Total War: Three Kingdoms im Test

Total War war eine Reihe, die über Jahre hinweg komplett an mir vorbeigezogen ist. Ja, ich wusste, dass sich damit interessante Massenschlachten in Echtzeit spielen lassen und man dabei gerne auf historische Szenarien zurück greift, aber das war’s auch schon. Geändert hat sich dies 2016 mit Total War: Warhammer. Angelockt durch ein geliebtes Setting schnupperte ich zum ersten Mal die blutgetränkte Luft einer Schlacht und musste feststellen, dass ich mich in der Haut eines Warlord überraschend wohl fühlte. Daher konnte ich den Release von Total War: Three Kingdoms kaum erwarten und wurde trotz einem Wechselbad der Gefühle nicht enttäuscht.

Kampf um den Kaiser-Thron

Das antike China rund 190 Jahre nach Christi Geburt. China ist zu einem Schlachtfeld verkommen. Nachdem die Han Dynastie nach unzähligen Schlachten und beispiellosen Verlusten ihr unrühmliches Ende fand und somit zur Geschichte wurde, rumort es erneut im Land der Morgenröte. Die drei chinesischen Teilreiche Wei, Wu und Chu erheben jeweils Anspruch auf den nun frei gewordenen Thron des Kaisers und stehen sich in dem daraus folgenden Konflikten weitgehend feindlich gegenüber. Zudem revoltiert das arbeitende Volk unter dem Banner der gelben Turbane gegen das Joch der herrschenden Klasse. Aus dem Gewirr von Intrigen und Krieg erheben sich insgesamt 12 Helden, erschaffen nach historischen Vorbildern, und versuchen mit aller Kraft ihr Anrecht auf Herrschaft zu untermauern.

Zu Beginn von Total War: Three Kingdoms wählen wir aus diesem Pool von Heroen den passenden für uns aus. Ein jeder verfügt dabei über Eigenheiten, die uns diverse Vor- wie Nachteile in der Kampagne bringen. Sun Jian zum Beispiel ist ein brutaler und aggressiver Feldherr, der seine Armee mit vorteilhaften Buffs versorgt, solange etwaige Verluste beim kämpfenden Fußvolk niedriger ausfallen, als bei seinem Gegner. Kong Rong ist ein überragender Händler und kann überdurchschnittlichen Profit aus getroffenen Handelsvereinbarungen schlagen. Insgesamt fallen die Talente der Machthaber sehr variantenreich aus. Somit solte jeder spielerische Gusto mehr als abgedeckt sein. Meine Wahl fiel auf Cao Cao. Das intrigante Mastermind ist sowas wie der Frank Underwood des antiken Chinas. Mit geschickter Diplomatie und der einen oder anderen gut platzierten Intrige spielt er seine Gegner gegeneinander aus und schaut genüsslich dabei zu, wie sich seine Kontrahenten gegenseitig auffressen. Hauptmotivation meiner Wahl war jedoch der moderate Schwierigkeitsgrad seiner Kampagne, ideal für einen ambitionierten Total War-Neuling wie mich.

