Arizona Sunshine im Test

Kaum ein anderes Genre eignet sich so gut für die virtuelle Realität wie jenes der Horror-Spiele. Resident Evil 7 oder Until Dawn: Rush of Blood sind hier Paradebeispiele für eine gelungene Umsetzung. Wie man es nicht  machen sollte, das zeigt uns der Zombie-Shooter Arizona Sunshine. Wobei das Spiel in die Kategorie Horror hineinzupressen, wäre trotz Horden an Untoten wohl eine Themenverfehlung.

Im offiziellen Pressetext ist zu lesen: „Arizona Sonnenschein ist ein exklusiv für VR entwickelter Ego-Shooter. Nimm es mit Zombies auf, wie du es noch nie zuvor erlebt hast„. Abgesehen davon, dass das automatische Übersetzungsprogramm der PR-Abteilung mit dem „Sonnenschein“ etwas über das Ziel hinausgeschossen ist, kann man dieser Aussendung aber durchaus zustimmen. Das Spiel ist tatsächlich ein VR-Exklusivtitel, wurde bereits letztes Jahr auf dem PC für HTC Vive und Oculus Rift veröffentlicht und kommt jetzt mit ein paar kleineren Veränderungen nun auch für die PSVR. Auch dieses „noch nie wie zuvor“-Erlebnis kann ich bestätigen, wobei es sich hier nicht immer um eine positive Erfahrung handelt, sondern sich viele kleine und große Kritikpunkte summieren und Arizona Sunshine dadurch, selbst in seinen besten Momenten, nie über das Mittelmaß hinauskommt. Aber beginnen wir von vorne.

Spätestens seit Fernsehserien wie The Walking Dead wissen wir, dass sogar in einer Zombie-Apokalypse die größte Gefahr vom Menschen selbst ausgeht. Das sollte man dann in eine möglichst spannende Geschichte verpacken, mit dem man dem Zuseher (respektive Spieler) den Horror eines solchen Endzeit-Szenarios vor Augen führt. Schon hier scheitert Arizona Sunshine, denn eine Story gibt es nicht – zumindest wird dem Spieler keine solche präsentiert. Als namenloser Held werden wir durch unsere selbstgebastelte Alarmanlage geweckt, die ein untoter Zeitgenosse beim Eindringen in unseren Unterschlupf ausgelöst hat. Ein paar Minuten später wissen wir, dass der Hauptcharakter die Zombies liebevoll „Freds“ nennt und diese nur mittels gezieltem Kopftreffer endgültig von ihrem untoten Leben befreit werden können. Alles was danach kommt, hat nur sehr wenig mit einem durchgehenden Handlungsstrang zu tun, das grobe Ziel: Denjenigen zu finden, der versucht, über ein Radio mit uns zu Kontakt aufzunehmen. Insgesamt betrachtet ist Arizona Sunshine lediglich eine mehr oder minder dumpfe Baller-Orgie durch den postapokalyptischen Grand Canyon-Staat.

Like Ice in the Sunshine

Auch wenn in der Featureliste uneingeschränkte Bewegungsfreiheit in weitläufigen Arealen angepriesen wird, so gestaltet sich die Levelstruktur weitgehend als linear und ohne größere Höhepunkte. Man läuft zunächst ein Stückchen entlang eines Wanderpfades, kommt dann an eine Brücke, schlägt sich seinen Weg durch einen Maschinenpark und dringt tief in eine dunkle Mine vor. Ab und zu wird man dabei von einer Horde Zombies belästigt, wobei die Gefahr eher durch die Quantität als durch die Qualität der Gegner entsteht. In den Außenarealen präsentiert sich das Spiel als actionlastiger Shooter, bei denen man aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeit der Angreifer immer genau abschätzen muss, welchen Untoten man zuerst ganz tot machen sollte. In der dunklen Mine wiederum wird die Sicht durch den Lichtkegel der Helmlampe deutlich eingeschränkt, wodurch eine etwas beklemmendere und bedrohlichere Stimmung erzeugt wird. Trotz ein paar Jump-Scares bleiben aber größere Schockmomente aus.

Die Rätsel in Arizona Sunshine beschränken sich großteils auf das Finden von Schlüsseln und dem Drücken von Schaltern oder dem Betätigen einer Kurbel. Dafür verfügt das Spiel über ein Arsenal von mehr als 25 verschiedene Waffen, womit der Fokus ganz klar auf den actionreichen Scharmützeln, gepaart mit dem Management der Munition und Ausrüstung liegt.

