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Card Battler Special – Teil 1

Was ist derzeit eines der angesagtesten Genres auf Steam? Card Battler, oder auf Deutsch Kartenkampfspiele. Inzwischen gibt es weit über hundert, und viele weitere sind in Entwicklung. Zeit, einen Blick auf ein paar der angesagtesten Titel zu werfen! Den Anfang machen wir in Teil 1 unseres Card Battler Special mit den Grundlagen und vier Spielen.

Die besten Card Battler sind für (fast) jedermann leicht zugänglich, bieten einen potenziell unbegrenzten Wiederspielwert und verfügen zusätzlich über eine gut ausgearbeitete Hintergrundgeschichte – es ist also nicht schwer zu verstehen, warum das Genre in den letzten Jahren so einen Aufschwung erlebt hat. In Teil 1 unseres Card Battler Special widmen wir uns zunächst einmal der Frage, was  Kartenkampfspiele überhaupt sind, um uns dann vier höchst spielenswerte Vertreter des Genres näher anzusehen.

Card Battler Special Teil 1 Monster Train Kampf

Kartenkampfspiele – ein kurzer historischer Rückblick

Stellen wir uns im Card Battler Special – Teil 1 also allem voran einmal der Frage: Was versteht man eigentlich unter einem Card Battler? Nunja, einfach erklärt werden in solchen Titeln die zentralen Kämpfe des Spiels durch das Ausspielen von Karten entschieden. Und seit wann gibt es Card Battler? Wohl schon lange, aber so richtig populär wurden sie mit dem grenzgenialen, 1993 bei Wizards of the Coast erschienenen Magic: The Gathering von Richard Garfield. Es war ein Card Battler (mit echten Karten), bei dem allerdings nicht jeder Spieler die selben Karten zur Verfügung hatte, sondern seine Spielkarten zuvor erst einmal sammeln musste, wodurch jeder Spieler mit seinem individuellen Kartendeck spielte. Magic: The Gathering war das erste Spiel dieser Art und hat damit das Genre der Sammelkartenspiele ins Leben gerufen. Natürlich war dieses Kartensammeln auch finanziell ein Bombengeschäft für den Hersteller, der dadurch gigantische Umsätze erzielte. Allerdings wäre ihm das nicht geglückt, wenn das Spiel selbst nicht fantastisch gewesen wäre. Die Grundprinzipien von Magic: The Gathering finden sich in beinahe jedem anderen seit damals erschienenen Card Battler wieder. Basierend auf dem großen Erfolg kamen sehr bald unzählige weitere Sammelkartenspiele heraus, die aber sehr häufig auch schnell wieder vom Markt verschwanden. Einige allerdings, darunter Magic: The Gathering, gibt es noch heute. Weitere populäre Vertreter des Genres sind Pokémon und Yu-Gi-Oh!.

Auf dem Computer haben Card Battler lange Zeit in einer kleinen Nische verbracht. Ja, es gab diverse Computer-Umsetzungen von Magic: The Gathering – etwa Magic Duels aus dem Jahr 2015, hier bei uns im Test – und ein paar anderen Card Battlern und/oder Sammelkartenspielen, aber der große Erfolg blieb aus. Bis sich Blizzard Entertainment (bekannt durch Warcraft, Diablo, Starcraft oder Overwatch) des Themas annahm und 2014 Hearthstone: Heroes of Warcraft auf den Markt brachte. Dieses flotte und kurzweilige free-to-play Online-Sammelkartenspiel, mit dem sowohl Einsteiger als auch Experten ihren Spaß haben können, wurde ein riesiger Erfolg und etablierte das Genre auch auf dem Computer. Es wird bis heute mit Erweiterungen versorgt.

Mich persönlich haben jedoch Hearthstone: Heroes of Warcraft und die aufgrund des großen Erfolges daraufhin entstandenen weiteren free-to-play Online-Sammelkartenspiele, die darauf ausgelegt waren gegen einen menschlichen Gegner gespielt zu werden (und möglichst viele Mikrotransaktionen zu generieren), nie so wirklich gefesselt. GWENT: The Witcher Card Game, Minion Masters, Legends of Runeterra … alles gute Spiele, aber nicht so ganz meins. Das hat sich erst mit der nächsten Generation von Card Battlern geändert, die zusätzlich roguelike Elemente verwendet haben. Angeführt vom großartigen Slay the Spire wurden dadurch auch hervorragende Einzelspieler Erfahrungen möglich, nicht nur simple Trainingsrunden gegen den Computer zur Vorbereitung auf das richtige Spiel gegen menschliche Gegner (wie bei den free-to-play Spielen).

