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Heimkinokritik: In This Corner of the World

Anime sind hierzulande vor allem im Serienformat bekannt. Doch auch animierte Spielfilme, die im Kino veröffentlicht werden, sind in Japan nichts außergewöhnliches. Hier sind natürlich vor allem Klassiker, wie „Akira“, „Ghost in the Shell“ bekannt oder die Werke des Studios Ghibli. Und auch wenn es diese Filme bei uns nur ganz selten ins Kino schaffen, so findet man darunter doch immer wieder Perlen, die man nicht versäumen sollte. So wie eben auch In This Corner of the World.

INHALT

Als Japan gerade beginnt sich in den 2. Weltkrieg einzumischen, wird das junge Mädchen Suzu aus dem Umland von Hiroshima mit einem Mann aus Kure, einer Stadt mit großen Waffenfabriken und einem Kriegshafen, verheiratet. Von ihrer eigenen Familie weg, muss sie sich in ein ganz neues Leben als Haus- und Ehefrau einfinden. Diese Aufgabe erschwert ihr nicht nur die verbitterte Schwägerin, sondern im Verlauf der Zeit auch immer mehr der Krieg. Es wird immer schwerer die Familie zu ernähren und schon bald wird der Fliegeralarm zur täglichen und tödlichen Routine. Einzig Suzus überbordende Fantasie und ihre Liebe zum Zeichnen, lassen sie weiterkämpfen, um die Schrecken des Krieges zu überstehen.

© Fumiyo Kouno/Futabasha/Konosekai no katasumini Project. All rights reserved.
© Fumiyo Kouno/Futabasha/Konosekai no katasumini Project. All rights reserved.

KRITIK

Kenner des japanischen, animierten Kinos, die sich die Inhaltsangabe durchlesen, werden unweigerlich an Die letzten Glühwürmchen aus dem Jahr 1988 denken müssen. Auch dieser Film beschäftigt sich mit den Auswirkungen des 2. Weltkrieges auf die japanische Bevölkerung. Doch während der sich auf die grauenvollen Folgen des Atombombenabwurfs in Hiroshima konzentriert und mit seiner allzu realistischen Geschichte rund um den Überlebenskampf von zwei Geschwistern nach der Bombe beschäftigt, geht der aktuelle Film auf ganz andere Weise an das Thema heran.

In This Corner of the World hat auch ein ganz anderes Ziel. Denn obwohl die Atombombe auch hier eine zentrale Rolle spielt, geht es Regisseur Sunao Katabuchi um etwas ganz anderes. Er will zeigen was für Auswirkungen dieser Krieg auch schon vor seinem finalen und schrecklichen Höhepunkt auf die einfache Bevölkerung gehabt hat. Was sich hier nach deprimierenden Kriegsdrama anhören mag, bleibt aber, dank der wundervollen Charaktere und erstklassiger Regiearbeit, überraschend positiv gestimmt und schafft es, trotz all der schlimmen Dinge die passieren, den Zuschauer zwar mit glasigen Augen, aber nichtsdestotrotz einem Lächeln im Gesicht zurückzulassen.

© Fumiyo Kouno/Futabasha/Konosekai no katasumini Project. All rights
© Fumiyo Kouno/Futabasha/Konosekai no katasumini Project. All rights

Das liegt vor allem an der unglaublich liebenswerten Suzu. Das verträumte, immer etwas abwesend wirkende Mädchen, das unvermittelt in eine neue Umgebung gestoßen wird und fortan mit Menschen zusammenleben muss, die ihr nicht alle freundlich gestimmt sind. Sie muss diese neue Familie versorgen und das trotz unglaublicher Lebensmittelknappheit. Und trotz schweren Verlusten und der ständigen Angst vor Fliegerangriffen leben, findet diese junge Frau wieder und wieder den Willen und die Kraft weiterzumachen und für sich und die Ihren zu kämpfen.

Dabei helfen ihr vor allem ihre Träumereien und das Malen. Hier driftet der Film immer wieder für kurze Momente in abstrakte Bilder ab, die versuchen uns Suzus Wesen verständlicher zu machen. Das ist recht mutig und ungewöhnlich, funktioniert aber sehr gut, wenn man sich darauf einlässt. Überhaupt hat man für die gesamte Darstellung einen sehr eigenen Weg gewählt. Alle Hintergründe und Charaktere sind sehr einfach gehalten und wirken, wie auch die Animationen, geradezu altmodisch. Als würde man einen Jahrzehnte alten Anime schauen. Dies sollte man nicht mit billig produziert verwechseln, denn wer genau hinsieht, der kann sehr wohl erkennen, wie aufwendig die Animationen eigentlich sind. Der Soundtrack fügt sich wunderbar ins Gesamtbild ein und vermittelt Hoffnung und Fröhlichkeit, ebenso wie Schwermut und Trauer, ganz wie der Film selbst.

Der einzige echte Kritikpunkt ist der streckenweise etwas zu hektische Ablauf der Geschichte. Der Verlauf der Tage des Krieges wird manchmal zu einer Montage aus Tagen, die so schnell von einem zum nächsten springen, dass es manchmal schwer fällt dem Gesehenen zu folgen. Das nimmt dem Film zwar nichts von seiner emotionalen Wirkung, hätte sich mit ein paar Minuten mehr Laufzeit aber sicher besser lösen lassen.

© Fumiyo Kouno/Futabasha/Konosekai no katasumini Project. All rights
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FAZIT

In This Corner of the World ist ein berührendes, aber keineswegs deprimierendes Drama, welches zeigt womit das einfache Volk im Krieg zu kämpfen hat, auch ganz abseits der eigentlichen Kriegshandlungen. Dargestellt auf ganz eigenwillige, altmodische Art, hat man fast das Gefühl einen zeitgenössischen Film zu sehen. Das dient dazu einen tiefer in diese vergangene Zeit zu ziehen und funktioniert prächtig. Die Schwächen im Schnitt sind nur kleine Makel an einem weiteren Kleinod des japanischen Animationsfilms.

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