Gamers.at
KonsoleReviews

Jump Force im Test

Zum 50-jährigen Jubiläum des Shūkan Shōnen Jump Magazins, ließ sich Publisher Bandai Namco und Entwickler Spike Chunsoft etwas ganz besonderes einfallen. Vor allem bei Anime-Fans sorgte die Ankündigung von Jump Force auf der E3 2018 für eine kleine Überraschung. Aus über 30 Charakteren, aus den verschiedensten Shōnen Jump Mangas, kann man dabei auswählen. Ob Monkey D. Ruffy, Naruto oder Son Goku – es sind fast alle mit dabei! Bleibt nur die Frage, ob das ganze auch spielerisch etwas taugt. Aber einem generischen Fighter im Stil von Dragonball Xenoverse oder Naruto: Ultimate Ninja Storm, sollte doch nichts im Weg stehen, oder?

Das Übliche …

Wieder einmal attackiert der Bösewicht Frieza mit einer Schar an Handlangern die Erde, doch diesmal ist es unsere Welt. Unsere? Ja! Denn aus einem mysteriösen Grund wurden dutzende von Helden und Schurken der Shōnen Jump Mangas aus ihren Universen in das unsrige geholt. Im Kampf gegen seinen Erzfeind Goku werden schließlich wir, die Spieler, durch ein Unglück umgebracht. Im Sterben liegend, werden wir glücklicherweise von Trunks und einem Gehilfen wiederbelebt. Mit neuer Frische und gewonnenen Superkräften werden wir in das Heldendasein eingeweiht. Nun liegt es an uns, den unerklärlichen Ereignissen auf den Grund zu gehen …

Die Handlung des Spiels ist an sich nicht ganz schlecht, aber natürlich keine Meisterleistung – sollte jedoch auch nicht unterschätzt werden. Wer sich hier aber etwas mehr an Tiefe erwartet liegt falsch. Jump Force orientiert sich an typischen Mangas, sowohl bei den Charakteren, als auch bei der Geschichte. Mehr als eine klassische Heldenreise ist also nicht drinnen,dabei hätte die Geschichte deutlich mehr Potential gehabt. Mit so vielen verschiedenen Individuen wäre eine deutlich größere Anzahl an Szenarien möglich gewese, welche die Interaktion zwischen den Charakteren weitaus mehr zur Geltung hätte bringen können. Das Duell zwischen den beiden legendären Schwertkämpfern Kenshin und Zorro zählte für mich beispielsweise zu einem der besten Momente in der Handlung.

Madame Tusssauds

Zusätzlich zur etwas oberflächlichen Story ist es auch das visuelle Feedback, bei dem dann auch der größte Fan den Kopf schütteln muss. Die Zwischensequenzen sind mit Abstand das schrecklichste, was ich zu Gesicht bekommen durfte. Keine Ahnung wie es dem Entwicklerstudio Spike Chunsoft gelungen ist, so am Ziel vorbeizuschießen. Die Animationen sind eine Frechheit! Versteht mich nicht falsch, während dem Kämpfen sieht Jump Force gut aus, sogar sehr gut. Die Animationen laufen flüssig vonstatten und jeder Charakter fühlt sich lebendig an, aber was auch immer bei den Zwischensequenzen passiert ist, hätte nicht sein dürfen. Die Charaktere bewegen sich wenig bis gar nicht und stehen meist nur untätig da, manchmal sogar ganz statisch. Ebenso fühlen sich die Gesichter an, als wären sie Masken, da diese immer den gleichen Ausdruck haben. Darüber hinaus sieht es so aus, als würden die Charaktere aus Plastik bestehen, fast schon als wären sie schlechte Action-Figuren. Natürlich könnte man argumentieren, dass alle Protagonisten auf den gleichen Stil reduziert wurden, aber dennoch werde ich das Gefühl nicht los, als hätte sich ein Hobby-Programmierer sich um den Story-Modus gekümmert. Dazu komm noch, dass man Zwischensequenzen nicht einmal überspringen kann und macht das Ganze nur noch trauriger. Mir bleibt nur die Frage, warum man die Handlung nicht gleich ganz verworfen und sich mehr auf das eigentliche Spiel konzentriert hat .

Jedoch muss ich zugeben, dass die Animationen in den Kämpfen selbst unglaublich gut umgesetzt wurden, noch besser sind die Effekte. Selten habe ich ein Spiel gesehen, dass hierbei so eine brillante Leistung zeigt. Die Bewegungen der Charaktere fühlen sich flüssig an und sind auf jeden Charakter gut abgestimmt. Selbst kleine Macken der Charaktere kommen zum Vorschein, wie beispielsweise die nennenswerten Narben auf Zorros Brust. Aber natürlich kämpft man nicht nur mit Fäusten, sondern auch mit seinen ikonisch, individuellen Kampftechniken, die noch einmal mehr erstaunlich inszeniert sind. Ob Rasengan, Kamehameha oder Dekus Smash Angriffe, das Spiel lässt keine Wünsche offen.

Die akustische Umsetzung des Spiels ist ebenfalls gut gelungen und die japanische Vertonung, welche nebenbei leider auch nur die einzige ist, bietet die Originalsprecher der dazugehörigen Animes für alle Charaktere. Das Spiel kann dennoch ohne Probleme mit Untertiteln gespielt werden.

