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Antihero im Test

Der strahlende Held, welcher die schöne Maid aus den Fängen des Bösen befreit – genau das seid ihr in Antihero… NICHT. Wie der Name schon erahnen lässt, steht ihr nämlich auf der anderen Seite des Gesetzes und schlüpft bei diesem digitalen Brettspiel in die Rolle eines Meisterdiebes, der versucht eine ganze Stadt unter seine Kontrolle zu bringen. Ein herausforderndes Unterfangen, welches aber auch viel Spaß bereiten kann.

Antihero ist also ein digitales Brettspiel. Okay… Aber was ist das und noch viel interessanter, wie funktioniert so etwas? Diese Fragen lassen sich mit Hilfe eines einfachen Vergleichs mit dem königlichsten aller Brettspiele, Schach, vermutlich am einfachsten klären. Auch bei Antihero wird die Spielfläche in mehrere quadratische Felder unterteilt und die Spieler tätigen darauf abwechselnd ihre Züge. Okay, Schach war jetzt vielleicht ein blöder Vergleich, denn hier enden dann auch schon die Gemeinsamkeiten. Antihero beginnt mit genau einer einzigen Spielfigur, die heißt Lightfinger und ist Anführer einer Diebesgilde. Auf dem Spielfeld sind zunächst die meisten Felder mit Nebel verdeckt, der Rest muss durch den (Anti-)Helden ausgespäht werden. So wird nach und nach die viktorianisch angehauchte Stadt enthüllt, inklusive potentieller Angriffsziele. Das sind in erster Linie Wohnhäuser, die ganz klassisch ausgeraubt werden können. Dann gibt es da noch größere Gebäude wie etwa Kirchen, Banken, Handelshäuser oder Tavernen. Diese kann man mit der Hilfe von Straßenkindern infiltrieren, was uns dann Ressourcen und bestimmte Boni bringt.

Wir gründen eine Bande

Hier beginnt dann auch gleich der Diebes-Kreislauf zu rotieren. Mit dem Geld, welches ich durch meine Raubzüge „verdiene“, kann ich die kleinen Nachwuchs-Kriminellen anheuern. Die stecke ich dann etwa in eine Kirche, wodurch sich die Kosten für weitere Handlanger verringern. Oder ich schicke sie in eine Bank und erhalte dann pro Runde ein paar Goldstücke. Infiltriere ich dagegen ein Handelshaus, bekomme ich wiederum Laternen. Die benötige ich, um neue Technologien freizuschalten. Das umfasst einfache Fähigkeiten wie verbesserte Diebesfertigkeiten, höherer Schaden oder mehr Aktionspunkte, bis hin zu weiteren Mitgliedern für eure Diebesgilde. Schläger helfen mir etwa die Straßen zu bewachen, habe ich dazu noch einen Bandenanführer, kann ich sogar mehrere davon zu einer Gang formieren. Fiese Kutscher säubern Gebäude von Straßenkindern des Gegners, Fallensteller tun genau das, was ihr Name sagt und Meuchelmörder führen Attentate auf andere Spielfiguren aus. Aber auch wenn ich diese neuen Bandenmitglieder mittels Laternen freigeschalten habe, jeder Einsatz kostet Geld und je mehr ich davon innerhalb einer Runde kaufe, desto teurer wird es. Die gründliche Vorausplanung über mehrere Runden hinweg ist deshalb meist von Vorteil.

Natürlich spiele ich nicht alleine, sondern immer gegen einen Widersacher. In der storytechnisch sehr oberflächlichen und mit rund 5 Stunden Spielzeit sehr kurzen Kampagne ist das meistens der Anführer einer rivalisierenden Diebesgilde, mit Namen Lygrave. Während den elf Missionen wechseln zwar zeitweise die Protagonisten, aber es geht im Grunde immer darum, Siegpunkte zu sammeln. Die bekommt man beispielsweise wenn man eine Kirche mit drei Straßenkindern infiltriert hat oder durch Auftragsmorde und Bestechung, aber ich kann sie mir auch gegen eine größere Anzahl an Laternen kaufen.

Je größer die Karte, desto mehr Siegpunkte sind notwendig, desto schwieriger wird es. Dazu kommt noch, dass das Spielfeld anhand vorgegebener Elemente zufallsbasiert generiert wird, wodurch sie jeder Durchgang vom vorherigen unterscheidet und manchmal sogar eine komplett andere Spielweise erfordert. Außerdem drängt sich der (unbewiesene) Verdacht auf, dass der Computergegner schummelt, sodass sich manchmal sehr unfaire Situationen auftun. Wer dem entgehen will, der spielt dann gegen einen menschlichen Kontrahenten. Das gibt es dann die „Casual Matches“, welche asynchron ablaufen und es den Spielern erlauben, sich so viel Zeit zu nehmen, wie sie brauchen, um ihren nächsten Schritt zu planen und dann gibt es noch die „Live Matches“, in denen sich die Gegner in Echtzeit gegenüberstehen. Besonders hier offenbart sich der Brettspiel-Charakter von Antihero: Es gibt zwar nur wenige Spielelemente, aber die müssen taktisch geschickt eingesetzt werden, um den Sieg zu erlangen.

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Mobile Technik

Antihero wurde zwar vorerst nur für PC und Mac veröffentlicht, eine Umsetzung für Android und iOS Geräte ist aber fix eingeplant. Das merkt man dem Spiel auch an. Obwohl das Spiel natürlich mit Maus und Tastatur gesteuert werden kann, ist sowohl das Gameplay sowie die Steuerung bereits jetzt auf „Mobile“ getrimmt und auch die Optik lässt sich sicherlich auf Smartphone und Tablets gut umsetzen. Dass soll jetzt aber nicht unbedingt als, Kritik gewertet werden, dann das Ein-Mann-Team, bestehend aus dem Indie-Entwickler Tim Conkling, hat technisch gesehen eine saubere Arbeit abgeliefert. Die etwas düster gehaltene Comic-Grafik passt perfekt in das Setting und die Sounduntermalung dudelt unaufdringlich im Hintergrund. Lediglich die fehlende deutsche Lokalisierung soll hier als kleinerer Kritikpunkt angebracht werden.

FAZIT

Trotz seines eher geringen Umfangs bietet Antihero ein enorm abwechslungsreiches Spielerlebnis und ist dank zahlreicher taktischer Finessen stets fordernd. Natürlich hätte man sich etwas variantenreichere Möglichkeiten wünschen können, aber als digitales Brettspiel darf man sich hier einfach nicht zu viel erwarten. Vor allem der kompetitive Mehrspielermodus macht das und die etwas zu kurz geratene Einzelspieler-Kampagne wieder wett. Somit bleibt eine Empfehlung für Taktik-Fans, die eine sehr kurzweilige, aber unterhaltsame Herausforderung suchen.

Gesamtwertung: 7.2

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 6 | Handling: 8 | Spieldesign: 6 | Motivation: 8

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