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No Rest for the Wicked im Test

Nach mehrjähriger Entwicklung ist nun das neue Action-Rollenspiel von den österreichischen Moon Studios (Ori and the Blind Forest und Nachfolger) auf Steam im Early Access erschienen. Wird No Rest for the Wicked auch ein neuer Meilenstein im Action-RPG Genre und ein ebenso massiver Erfolg wie die beiden älteren Metroidvanias?

Die Entwicklung von Computerspielen in Österreich hat eine lange Tradition, neben vergangenen Studios (wie zB Max Design) oder auch Unternehmensgruppen (beispielsweise JoWooD) oder bestehenden Firmen mit Österreich-Bezug wie THQ oder Plaion werkeln auch eine ganze Menge an kleineren Studios in unserem Land. Wirkliche Weltklasse-Spiele aus Österreich sind aber trotzdem relativ selten. Die Moon Studios GmbH aus dem siebenten Wiener Bezirk ist eines der Aushängeschilde unserer Spieleindustrie. Gegründet von Thomas Mahler, der zuvor bei Blizzard gearbeitet hat, ist hier Ori and the Blind Forest ebenso wie der Nachfolger Ori and the Will of the Wisps entstanden, zwei der besten Metroidvanias, die ihr für euer Geld kaufen könnt. Wobei „hier entstanden“ ist nur bedingt korrekt, weil ein großer Teil der Mitarbeiter der Moon Studios irgendwo auf der Welt sitzt. Thomas Mahler versucht, das Studio relativ klein (und damit finanzierbar) zu halten, dafür aber vor allem wirklich überdurchschnittlich gute Leute zu beschäftigen, die aber natürlich nicht alle vor Ort verfügbar sind. Ein Merkmal der beiden Ori-Spiele ist auch deren knackiger Schwierigkeitsgrad. Ich persönlich habe in Ori and the Blind Forest über eine Woche dafür benötigt, aus dem Ginso-Baum zu entkommen und war damals sehr nahe dran, nicht nur mein Gamepad zu zerschmettern und den Spieldesigner zu verfluchen, sondern auch das Spiel zu deinstallieren. Und genau dieser Schwierigkeitsgrad erwartet euch auch in No Rest for the Wicked.

No Rest for the Wicked ist ein Souls-Like. Die Tags auf Steam, die es als Action-RPG bezeichnen sind korrekt, aber es ist vor allem auch ein Souls-Like. Das Spielprinzip und die Grafik mag zwar auf den ersten Blick wie beispielsweise das fantastische Hades aussehen, aber schlussendlich ist die Spielerfahrung eine komplett andere. Wer ein flottes Geschnetzel wie in Hades erwartet, wird hier nicht glücklich. Die Moon Studios wollen mit No Rest for the Wicked einen neuen Standard für isometrische Action-Rollenspiele setzen, und sind dabei auch ein paar neue Wege gegangen. Mal sehen, was sich seit Knight Lore (Ultimate, 1984), einem der Lieblingsspiele meiner Kindheit, so getan hat.

No Rest for the Wicked schiff

Die Pest auf dem Inselparadies

No Rest for the Wicked spielt auf der Insel Isola Sacra, auf der die Pest ausgebrochen ist. Der junge König schickt die Truppen der Kirche unter ihrer ehrgeizigen und skrupellosen Anführerin auf die Insel, um die Seuche (und alles andere auf der Insel) auszulöschen. Es herrscht Krieg zwischen den Einheimischen und den Truppen des Königs, und wir stehen in der Mitte. Wir sind ein Cerim, ein heiliger Krieger, der als Schiffbrüchiger auf der Insel gestrandet ist. Eigentlich sind wir ein ziemlich deformierter und hässlicher Typ, aber das sind die anderen Charaktere in dem Spiel auch. Unser erstes Ziel ist die Stadt Sacrament, aber der Weg dorthin ist nicht einfach. Gegner machen die Gegend unsicher, und wir haben unsere Ausrüstung beim Untergang des Schiffes verloren. Und hier beginnt auch mein erstes gröberes Problem. Ich finde zwar schnell eine Waffe, aber bei jedem Tod wird meine Waffe beschädigt, bis sie schließlich völlig unbrauchbar ist. Und ich sterbe anfangs oft, aber ich finde weder einen Handwerker, um die Waffe zu reparieren, oder eine weitere Waffe. Also prügle ich mich durch die ersten Stunden weitgehend mit meinen Fäusten. Abgesehen von der Beschädigung der Ausrüstung wird der Tod der Spielfigur aber nicht bestraft – ihr erwacht am letzten Speicherpunkt (Wisperstätte) und die besiegten Gegner bleiben (eine Zeit lang) tot. Einfach ist der Anfang aber trotzdem nicht gerade – ich kann schon verstehen, dass dies einigen der ersten Käufer nicht so gut gefallen hat. Die Reviews auf Steam sind nach drei Tagen ja noch ziemlich durchwachsen. Allerdings hat der erste Patch bereits einige Erleichterungen und Verbesserungen gebracht – unter anderem soll die Ausrüstung nicht mehr so schnell kaputt gehen. Generell muss euch bewusst sein, dass das Spiel gerade im Early Access erschienen ist. Es wird sich also wohl in den nächsten Monaten noch deutlich weiterentwickeln, und neben Fehlerbehebungen und Performanceverbesserungen (beides aktuell durchaus notwendig…) wird auch an der Spielbalance massiv geschraubt werden.

Casual Action-PRG?

