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Shadow of the Colossus im Test

Schon einmal wurden die beiden ersten Spiele des Teams rund um Fumito Ueda neu aufgelegt. In dem 2011 für die Playstation 3 erschienenen Bundle waren die Originalversionen von „ICO“ (2001) und „Shadow oft he Colossus“ (2005) in aufgebohrter Auflösung enthalten. Und während Fans der Spiele große Freude damit hatten, konnte man mit der angestaubten Optik freilich kaum neue Anhänger gewinnen. Nun kommt Shadow of the Colossus ein weiteres Mal auf dem Markt, jetzt allerdings in einer komplett grunderneuerten Fassung, die nicht nur Nostalgiker und Fans des japanischen Entwicklers Team ICO ansprechen soll.

Zwielichtiger Deal

Wander, ein junger Mann unbekannter Herkunft, ist auf seinem treuen Pferd Agro unterwegs in ein verbotenes Land. Er hat den Leichnam des Mädchens Mono, das scheinbar bei einer Opferung ihr Leben lassen musste, bei sich. Einen besonderen Tempel soll es in diesem Land geben, in dem es möglich ist, Tote zurück ins Leben zu holen.

Und tatsächlich findet er besagten Tempel. Eine geisterhafte Stimme, die sich selbst als Dormin identifiziert, eröffnet Wander, dass es tatsächlich möglich sei Mono zurückzuholen. Allerdings muss er zuerst 16 Wächter töten. Und so begibt sich unser verzweifelter Held auf die Suche nach diesen Wächtern, den Kolossen, um sich ihnen zu stellen und Mono zu retten.

Boss Rush ohne Eile

Mit Hilfe des mysteriösen Schwerts, das Wander mit sich führt, können wir den gesuchten Koloss ausfindig machen. Hält man dieses nämlich in die Sonne, bündelt sich der eingefangene Lichtstrahl genau dort, wo unser Ziel zu finden ist. Also springen wir auf unser Pferd und treiben es durch die weitläufigen Lande, bis wir unserem Widersacher gegenüberstehen. Dann beginnt der schwierige Teil des Unterfangens. Es gilt die verwundbaren Stellen der teils gigantischen Wesen zu identifizieren und diese dann zu erreichen.

Hier wird, je nach Koloss mal mehr, mal weniger, das Spiel zum Puzzler. Denn während sich die Achilles-Fersen der Riesen ebenfalls mit Schwert und Sonnenstrahlen finden lassen, erfordert es oft eine Portion „um die Ecke denken“ um diese, oft an schwer zugänglichen Körperstellen befindlichen, Schwachpunkte zu erreichen. So muss beispielsweise ein schildkrötenartiger Koloss über einen der in der Umgebung aktiven Geysire gelockt werden um seine empfindlichen Fußsohlen zu entblößen. Durch gezielte Schüsse aus dem Bogen lassen sich dem Tier dann Schmerzen zufügen, wodurch es sich auf die Seite legt und uns damit ermöglicht, auf dessen Rücken zu klettern.

Eine wichtige Rolle hierbei spielt die „Grip-Leiste“ rechts unten in der Ecke. Solange man sich festhält verbraucht sich diese, erst wenn man loslässt füllt sie sich langsam wieder auf. Solange man sich am Koloss festkrallt, ist man auch bei energischsten Bewegungen sicher davor, abgeworfen zu werden. Ist allerdings die Leiste mal leer gibt es kein Klettern mehr, und sollte man grade ohne festen Boden unter den Füssen am Biest hängen, stürzt man unweigerlich ab und muss seinen Weg von vorne beginnen.

Ist der Koloss endlich erlegt, fällt Wander in eine seltsame Ohnmacht und wacht erneut im Tempel auf. Eines der 16 Siegel bricht und Dormin erläutert uns das nächste Ziel. Man könnte also bei Shadow of the Colossus durchaus von einem Boss Rush-Game sprechen, wäre es nicht schon viel älter als der Begriff selbst. Dieser generelle Ablauf mag etwas eintönig klingen, gestaltet sich aber durchaus abwechslungsreich, was vor allem den grandios designten Kolossen und deren Vielfältigkeit geschuldet ist. Nur das Suchen der Monster ist oft mit langen, ereignislosen Reitstrecken verbunden, die dann doch nach einer Weile recht ermüdend werden können.

Das verbotene Land

Das wohl herausragendste Merkmal von Shadow of the Colossus (und eigentlich jedes Team ICO Spiels) ist das wunderbare, aber doch sehr eigenwillige, Art-Design. Eher minimalistisch gestaltete Charaktere in einer in gedämpften Farben eingetauchten Welt, die auf den ersten Blick uralt und ausgestorben wirkt.

Das ist sie aber nicht ganz. Tauben im Tempel, die einzelne Krähe die nebenher fliegt, wenn wir Agro zum nächsten Koloss treiben, oder die eine oder andere Eidechse, die sich im Gestrüpp versteckt, sollten wir ihr zu nahekommen. Menschen sind allerdings in dem riesigen Landstrich keine zu finden. All das gibt dem gesamten Spiel eine seltsam melancholische Stimmung, die ganz klar vom Entwickler so gewollt ist.