Was noch zur Technik erwähnt werden muss, sind die unsagbar langen Ladezeiten und das ständige Ruckeln der Kamera und die nicht konstante Framerate. Getestet habe ich Jump Force auf der Xbox One, was aber keine Entschuldigung für schlechte Performance sein sollte. Die Ladezeiten des Spiels sind nämlich derart lange, dass ich beim Warten auf die nächste Zwischensequenz andere Tätigkeiten erledigen konnte, um mir damit die Zeit etwas zu überbrücken. Ein No-Go! Auch dass bei manchen Spezialangriffen das Spiel kurz auf eine Framrate von bis zu 15 FPS sinkt, ist inakzeptabel.  Zwar weniger frustrierend, aber doch nervig ist zu guter Letzt die Kamera, die bei zu viel Action einfach wild um sich schlägt und im Eifer des Gefechts nichts mehr erkennen lässt.

Kurzer Spaß

Ist man zu Beginn der Geschichte und nach seinem Tod wieder im Reich der Lebenden erwacht, bekommt man die Möglichkeit sich seinen eigenen Charakter zu erstellen. Hier hat man eine relative moderate Anzahl an Auswahlmöglichkeiten. Wie sonst auch immer gibt es die Möglichkeit sich verschiedene Haare, Outfits usw. auszusuchen. So tiefgehend wie beispielsweise bei Die Sims ist es zwar nicht, das muss es aber auch gar nicht. Gleich nach dem Erstellen seines Helden bekommt man die Möglichkeit, sich einen von drei Kampfstilen auszusuchen. Dieser, aber auch die einzigartigen Fähigkeiten des Spielers, können im Verlauf des Spiels geändert werden und bieten somit eine augenscheinliche Tiefe.

Aber auf den Story-Modus möchte ich auch gar nicht weiter eingehen, denn schließlich ist mir wichtig, wie sich Jump Force als Fighting-Game auszeichnet und nicht, wie mein Charakter sich im Laufe einer mittelmäßigen Handlung mit schlechten Zwischensequenzen entwickelt.

Jump Force fühlt sich anfangs ziemlich straight-forward an, fast schon zu einfach für meinen Geschmack. Normaler Angriff, schwerer Angriff, beide davon sind aufladbar. Zusätzlich drei Spezialangriffe und eine Awakening-Fähigkeit. Zu guter Letzt noch ein paar Möglichkeiten auszuweichen, beziehungsweise zu blocken, ein Griff, und voilà, das war es dann auch schon. Um ehrlich zu sein: Ja, der Mehrspielermodus macht Spaß, sehr sogar, aber auch nur so lange man sich damit nicht tiefergehend auseinandersetzt. Warum? Weil es dem Kampfsystem an Komplexität mangelt. Mit wenig Erfahrung und einem ebenbürtigen Gegner ist es leicht mit Jump Force seinen Spaß zu finden, da man aufgrund von automatischen Kombos und den schön-aussehenden Effekte auch ohne große Erfahrung schnell in das Spiel reinfinden wird.

Sobald man aber tiefer in die Materie eintaucht, ändert sich dies. Das anfangs schnelle, fetzige Gameplay entwickelt sich zu einem langwierigen ausharren, indem man auf Fehler des Gegners wartet. Das Blocken ist nämlich viel zu stark und zerstört meiner Meinung nach den Spielfluss. Die einzige Möglichkeit einen solchen Block zu unterbrechen ist es, den Gegner zu greifen – was aber wiederum gekontert werden kann. Natürlich gehören Abwehrmöglichkeiten in das Bewegungs-Repertoire eines Fighting-Games und ist sogar ein essenzieller Aspekt davon, aber für mich als Genre-Fan war es selten so frustrierend. In vergleichbaren Spielen wie Naruto: Ultimate Ninja Storm wurde dies eindeutig besser gelöst.

FAZIT

Es ist bedauerlich, dass ein eigentlich gutes Spiel wie Jump Force an derart fehlendem Feintuning leidet und deswegen für mich in der Kategorie „unterdurchschnittlich“ einzuordnen ist. Dabei wäre es an sich gar kein schlechtes Spiel, wenn sich die Entwickler nur etwas mehr Zeit genommen hätten. Natürlich sind solche Kritikpunkte wie die Animationen in den Zwischensequenzen oder die langen Ladezeiten verkraftbar, wenn wenigstens das Gameplay für sich sprechen würde. Doch nicht einmal dabei hat Entwickler Spike Chunsoft ins Schwarze getroffen. Die viel zu simple Spielgestaltung lässt kaum taktische Tiefe zu und macht ein kompetitives Kräftemessen fast unmöglich. Dieser Umstand wird durch Framerate-Einbrüche zusätzlich noch verstärkt. Wer sich mit Jump Force also ein Fighting-Game erwartet, welches auch Langzeitmotivation bietet, den muss ich leider enttäuschen. Zwar glänzt das Spiel mit einer ereignisreichen Inszenierung, aber dennoch gibt es unter der Haube nichts, was längerfristig vor den Bildschirm fesselt. Jump Force ist vielleicht für Anime und Manga Fans einen Blick Wert, aber auch nur dann, wenn es dann irgendwann einmal als Budget-Titel erscheint.

Was ist Jump Force? Ein Fighting-Game basierend auf den Shonen Jump Mangas.
Plattformen: PC, Xbox One, Playstation 4
Getestet: Xbox One
Entwickler / Publisher: Spike Chunsoft / Bandai Namco
Release: 15.Februar.2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 5.6

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 6 | Spieldesign: 4 | Motivation: 4

Ähnliche Beiträge

Kommentar abgeben