Die hohe Kunst der Diplomatie

Ziel von Total War: Three Kingdoms ist es als Herrscher und Eroberer zu brillieren und mit erworbenem Einfluss sowie Territorien im Prestigerang soweit aufzusteigen, um sich selbst zum Kaiser ernennen zu können. Um dieses Ziel zu erreichen steht uns eine Vielzahl an diplomatischen wie kriegerischen Optionen zur Verfügung. Doch konzentrieren wir uns zunächst auf die Diplomatie. Hier punktet Total War: Three Kingdoms auf voller Ebene, denn es erschlägt uns geradezu mit Möglichkeiten. So ist es, wie in der Realität, klug fremde Fraktionen wirtschaftlich an sich zu binden. Dies senkt die Kriegsgefahr. Kein Führer – bei klarem Verstand – würde einen wertvollen Handelspartner angreifen. Um dies zu erreichen, können wir unsere Gebiete, dank interessanter Gebäudeketten, mit Fokus auf verschiedene Schwerpunkte entwickeln. Da wäre zum Beispiel Nahrung. Zum einen ist Nahrung ein wertvolles Handelsgut, denn mit regelmäßigen Lieferungen an Verbündete können wir unsere Kaufkraft erheblich erhöhen, zum anderen ist es einfach eine wertvolle Ressource. Schließlich will eine Bevölkerung wachsen und ernährt werden. Die diversen Gebäudeketten greifen gut ineinander und wollen stets ausgewogen bleiben. Es ist zum Beispiel nicht ratsam ein höheres Bevölkerungswachstum zu generieren, als mir Nahrung zur Verfügung steht. Sollte unser Volk Hunger leiden, schadet das der öffentlichen Ordnung. Dies führt zu Unruhen und zur Destabilisierung unseres Imperiums. Mit sogenannten Reformen – quasi die Forschung in Total War: Three Kingdoms – könnt ihr neue Buffs und Gebäude freischalten und so eure Effizienz enorm erhöhen.

Ist aufgrund ertragreicher Wirtschaftsbeziehung der Grundstein für eine solide Partnerschaft gelegt, spricht nichts dagegen diese weiter zu vertiefen. So können aus Handelspartnern Verbündete im Krieg werden. Es kommt immer auf darauf an, was man dem Gegenüber zu bieten hat. Vielleicht laufende Zahlungen an den Verbündeten, Beute aus gewonnene Schlachten oder – ganz interessant – eine für beide Parteien vorteilhafte Eheschließung. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Sehr toll fand ich, dass einen genau angezeigt wird, wie die Chancen für einen Vorschlag stehen und wie man diese steigern könnte.

Ich bin von der Komplexität der Kampagnenkarte in Total War: Three Kingdoms mehr als angetan. Ironischerweise ist aber diese Stärke für mich als Neuling auch eine Schwäche. Gerade in den ersten Stunden fühlte ich mich sehr verloren und erschlagen. Mit fortschreitender Spieldauer gelang es mir allerdings immer mehr dieses Netz aus Optionen zu entwirren und ich fühlte mich wie ein waschechter Ränkeschmied.

Von Schlachten und Soldaten

Leider kann Total War: Three Kingdoms gerade bei seiner Königsdisziplin nicht ganz so überzeugen wie bei der Diplomatiesimulation. Die Echtzeitschlachten funktionieren im Grunde nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip: Auf jede Bedrohung gibt es die passende Antwort. Hat man erst einmal den Bogen heraus, kennt die jeweiligen Schwächen des Gegners und nimmt dessen Flanken ins Visier, bereiten die Kämpfe selten Probleme.

Angeführt werden unsere Armeen dabei von Helden. Hierbei handelt es sich um heroisch interpretierte Versionen ihrer geschichtlichen Vorbilder. Sie unterstützen unsere Einheiten im Kampf indem sie sich selbst durch die Reihen des Feindes kämpfen und Verbündete in Reichweite mit diversen positiven Buffs versorgen. Ist ein feindlicher Held in Reichweite, kann man diesen zu einem Duell herausfordern. Dabei geben sich beide auf die Mütze, während der Kampf um sie herum weiter geht. Der Ausgang des Zweikampfes hängt stark von den Werten ab und man bekommt wenig Möglichkeit einzugreifen. Geht unser Champion siegreich hervor, erhalten wir einen stärkenden Buff für unsere Armee. Stirbt der Held erwartet uns gegenteiliges.

