerade wenn man Wert auf eine immersive Erfahrung legt.
Auch die Steuerung ist nicht ganz optimal. Sie fühlt sich stellenweise doch etwas schwammig an, und die Tastenbelegung braucht etwas Eingewöhnung. So wird zum Beispiel mit R2 nicht nur nach Gegenständen gegriffen, sondern auch an Kanten festgehalten oder eine Wurfaktion mit dem Partner ausgelöst. Eine Taste für mehrere Funktionen – das kann in hektischen Situationen schon mal für ungewollte Aktionen sorgen.
Zusammenfassung
FAZIT
Little Nightmares III ist ein Horrorspiel für all jene, die sich nicht durchgehend fürchten wollen, sondern auch Wert auf Atmosphäre, Abwechslung und cleveres Koop-Gameplay legen. Die Geschichte rund um Low und Alone ist gruselig, stellenweise aber sogar berührend – und spielt sich in einer Welt ab, die genauso verzerrt und unheimlich ist, wie man es von der Reihe kennt und liebt.
Die Rätsel machen im Duo nochmal deutlich mehr Spaß, und auch abseits davon verbringt man gemeinsam eine tolle, wenn auch recht kurze Zeit in diesem Albtraumuniversum. Technische Macken und eine etwas schwammige Steuerung sind zwar unschön, trüben das Gesamtbild aber nur minimal.
Unterm Strich ist Little Nightmares III vor allem eines: mehr vom Selben – im besten Sinne. Und angesichts der wechselvollen Entwicklungsgeschichte ist es fast schon beeindruckend, wie viel Charme, Qualität und Atmosphäre hier dennoch auf den Bildschirm gebracht wurden.
Wer also bereits die Vorgänger mochte oder Lust auf ein etwas anderes Koop-Erlebnis hat, wird mit Alone und Low definitiv eine schaurig gute Zeit verbringen.