Card Battler Special Teil 1 Slay the Spire Kampf

Slay the Spire

Slay the Spire ist der aktuelle Genreprimus bei den Roguelike Card Battlern und darf daher in Teil 1 des Card Battler Special nicht fehlen. Das von Megacrit aus Seattle entwickelte Spiel wurde im November 2017 im Early Access veröffentlicht, wo es bis in den Januar 2019 geblieben ist. Während dieser Zeit wurde es kontinuierlich verbessert und erweitert und ist bereits unheimlich populär geworden. Auch wurden bereits viele Nachahmer inspiriert, nur wenige davon haben jedoch die Qualität von Slay the Spire erreicht. Slay the Spire wurde von seinen Schöpfern übrigens auch nach dem vollen Release im Januar 2019 mit weiteren Inhalten versorgt.

Worum geht es in Slay the Spire? Einfach gesagt müsst ihr eine Turmspitze erreichen – und dabei Horden von Feinden aus dem Weg räumen. Am Ende der einzelnen Abschnitte erwarten euch besonders starke Bossgegner. Man schreitet Raum für Raum voran, manchmal unterbrochen von einem Händler oder einem Rastplatz. Dabei gewinnt man kontinuierlich an Stärke durch neue Karten und Zaubertränke. Wenn man stirbt, fängt man von vorne an. Der Turm wird dann jedoch neu generiert, sodass man immer eine neue Herausforderung geboten bekommt.

Jeder der vier spielbaren Charaktere beginnt mit einem einfachen Kartendeck, das in erster Linie aus einfachen Angriffs- und Verteidigungskarten besteht. Diese Karten werden nun zugweise ausgespielt und ihr müsst die Lebenspunkte aller Gegner auf Null reduzieren, ohne selbst zu sterben. Erlittener Schaden wird nach einem gewonnenen Kampf nicht automatisch wieder hergestellt, daher schmerzt jeder noch so kleine Treffer, den euer Held hinnehmen muss. Ihr solltet daher darauf achten, was eure Gegner vorhaben. Der geplante nächste Zug eurer Feinde wird über ihren Köpfen angezeigt, so könnt ihr erkennen ob sie angreifen, sich verteidigen, sich selbst verstärken oder euch mit einem negativen Effekt treffen werden.

Das einfache Gameplay von Slay the Spire verbirgt ein teuflisch kompliziertes Spiel. Karten entwickeln sehr oft Synergien mit anderen Karten und Relikten. Es macht höllischen Spaß, mit verschiedenen Karten zu experimentieren und verschiedene Relikte zu finden, die oft drastische Auswirkungen auf das Kartendeck haben. Die vier wählbaren Helden (zwei davon müsst ihr erst freischalten) spielen sich vollkommen unterschiedlich.

Slay the Spire ist ein nahezu perfektes Kartenspiel und so süchtig machend, dass es leicht eure gesamte Freizeit verschlingen kann. Ich spreche aus Erfahrung.

Card Battler Special Teil 1 Monster Train KeyArt

Monster Train

Monster Train von Shiny Shoe aus Kalifornien (Publisher: Good Shepherd Entertainment) ist ein Roguelike Card Battler, der ähnlich zu Slay The Spire ist. Es hat aktuell über 10.000 positive Reviews auf Steam. Die Hintergrundgeschichte ist sehr schnell erzählt. Nachdem die Hölle zugefroren ist, müssen wir mit unserem Zug die letzte brennende Höllenglut in die Tiefen der Hölle transportieren, um das Höllenfeuer wieder anzufachen. Auf unserem Weg kämpfen wir gegen gut bewaffnete Engel vom Himmel, die das um jeden Preis verhindern wollen. Unser Zug hat drei Etagen, und die kostbare Höllenglut befindet sich ganz oben – wir müssen sie vor angreifenden Engeln verteidigen, die jede Runde eine Etage höher rücken, bis wir sie ausgeschaltet haben. Sollten die Engel die letzte Höllenglut auslöschen, ist das Spiel zu Ende.

Wir haben fünf Dämonenclans zur Auswahl, jeder mit seinem eigenen Thema und Spielstil; zwei davon müssen wir auswählen, um unser Deck damit zu bilden, einen primären und einen sekundären Clan. Zwischen den Kämpfen können wir entscheiden, in welche Richtung wir unseren Zug lenken wollen, um den Weg mit den besten Boni für unsere Strategie zu nehmen. Außerdem können wir unsere Karten auf der Suche nach einer Killer-Kombo aufwerten.

Monster Train ist kinderleicht zu erlernen, spielt sich flüssig und macht absolut süchtig und ist damit ein würdiger Vertreter in Teil 1 unseres Card Battler Special. Es verfügt auch über einen Online-Mehrspielermodus, bei dem ihr in Echtzeit gegen einen Freund antreten könnt. Für den 25. März ist übrigens die erste Erweiterung, The Last Divinity, angekündigt.

