Gamers.at
PCReviews

Ancestors: the Humankind Odyssey im Test

Auch wenn man mit Theologen lieber nicht darüber spricht, so gilt es für die meisten von uns doch als gegeben und belegt, dass wir Menschen vom Affen abstammen – oder die heutigen Affen und wir gemeinsame Vorfahren haben. Vorfahren (Ancestors auf Englisch übrigens, falls das irgendjemandem unklar war), die durch Jahrmillionen der Evolution lernten Werkzeuge zu benutzen, aufrecht zu gehen, Häuser zu bauen, das Internet erfanden, Spiele programmierten und dann Tests zu Spielen schrieben. Zum Beispiel zu welchen, die eben diese Evolutionsgeschichte zum Inhalt haben … und so schließt sich der Kreis, hier und heute, wo du dieses Review liest. Oh, wie wundervoll.

Der kreative Kopf hinter Ancestors heißt Patrice Desilets – der geistige Vater der Assassin’s Creed Serie. Schon dort fiel seine Liebe zu geschichtlicher Genauigkeit auf … obgleich das letzte bisschen Akkuratesse zugunsten des Gamedesigns und der Story gerne auf dem Altar der Spielbarkeit geopfert wurde. Auch bei Ancestors ist ultimative Genauigkeit in der Rekreation unserer Evolutionsgeschichte freilich nicht gegeben. Zum einen mangels entsprechender Aufzeichnungen (Überraschung), zum anderen, weil es wohl recht langatmig wäre, eine Spieldauer von mehreren Millionen Jahren umzusetzen. Und das ist gut so – immerhin ist schon die ungemein stark verkürzte Version unserer Entwicklung beizeiten schwer repetitiv. Lasst mich erklären:

Erkunden, Probieren, Entwickeln

Viel Glück – wir werden nicht wirklich helfen. Sinngemäß mit dieser Botschaft auf dem Screen schickt euch Ancestors in den afrikanischen Urzeitdschungel 10 Millionen Jahre vor unserer Zeit. Was folgt, ist im Grunde immer wieder derselbe Ablauf: Ihr erkundet unbekanntes Terrain, probiert hoffnungsvoll die unterschiedlichsten Dinge aus um Neues zu lernen und gebt alles an die nächste Generation weiter. Und wir reden hier nicht davon Elektrizität zu entdecken. Es geht erst einmal um so grundsätzliche Dinge wie die Fähigkeit gleichzeitig beide Hände zu verwenden. Oder zu erkennen, dass ein Stock mithilfe eines Steins angespitzt werden kann, dass manche Beeren und Blätter bestimmte Wirkungen haben können und das schlechte davon mit ausreichend Wasser wieder aus dem Körper geschwemmt werden können. Welche Knöpfe ihr dafür in welchem Moment zu drücken habt? Das Spiel verrät euch das nicht – also warum sollte ich es jetzt?

Und ja: Auch wie ihr euch fortpflanzt, müsst ihr allein herausfinden. Und das ist absolut essenziell – ja im wahrsten Sinne des Wortes überlebensnotwendig. Denn logischerweise spielt man nicht nur einen einzelnen Primaten, sondern im Grunde den ganzen Stamm … mehr noch: die Spezies. Dementsprechend ist wichtig, nicht nur prinzipiell für Nachwuchs zu sorgen, sondern eben diesen auch immer wieder auf eure Touren in die abwechslungsreiche Wildnis mitzunehmen. Nur so lernt euer Clan dazu. Nur so sammelt ihr „Neuronale Energie“, die euch in Folge in die nächste Generation führen kann; also für einen Sprung 15 Jahre in die Zukunft sorgt. Zusätzlich könnt ihr aber auch echte Evolutionssprünge machen. Dafür müssen jeweils bestimmte Aufgaben bzw. Meilensteine erledigt werden: bestimmte Sehenswürdigkeiten entdecken, Tiere erlegen, Werkzeuge erfinden und dergleichen. Klingt nett, führt am Ende des Tages allerdings dazu, dass das Spiel im Grunde nicht viel mehr als eine Aneinanderreihung von Grinds ist.

Und zwar noch dazu einer, der einen entscheidenden, zusätzlichen Haken hat: Obgleich sich das Aussehen unserer Primaten mit jedem Evolutionssprung nach und nach ein klein wenig verändert, so tut sich doch sonst nur unwesentlich viel. Vor allem die Umgebung sieht immer exakt gleich aus. Auch die anderen Tiere – allen voran die euch bedrohenden Raubtiere wie Schlangen, Wildschweine, Krokodile oder Säbelzahntiger – verändern sich über all die Zeit kein Bisschen. Das ist unglaubwürdig und unglaublich schade zugleich. Zumindest ist die eine Welt im Spiel allerdings mit sehr viel Liebe zum Detail geschaffen und reichlich Leben gefüllt worden.

Technik

Auch die technische Basis des Spiels ist nicht unbedingt perfekt. Versteht mich nicht falsch: Das Spiel sieht durchaus nett aus! Vor allem die Wettereffekte sind durchaus sehenswert. Außerdem weiß es mit vertretbarem Hardwarehunger zu überzeugen. Allerdings fallen des Öfteren Fehler bei der Kollisionsabfrage auf und vor allem die Steuerung ist arg ungenau und gewöhnungsbedürftig. Insbesondere, wenn man mit Maus und Tastatur spielt. Deutlich besser klappt das Ganze mit dem auch von den Entwicklern empfohlenen Controllern. Getestet wurde übrigens auf dem PC – der fürs Erste exklusiven Plattform des Spiels. Playstation 4 und Xbox One folgen im Dezember 2019.

Wie dem auch sei – zurück Technik und der letzten, hier noch fehlenden Sektion. Dem akustischen Part des Spiels. Und dieser weiß zu gefallen: Der Soundtrack ist perfekt gewählt und die atmosphärischen Geräusche des Dschungels sorgen für eine dichte Atmosphäre. Die Soundsamples der Affengeräusche sind ebenfalls tadellos aufgenommen, wiederholen sich aber nach einiger Zeit gefühlt dennoch sehr häufig.

FAZIT

Ancestors interessierte mich seit seiner Ankündigung durch seine wirklich interessante Idee, unsere eigene Evolutionsgeschichte zu versoften. Dass dabei quasi zwangsläufig eine gewisse Grinderei herauskommen würde, war mir klar. Und genauso kam es auch. Ancestors verlangt von euch im Grunde immer wieder das selbe zu tun. Die ersten paar Stunden fühlen sich also noch tatsächlich frisch und spannend an, doch schnell hält der Alltag Einzug. Die Evolutionssprünge wären hier DIE Gelegenheit gewesen, jeweils neuen Schwung in die Sache zu bringen – sie schaffen es aber nicht. Dass zudem die Steuerung so seine Macken hat, sorgt zudem dafür, dass es wohl noch einen Gamedesign-Evolutionssprung brauchen würde um dem Spiel zu einer echten Kaufempfehlung zu verhelfen … auch wenn es mit 40 Euro im Epic Games Store eh recht günstig ist.

 

Was ist Ancestors: the Humankind Odyssey? Die versoftete Evolutionsgeschichte – als Affen-Clan arbeitet ihr euch durch die Jahrtausende.
Plattformen: PC (PS4 und XB1 folgen im Dezember)
Getestet: auf PC, Intel Core i7-3770k, 16GB RAM, NVIDIA GTX 980Ti
Entwickler / Publisher: Panache Digital Games / Private Division
Release: 27. August 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.0

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 4 | Spieldesign: 6 | Motivation: 4

Ähnliche Beiträge

Kommentar abgeben