Überhaupt sind viele Design-Entscheidungen ganz offensichtlich getroffen worden um den Spieler immer im Zweifel zu lassen, was er da eigentlich tut. Das Game stellt das Töten der, falls nicht angegriffen, eigentlich harmlosen Riesen als Akt der Zerstörung dar und lässt einen bis zum Ende im Unklaren darüber, welchen Zweck die Vernichtung der Kolosse tatsächlich hat. So fühlt man sich eigentlich nie wirklich wohl dabei sie zu jagen und zu erlegen und verspürt fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen, wenn man sich nach einem langen, harten Kampf dabei ertappt, sich über den Sieg zu freuen.

Man wird den Eindruck nie los, es war die Intention der Entwickler, den Spieler weitestgehend dazu zu motivieren, weiterzumorden, um herauszufinden wo das alles denn hinführen mag, ohne ihm allzu viel Freude an seinen Erfolgen zu gewähren. Dazu trägt auch die sehr gewöhnungsbedürftige Steuerung unseres Gauls bei. Schon in der Ur-Fassung auf PS2 wurde die, ebenso wie die seltsame Kameraführung, oft bekrittelt. Während Kritiker beides einfach nur als schlecht umgesetzt abtaten, vermuteten viele Anhänger des Spiels Absicht hinter der manchmal mehr als nur bockigen Steuerung zu Pferd.

Es soll die Erfahrung realistischer gestalten, war von Fans und aus Statements des Studios zu hören, denn ein Pferd ist nun mal kein Auto und reagiert nicht uneingeschränkt und sofort auf jeden Befehl. Und nachdem The Last Guardian, das bisher letzten Game von Team ICO, eine ähnliche Diskussion hervorgerufen hat, dieses Mal auf das geflügelte Wesen Trico bezogen, neige ich dazu, dieser Theorie zuzustimmen. Die mühsame Steuerung unterstützt den gewollten Effekt, nie zu viel Spaß an der Sache aufkommen zu lassen, ganz klar.

So schön kann Verdrossenheit sein

In der aktuellen Fassung von Shadow of the Colossus gibt es zwar eine alternative Tastenbelegung, welche die Steuerung ein wenig verbessert, die unwirsche Kamera wurde aber 1:1 übernommen. Überhaupt haben sich die Mannen von Bluepoint Games allergrößte Mühe gegeben, das Spielerlebnis des Originals so perfekt wie möglich zu portieren. Das freut alte Hasen, die das Spiel kennen und lieben, macht es interessierten Neulingen aber nicht einfach, in dieses Stück Videospiel-Geschichte einzutauchen.

Über die technischen Fortschritte des vorliegenden Remakes dürften sich aber alle einige sein, denn das neue Shadow of the Colossus sieht einfach fabelhaft aus. Natürlich ist es etwas ganz anderes die Grafik von Grund auf neu zu gestalten, als einfach nur die Auflösung zu erhöhen. Doch das birgt natürlich auch potentielle Risiken, ganz besonders bei einem Spiel, dass so sehr von seinem optischen Wirken lebt. Die selbe, irgendwie trostlose Stimmung einzufangen, obwohl man auf viele der damaligen Stilmittel verzichten muss, war bestimmt kein leichtes Unterfangen. Die Welt wirkt plastischer, echter und auch lebendiger, obwohl immer noch weit weg von belebt. Dazu gibt es jetzt schöne Licht- und Wasser-Effekte und eine sehr stabile Framerate. Einzig Wanders Animationen wirken an manchen stellen ein wenig holprig, was sehr schade ist, da sonst wirklich alles wie aus einem Guss wirkt.

Die Musik wurde zwar remastered, grundsätzlich aber nicht verändert. Und das ist auch gut so, denn Shadow of the Colossus bieten einen der bis dato besten Soundtracks der Videospielgeschichte. Von leisen, melancholischen Klängen, bis hin zum treibenden Orchesterwerk schafft jedes Stück Gänsehaut und passt genau dorthin wo es gespielt wird.

FAZIT

Shadow of the Colossus war in seiner Ur-Fassung zu gleichen Teilen Spiel und Kunstwerk. Und der neue Anstrich ändert daran gar nichts. Damit bleiben sowohl das Lob für das phänomenale Design und die ambitionierte Erzählweise, als auch die Schelte für den relativ mageren und ein wenig repetitiven Inhalt, sowie Steuerung und Kamera, identisch zu damals. Wer einer ganz besonderen Spiele-Erfahrung offen gegenübersteht, die ihm ihre Geschichte nicht auf einem silbernen Teller serviert, der sollte sich dieses Kleinod nicht entgehen lassen. Gamer für die der pure Spielspaß, das Erfolgserlebnis und Fortschritt im Vordergrund stehen, sollten allerdings eher vorsichtig sein, denn Enttäuschung ist hier vorprogrammiert.

Was ist Shadow of the Colossus? Spielerisch unangetastetes, dafür grafisch gehörig aufgebohrtes Remake des PS2 Kult-Klassikers.
Plattformen: PS4, PS4 Pro
Getestet: PS4
Entwickler / Publisher: Bluepoint Games / Sony
Release: 06. Februar 2018
LinkOffizielle Webseite

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 6 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

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