Card Battler Special Teil 1 Iris and the Giant KeyArt

Iris and the Giant

Iris and the Giant, auf den Markt gebracht vom französischen Publisher Goblinz Publishing, ist ein kleines Meisterwerk. Vom einzigartigen Grafikstil bis hin zur wehmütigen Geschichte passt alles zusammen. Es ist wiederum eine Mischung aus den beiden zur Zeit so extrem beliebten Genres: Card Battler und Roguelite. Ihr spielt ein junges Mädchen namens Iris, das sich durch Horden von Dämonen kämpft und dabei immer mehr Karten sammelt. Ihr werdet dabei oft sterben, aber immer stärker als zuvor zurückkommen.

Iris ist ein Mädchen ohne viel Selbstvertrauen. Sie wird in der Schule gemobbt und die anderen Kinder lachen über sie. Das Spiel beginnt, als Iris in einen Swimmingpool springt und plötzlich in der griechischen Unterwelt erwacht. Entweder ist sie gestorben oder sie muss ihre inneren Dämonen bekämpfen, um Selbstvertrauen zu gewinnen. Jedenfalls stehen ihr diese fiesen Dämonen im Weg und sie muss sie töten, um aus der Unterwelt zu kommen.

Ein Run besteht aus einem Kampf nach dem anderen, wobei Iris nach jedem gewonnenen Kampf die Treppe hinaufsteigt. Ein Kampf ist eher kurz, höchstens ein paar Minuten. Iris steht einigen Dämonen (und einigen Felsen, Truhen…) gegenüber, einige in der ersten Reihe, einige in der zweiten Reihe oder weiter hinten. Nahkampfwaffen treffen nur die erste Reihe, aber es gibt genügend andere Waffen oder Magie, um auch Dämonen anzugreifen, die sich weiter hinten verstecken. Ihr beginnt jedes Spiel mit der gleichen Anzahl von Karten, aber da sie nur einmalig verwendet werden können, müsst ihr sie während der Kämpfe immer wieder auffüllen. Jede Karte repräsentiert einen Angriff oder eine Verteidigung/Heilung, die ihr einsetzen könnt. Die Gegner variieren, manche tragen Rüstungen, manche schlagen härter zu, manche schießen mit einem Bogen von hinten auf euch, und die Bosse sind besonders stark. Durch das Besiegen von Feinden und das Sammeln von Edelsteinen werden Erinnerungen freigeschaltet, die zusätzliche Kräfte sind, die Iris in zukünftigen Durchgängen verwenden kann.

Das Spiel ist leicht zu erlernen, man wählt einfach eine Karte und danach das Ziel. Versucht, eure Trefferpunkte und Karten nicht ausgehen zu lassen, während ihr alle Dämonen tötet und so nebenbei einige Schätze sammelt. Je länger das Spiel dauert, desto mehr Optionen (Karten) habt ihr, so dass die Komplexität langsam ansteigt.

Iris and the Giant ist ein gut gemachter Roguelike Card Battler, in dem man süße kleine Dämonen töten muss, um aus der Unterwelt zu entkommen.

Card Battler Special Teil 1 nowhere prophet KeyArt

Nowhere Prophet

Den Abschluss von Teil 1 dieses Card Battler Special macht Nowhere Prophet vom deutschen Entwickler Sharkbomb Studios (Publisher: No More Robots). Hierbei handelt es sich um einen weiteren Roguelike Card Battler für Einzelspieler.  Es spielt in einer post-apokalyptischen Welt, die von der indianischen Kultur inspiriert ist.

Ich habe während meines Studiums in den 90ern viel Magic: The Gathering gespielt, und die kartenbasierten Kämpfe von Nowhere Prophet sind offensichtlich davon inspiriert. Dadurch ist mir der Einstieg in das Spiel sehr leicht gefallen – vielleicht werdet ihr euch nicht von Anfang an so sehr zu Hause fühlen, wenn ihr mit Magic: The Gathering nicht vertraut seid.

Ihr führt eine verzweifelte Gruppe von Ausgestoßenen über ein prozedural generiertes, unfreundliches, zerlumptes Ödland auf der Suche nach einem sicheren, neuen Zuhause. Ihr bewegt eure Gruppe über die Landkarte, erkundet einzigartige Orte, geratet in Kämpfe, trefft Entscheidungen im Multiple-Choice Verfahren, sammelt Beute, verwaltet eure knappen Ressourcen. Trefft die richtigen Entscheidungen und ihr bekommt neue Ausrüstung und Ressourcen, trefft die falschen Entscheidungen und eure Gruppe wird sterben. Ihr werdet oft sterben. Abgesehen von den kartenbasierten Kämpfen und dem futuristischen Setting fühlt es sich ein bisschen wie das gnadenlose The Banner Saga an.

Nowhere Prophet ist ein anspruchsvolles Roguelike mit deutlich von Magic: The Gathering inspirierten Kämpfen. Ich liebe das düstere Szenario – aber das Spiel kann manchmal genauso frustrierend sein wie FTL. Roguelike eben. Es bietet eine farbenfrohe Grafik, einen eingängigen Soundtrack und eine riesige Auswahl an Möglichkeiten, um Kartendecks mit mächtigen Combos zu bauen.

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