Wer nicht gerne alleine auf Zombie-Jagd geht, der kann sich im Koop-Modus Online-Unterstützung holen und dann in der Kampagne zu zweit Untote erledigen. Doppelt so viele Spieler dürfen am Hordenmodus teilnehmen, bei dem man gemeinsam versucht in kleineren Arealen möglichst viele Gegnerwellen abwehren. Hier gibt es dann sogar weltweite Bestenlisten. Eine nette Abwechslung für Zwischendurch, aber kein spielerisches Highlight.

Walking on Sunshine

Einer der größten Kritikpunkte der PC-Version von Arizona Sunshine war die Steuerung. Standardmäßig teleportiert man sich dabei nämlich mit einer Taste an jenen Ort, an den der Cursor des Controllers hinzeigt und auch Drehungen werden in 45 Grad Stufen ausgeführt. Das hat zwar den Vorteil, dass sich auch Motion-Sick anfällige Menschen in das virtuelle Abenteuer wagen können, gestaltet sich aber insgesamt etwas umständlich und gewöhnungsbedürftig. Eine Neuerung in der PSVR Version ist hingegen die Gamepad-Steuerung, mit der ihr euch anstatt des Teleports anhand kontinuierlicher Bewegung durch die Spielewelt marschiert. Wie aber auch bei vielen anderen, vergleichbaren Spielen, ist es auch bei Arizona Sunshine vor allem die stufenlose Rotation der Spielfigur, welchen empfindlichen Gamern den Magen umdrehen und Schwindelgefühle erzeugen wird. Alternativ unterstützt das Spiel nun auch der PSVR Aim-Controller. Dabei gibt es dann einen minimal abgewandelten Story-Modus, denn anstatt mit beidhändigen Pistolen darf man dabei mit verschiedenen Sturmgewehren feuern. Von allen getesteten Steuerungsmethoden funktioniert jene mit den beiden Move-Controllern am besten, was vor allem an der etwas einfacheren Interaktion mit den verschiedenen Gegenständen liegt. Ein Problem haben aber alle: Das Tracking funktioniert nicht immer einwandfrei, wodurch die Treffergenauigkeit leidet. Entwickler Vertigo hat dafür aber bereits einen Patch angekündigt.

Optisch kann Arizona Sunshine auf der PSVR nicht ganz mit seinem PC-Pedant mithalten. Hardwarebedingt muss man deshalb auf einer handelsüblichen PS4 ganz klar einige grafische Abstrichen in Kauf nehmen, was vor allem bei den teils verwaschenen sowie unscharfen Texturen deutlich wird. Besitzer einer PS4 Pro bekommen dafür eine verbesserte Kantenglättung, leistungsstärkeres Umgebungsrendering und eine höhere Texturfilterung geboten, aber auch hier stehen Clippingfehler und Pop-Ups an der Tagesordnung. Insgesamt geht die Optik für einen VR-Titel okay und vor allem eines, es läuft alles wunderbar flüssig. Nicht gut gelungen ist dagegen die deutsche Sprachausgabe und auch der 3D-Sound ist manchmal suboptimal. Wer aber sich aber für die englische Stimme des Hauptcharakters entscheidet, der darf sich über den einen oder anderen amüsanten Spruch freuen.

FAZIT

Bei meinem Ausflug in den postapokalyptischen Südwesten Amerikas hatte ich oft das Gefühl, dass sich Arizona Sunshine nicht ganz entscheiden kann, was für ein Spiel es sein will. Das arcadelastige Shooter-Gameplay lässt viele Anleihen an der Serious Sam-Spielreihe erkennen – auch vor allem deswegen, weil hier keinerlei Story geboten wird und der Protagonist hauptsächlich durch seine platten Sprüche auffällt – und dann versucht man plötzlich doch noch Horror-Elemente einzubauen und spickt ein Level voll mit Jump-Scares sowie kleineren Schockmomenten. Aber in keinem dieser beiden Spielelemente vermag Arizone Sunshine wirklich zu überzeugen. Der Nervenkitzel bleibt während der gesamten Spieldauer weitgehend aus, der Action mangelt es an Abwechslung und gegen die Coolness eines Sam „Serious“ Stone hat der namenlose Held sowieso keine Chance. Weil auch die Technik nur durchschnittlich ausfällt und die Steuerung etwas gewöhnungsbedürftig ist (je nach Eingabegerät mehr oder weniger), werden wohl nur eingefleischte VR-Fans mit einem Faible für hirnlose Action auf ihre Kosten kommen.

Gesamtwertung: 6.0

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 6 | Spieldesign: 4 | Motivation: 8

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