Ein erster Blick auf einen Trailer von No Rest for the Wicked mag den Anschein erwecken, dass es sich bei dem Spiel um eines der üblichen modernen Action-RPGs handelt. Ein wenig wie Diablo IV vielleicht – man sieht einen Gegner, läuft auf ihn zu und ein paar Klicks später ist er besiegt, ebenso wie vielleicht noch ein paar andere Gegner, die in der Nähe herumgestanden sind. Wer mit diesen Erwartungen in das Spiel geht, wird schwer enttäuscht werden. No Rest for the Wicked funktioniert komplett anders. Hier ist es eher so – ich sehe einen Gegner, laufe wie ein Irrer auf ihn zu, übersehe dabei ein Lagerfeuer und verliere 20% meiner Gesundheit im Feuer. Dann übersehe ich einen Abgrund, falle nach unten und nehme weitere 20% Schaden durch den Fall. Ich klettere eine Leiter hinauf, renne diesmal ein wenig gezielter auf den Gegner zu, prügle dreimal wie ein Irrer auf ihn ein, was dieser aber mit gut getimten Blocks fast ohne Schaden zu nehmen abwehrt. Ich bin erschöpft, mein Gegner zieht mir blitzeschnell eines mit seiner riesigen Axt über den Kopf und ich bin tot.

No Rest for the Wicked ist ein Souls-Like. (Fast) jeder Kampf ist fordernd und sollte bedacht angegangen werden. Vielleicht zuerst von hinten anschleichen, um mit meinem Erstschlag bereits einen hohen Schaden zu verursachen? Dann im Kampf ausweichen, blocken, und dann zuschlagen, wenn der Gegner gerade damit beschäftigt ist, sich nach einem erfolglosen Angriff wieder aufzurichten. Mit dieser Taktik habt ihr mehr Erfolg. Mich hat No Rest for the Wicked immer wieder an einen meiner Indie-Geheimtipps erinnert, das bockschwere Morbid: The Seven Acolytes aus dem Jahr 2020 (von dem übrigens gerade ein Nachfolger in Produktion ist). Hier bekommt ihr das selbe Gameplay, eine vergleichbare düstere Welt, aber natürlich alles mit deutlich weniger Aufwand produziert und mit viel weniger Umfang. Dennoch ist es auch heute noch mehr als nur einen kurzen Blick wert, wenn euch 2D Souls-Likes interessieren – auch wenn es natürlich nicht an die Qualität von No Rest for the Wicked herankommt.

No Rest for the Wicked Witch

Dark Souls in 2D

Die Spielmechanik in No Rest for the Wicked besteht überwiegend aus den genreüblichen Aktionen – wir erkunden das Land (in isometrischer Grafik), sammeln Ressourcen und kämpfen gegen diverse Feinde. Leichte Angriffe, schwere Angriffe, Ausweichen, Blocken, Spezialangriffe, Fernwaffen, ein wenig Herumschleichen oder von hinten Zustechen, dazu ein wenig Magie, ein paar Gegenstände Benutzen (Bomben, Nahrung, Tränke usw.). Durch gewonnene Kämpfe sammeln wir Erfahrung und steigen im Level auf (und erhalten Punkte um unsere acht Charaktereigenschaften, wie Stärke oder Ausdauer, zu verbessern), durch bessere Ausrüstung (Waffen und Rüstung) werden wir stärker, von besiegten Bossgegnern erhalten wir Upgrades. Die wesentlichen drei Ressourcen, auf die ihr permanent achten müsst, sind eure Gesundheit (Lebenspunkte), weiters eure Ausdauer, die ihr vor allem im Kampf benötigt, aber auch für klettern und schwimmen. Eure Ausdauer ist sehr knapp bemessen, wodurch sich euer Held ein wenig schwerfällig spielt. Als dritte Ressource gibt es noch den Fokus, der mit Mana vergleichbar ist. Ihr verbraucht Fokus, wenn ihr Runen (so eine Art Spezialfähigkeit eurer Waffe) einsetzt. Der Fokus regeneriert sich nicht von selbst (aber mit den richtigen Verzauberungen auf der Ausrüstung), kann aber durch Angriffe oder das Einnehmen von Tränken wieder aufgefüllt werden.

Die Umgebung ist nicht nur atemberaubend anzusehen, sie ist auch liebevoll von Hand erstellt und strotzt nur so vor Details und versteckten Überraschungen. Die Gegner und die Ressourcen sind allerdings zufällig verteilt. Wenn ihr in die Stadt geht und dann eine Gegend wieder besucht, findet ihr anders platzierte Gegner, nur fixe Ressourcen wie Bäume oder Metalle sind immer noch am selben Ort. Neben der Erkundung der Gegend ist auch das Crafting ein wesentliches Spielelement. Ihr findet immer wieder Dinge, die ihr einfach einsammeln könnt (beispielsweise Pilze oder Kräuter), aber viele andere Materialien müssen abgebaut werden. Dafür benötigt ihr das korrekte Werkzeug, also beispielsweise eine Schaufel zum Graben, eine Holzfälleraxt, eine Angel oder eine Spitzhacke, um Metalle aus dem Stein zu schlagen. Ihr könnt im Lager Waffen oder Rüstungen basteln, oder ihr kocht euch ein Essen am Lagerfeuer. In der Stadt könnt ihr euch übrigens eine Liegenschaft kaufen und diese im Laufe des Spieles immer weiter ausbauen.

Zusammenfassung

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