Jede Streitmacht kann bis zu drei Helden fassen. Wir wählen dabei aus insgesamt fünf Klassen aus. Jetzt konfrontiert uns Total War: Three Kingdoms mit einem interessanten Kniff: Jeder General ist auf gewisse Einheiten spezialisiert und kann nur diese unter seinem Kommando haben. Diese taktische Komponente zwingt uns zur Planung und macht die Schlachten wieder interessant. Zwar lässt sich mit gewissen Reformen diese Einschränkung etwas umgehen und es lassen sich auch andere Einheiten zuweisen, aber um ein Optimum aus unseren Leuten heraus zu holen, sollte man immer auf die optimale Zusammensetzungen achten.

Leichte Schwächen in der Technik

In Sachen Optik war ich von Total War: Three Kingdoms etwas enttäuscht. Nicht falsch verstehen, es ist ein schönes Spiel, gerade beim Heranzoomen fällt jedoch auf, dass die Einheiten sehr hölzern animiert sind. Besonders bei den Zweikämpfen der Helden kann man das ganz deutlich beobachten. Es ist nicht gravierend, aber trotzdem etwas schade. Außerdem hatte die Version die ich testen durfte noch mit diversen Bugs zu kämpfen. So hatte ich einmal die Situation, dass bei einer Schlacht der Feind nicht geladen wurde und ich allein auf einem leeren Feld stand.Abstürze während der Ladezeit waren leider auch keine Seltenheit. Dafür kann aber beim großen Problemkind der Total War-Spielreihe Entwarnung gegeben werden. denn die KI von Three Kingdoms verhält sich über weite Teile sehr korrekt, nur manchmal hat sie leichte Aussetzer und trifft nicht nachvollziehbare Entscheidungen.

FAZIT

Ich bin wie gesagt noch recht unerfahren was die Total War Reihe betrifft, aber ich hatte großen Spaß mit Total War: Three Kingdoms. Sicher, die Einstiegshürde ist gerade zu Beginn erschreckend hoch, doch wenn man nicht aufgibt und sich in die Mechaniken einarbeitet, wird man mit einen komplexen, motivierenden und sehr tiefen Spielerlebnis belohnt. Gerade die Politik- und Wirtschaftssimulation hat es mir richtig angetan. Ich konnte, sobald ich die Möglichkeiten verstanden hatte, so wunderbar intrigieren, dass man eigentlich einen Game Of Thrones Charakter nach mir benennen sollte. Ich schicke einen Vertrauten zu einem Feind, spioniere ihn aus und zerstöre sein Imperium von innen während ich kilometerweit weg in meinem Palast hocke und Wein schlürfe. Ich gehe so innige Beziehungen mit einem Handelspartner ein, dass wir beschließen unser Bündnis durch die Eheschließung unserer Kinder zu festigen und dadurch unser Gebiet zu erweitern. Es gibt kaum Einschränkungen in den diplomatischen Möglichkeiten. Leider zeichnen sich die Schlachten nicht ganz durch diese Stärken aus. Es macht zwar immer wieder mal Spaß, aber ich erwischte mich immer wieder dabei, wie ich militärischen Auseinandersetzungen automatisch ablaufen ließ, um so schnell wie möglich wieder nach Herzenslust intrigieren zu können. Und da ist jetzt der berühmte Haken an der Sache: Für mich als Neuling lag der Fokus von Total War: Three Kingdoms klar bei der Politik und Diplomatie. Die Schlachten waren nettes Beiwerk, mehr nicht. Aus dieser Perspektive ist Total War: Three Kingdoms eines der besten Strategiespiele, welche ich seit langen spielen durfte. Wie es Veteranen der Reihe, welche Total War der Schlachten wegen lieben, mit dem neuesten Ableger der Reihe geht, vermag ich nicht zu sagen. Ich aber hatte sehr viel Spaß damit.

Was ist Total War: Three Kingdoms?: Ein Strategiespiel im historischen Setting. Mit Schwerpunkt auf Diplomatie und Schlachten.
Plattformen:  PC
Getestet: PC
Entwickler / Publisher: Creative Assembly/Sega
Release: 23. Mai 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 7.6

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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