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Filmkritik: Sicario 2

Spätestens mit „Sicario“ schaffte es der Ausnahme-Regisseur Denis Villeneuve, auch außerhalb der Kreise eingefleischter Cineasten, sich einen Namen zu machen. Der Thriller rund um den großangelegten Kampf der US-Behörden gegen die mexikanischen Drogenkartelle, konnte etliche Preise (und 3 Oscar-Nominierungen) einfahren. Als dann eine Fortsetzung ohne Mitwirkung Villeneuves angekündigt wurde, waren die Reaktionen meist skeptisch. Nun läuft „Sicario 2“ im Kino und es zeigt sich: Ganz unberechtigt war diese Skepsis nicht.

INHALT

Nach einem Selbstmordanschlag in den USA zeigen die Ermittlungen bald, dass die Attentäter per Schlepper über die mexikanische Grenze geschleust worden sind. Im Verteidigungsministerium beschließt man, einen Krieg unter den großen Kartellen anzuzetteln. Die kontrollieren neben dem Drogenhandel auch das großangelegt Schmuggeln von Menschen in die USA. So verspricht man sich, künftig solche Fälle wie eben diesen Anschlag, unterbinden zu können.

Matt Graver, der auch schon im ersten Teil die Operationen geleitet hat, verpflichtet neben einem Trupp Söldner, abermals auch den undurchsichtigen Killer Alejandro. Nachdem sie für gehörige Unruhe zwischen den Clans gesorgt haben, soll der finale Streich für einen offenen Kartellkrieg sorgen: Die Entführung Isabel Reyes, der Tochter des größten Kartell-Bosses des Landes, Carlos Reyes.

© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.
© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.

KRITIK

Wie schon eingangs erwähnt, war auch ich im Vorfeld eher skeptisch dem Film gegenüber. Das liegt nur teilweise am neuen Namen auf der Rückseite des Regiestuhls, denn der Italiener Stefano Sollima hat sich mit harten Gangster-Thrillern einen Namen gemacht und würde daher durchaus zur Materie passen. Das größere Problem war, meiner Ansicht nach, dass der Stoff sich eigentlich nicht für eine Weiterführung eignet. Die Geschichte war rund und in sich beendet, daher konnte ich mir unter einer Fortsetzung eigentlich nichts vorstellen.

Der Ansatz, mit dem man versucht dieses Problem zu lösen, ist eigentlich ein sehr guter. Man verzichtet komplett auf die Hauptperson aus dem Original und konzentriert sich hier auf die Nebenpersonen von damals, die ja durchaus interessant genug sind um eine eigene Geschichte zu tragen. Genau damit haben wir es bei Sicario 2 nämlich zu tun: Eine abgesehen vom Schauplatz und einigen handelnden Personen, komplett eigenständige Story.

© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.
© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.

Und genau die kann leider so gar nicht überzeugen. Alles hier wirkt konstruiert, als ob man 2 oder 3 Szenen im Kopf gehabt hätte, die man unbedingt verwirklicht sehen will und alles rundherum dient nur als Setup für eben diese paar Szenen. Entscheidungen sind, sobald man ein wenig darüber nachdenkt, kaum nachvollziehbar und die Gründe warum so mancher Charakter tut, was er tut, werden nie erklärt. Zudem ist der Plot gespickt von praktischen Zufällen, was noch nie ein Zeichen für gutes Writing war.

Erschwerend kommt der offensichtliche Drang hinzu, eine längere Franchise aus dem Material machen zu wollen. So existiert ein recht überflüssiger Subplot scheinbar nur, um den Weg für eine weitere Fortsetzung zu bereiten. An sich wäre das nicht schlimm, doch ist dieser Handlungsstrang zum einen wenig interessant und ruiniert zum anderen auf hanebüchene Weise das an sich ambitionierte, offene Ende des Films. Den Unterschied zwischen einem offenen Ende und keinem Ende, scheinen viele Filmschaffende verlernt zu haben.

Und doch ist es sehr schade all das sagen zu müssen, denn im Grunde ist Sicario 2 ein wirklich sehr gut gemachter Thriller, der es streckenweise immer wieder schafft, das Original zu zitieren. Stimmung, sowie die langsame Gangart und der ebenso langsame Spannungsaufbau, kommen Villeneuves Werk immer wieder verdammt nah. Die langen Einstellungen und teils ungewöhnlichen Wide-Shots, sowie die ganz allgemein mehr als kompetente handwerkliche Umsetzung, heben den Film am Ende doch noch aus dem Mittelmaß heraus.

© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.
© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.

Auch die Besetzung trägt ihren Teil dazu bei, Sicario 2 nicht völlig zur Belanglosigkeit zu verdammen. Benicio Del Toro überzeugt als Alejandro, auch wenn ihm durch die größere Rolle viel vom ihn umgebenden Mysterium genommen wird. Auch Josh Brolin, der wirklich ein verdammt gutes Jahr hat, mimt den eiskalten Taktiker Graver durchwegs glaubwürdig, soweit es das Script erlaubt. Auch Isabela Moner, die das entführte Mädchen spielt, macht ihre Sache gut. Selbiges kann aber über den gesamten Cast gesagt werden, hier gibt es kaum Grund zur Kritik.

Kamera und Schnitt bewegen sich, wie schon erwähnt, auf sehr hohem Niveau, ebenso wie die Regiearbeit. Special Effects gibt es erfrischender Weise hier ausschließlich von der praktischen Art und die sind auch durchwegs gelungen und dem Setting entsprechend, realistisch gehalten. Der Soundtrack von Hildur Guðnadóttir ist ebenfalls ein Highlight das Films und ist zu einem guten Teil für die beklemmende Stimmung verantwortlich.

© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.
© Studiocanal GmbH / Richard Foreman, Jr.

FAZIT

Sicario 2 hätte alle Voraussetzungen, ein wirklich guter Thriller zu werden. Technisch einwandfrei realisiert, ein hervorragender Cast und ein Regisseur, dem man schon anmerkt, dass er in diesem Genre zuhause ist. All das macht ein wenig durchdachtes und viel zu sehr auf das Schaffen einer Franchise bedachte Drehbuch leider zunichte. Zu konstruiert und an vielen Stellen schwer nachzuvollziehen kommt es daher. Wirklich schade, denn so hebt sich der Film gerade mal aus der Masse der Mittelmäßigkeit und verschenkt sehr viel Potential.

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