Perception im Test

Angst macht das was man nicht sieht. In Perception konfrontiert uns der Entwickler The Deep End Games mit Horror aus der Perspektive einer blinden Person. In einem Haus, welches Schauplatz schrecklicher Ereignisse war, sucht Cassie nach Antworten. Welche Wahrheit liegt hinter ihren Alpträumen? Welche Schrecken lauern in der Finsternis jenseits der visuellen Wahrnehmung? Die Reise führt an Geistern und Mördern vorbei. Doch unsere größte Angst gehört den Checkpoints aus der Hölle…

Geniale Idee, aber…

Cassie hat es alles andere als leicht. Von klein auf wegen ihrer Blindheit gemobbt, wird die Heldin des Spiels von Alpträumen geplagt. Mittelpunkt dieser Alpträume sind diverse Gegenstände. Ein Seil oder eine Axt. Doch es ist die unheilvolle Präsenz eines Hauses, welche Cassie nachts schreiend aus ihren Träumen erwachen lässt. Jenes Haus, welches für Cassie zum Inbegriff der Angst wurde, ist der Handlungsschauplatz von Perception.

Aus der Egoperspektive erkundet der Spieler das Haus. Da Cassie jedoch blind ist kann sich diese nicht auf ihre Augen verlassen. Mit ihrem Gehör schafft sie es allerdings, durch Klopfen mit dem Blindenstock, ihre Umgebung kurzzeitig zu visualisieren. Die Darstellung erinnert stark an das Echo-Überwachungs-System aus The Dark Knight.  Bläulich-Weiße Konturen zeichnen sich mit jedem verursachten Geräusch aus der Finsternis. Interessante Gegenstände werden grünlich dargestellt. Bedrohliche Gestalten oder Situationen erscheinen uns in aggressiven rot.

Dank dieser genialen Art der visuellen Umsetzung entsteht eine wunderschöne und düstere Atmosphäre. Gerade zu Beginn des Spiels lässt uns jeder Schlag mit dem Blindenstock die Luft anhalten. Denn hinter jedem erzeugten Geräusch könnte einer der starken Schockmomente Perceptions liegen. Doch sollte man den Blindenstock mit Bedacht einsetzen. Durch zu laute Geräusche wird das Böse im Haus auf uns aufmerksam. Sollte es dazu kommen empfiehlt es sich eines der grün leuchteten Verstecke aufzusuchen. Hat man es in ein solches geschafft ist die Gefahr leider auch schon gebannt. Denn im Gegensatz zu Genre-Kollegen wie Alien Isolation und Outlast suchen die Monster in Perception keine Verstecke ab. Eine Tatsache die dem Spiel viel an Spannung nimmt, da die Bedrohung auf null sinkt. So leidet die Spannung in der 4-5 Stündigen Story im allgemeinen sehr an der Abnützung der tollen Grundidee. Außerdem geht einem das ewige Klopfen nach einiger Zeit auf die Nerven. Doch ist es notwendig, denn das damit erzeugte Bild ist nur kurze Zeit zu sehen. Leider bekommt man auch ein Gespür dafür hinter welcher Ecke ein Jumpscare lauern könnte. Dass sich das Nervenkostüm trotzdem stramm zieht, liegt an den zum Teil schrecklichen Checkpoints. Sollte es am Ende nämlich doch passieren, dass man Opfer eines der Monster wird, wird man auf den letzten Checkpoint zurückgesetzt. Dieser kann dann auch zehn Minuten im Spiel zurückliegen. So wird man zur Wiederholung diverser Passagen gezwungen. Da man aber relativ selten das Zeitliche segnet ist dieser Fehler noch gut zu verkraften.

Sympathische Heldin auf der Suche nach Antworten

Ein großer Pluspunkt von Perception ist die sympathische Heldin Cassie. Mit längeren Monologen und kurzen Bemerkungen kommentiert sie das Geschehen im Haus. Eine Sache die sie für mich sehr liebenswert machte, denn sie versucht damit ihre Angst zu überspielen. Dieser Kniff macht Cassie sehr menschlich und sorgt dafür, dass man die Heldin trotz allem aus der Sache heil rausbringen will. Lobenswert ist, dass Cassies Kommentare via Einstellung zu Beginn des Spiels auf ein Minimum reduziert werden können – für all jene, die eine schweigenden Heldin bevorzugen. Ich persönlich würde allerdings davon abraten, da dadurch viel vom Spiel verloren geht.

Die Story ist durchaus gut geschrieben. Sie umfasst vier Kapitel, welche alle in anderen Zeiten spielen. Es gibt im Haus sehr viele Story-Details zu finden. So lösen manche Objekte bei Cassie Visionen aus, sobald sie diese berührt. Diese Objekte erzählen kurze Geschichten aus dem Leben der jeweiligen Bewohner des Hauses. Auch findet man Kassettenrekorder, deren Aufnahmen ebenso von dramatischen Ereignissen vergangener Tage erzählen. Es bewegen sich nicht alle Geschichten auf hohen Niveau, allerdings hat mich das Schicksal mancher Bewohner doch berührt. Texte und Notizen kann sich Cassie von einer Handy-App vorlesen lassen. Das Handy ist ein nettes Gimmick, da sich sowohl Nachrichten von Freunden, als auch Musik darauf finden lassen.

Die Technik

Die Grafik von Perception erfüllt ihren Zweck. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Darstellung der Umgebung nicht sehr detailreich ist. Allerdings wurde die Visualisierung durch den Schall sehr gekonnt und passend umgesetzt. Klar mag man sagen, dass Cassies Sinne nicht der Realität entsprechen, doch ist den Entwicklern ein guter Spagat gelungen. Ein Horro-Game, welches nur über die Audio-Wahrnehmung funktioniert ist, wäre halt verdammt schwer umzusetzen. Denke jedoch, dass es sicher ein sehr interessantes Experiment wäre.

Highlight ist wieder einmal der Sound. Es gibt keinen einzigen Moment bei dem ich daran gezweifelt hätte, dass ich mich in einem alten Haus befinde. Der Boden knarrt, wenn ich über ihn gehe. Äste schlagen im pfeifenden Wind gegen die Fenster. Unruhiges flüstern in der grenzenlosen Ferne der Finsternis. Ist die Klangkulisse von Haus aus beunruhigend, wird sie durch die minimalistische Visualisierung doppelt unterstrichen. Die Kombination aus Klang und Bild sorgte dafür, dass ich mich meistens beobachtet fühlte. Tolle Arbeit!

Bei der Steuerung wäre mir nichts weltbewegendes aufgefallen. Sie erfüllt ihren Zweck.

FAZIT

Horror aus den Augen einer blinden Person. Diese Idee hat Perception gut umgesetzt. In seinen spannendsten Momenten jubelt der innere Paranoiker. Doch leider hat das Spiel auch seine Schwächen: Unmotivierte bis dumme Gegenspieler und nervige Checkpoints. Dadurch leidet das eigentlich innovative Gameplay bei fortschreitender Spielzeit an Abnutzung und Schockmomente werden zu einer vorhersehbaren Formel. Mit Cassie wird außerdem eine sympathische und liebenswerte Heldin geboten und die Handlung ist gut geschrieben und macht neugierig. Auch wenn Perception jetzt nicht der große Stern am Horror-Himmel ist, ist es doch mit seinen 4-5 Stunden Spielzeit ein nettes Game für zwischendurch.

Gesamtwertung: 7.6

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 10 | Handling: 6 | Spieldesign: 8 | Motivation: 6

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