Gamers.at
KonsoleReviews

The Long Dark im Test

Für all diejenigen, die immer schon wissen wollten wie lange sie so in der kanadischen Wildnis überleben könnten, gibt es gute Neuigkeiten: Die Survival Sandbox The Long Dark von Entwickler Hinterland Studio, ursprünglich Ende 2017 für PC, PS4 und Xbox One erschienen, hat es endlich auch auf den Nintendo Switch geschafft. Nun durfte ich mir ansehen wie gut sich das Konzept des brutal realistischen Survival Abenteuers auf eine portable Konsole übertragen lässt.

Der Wind heult, außer Schnee bedeckten Bäumen und Felsen ist weit und breit nichts zu sehen und meine Körpertemperatur sinkt schneller als ich „Hypothermie“ sagen kann. Aber was erspähe ich da am Boden vor mir? Drei kleine Steinchen. Gut, Pizza wäre mir lieber, aber in The Long Dark nimmt man besser was man kriegen kann. Sollte ich später etwa auf einen Hasen treffen, könnte ich diesen mit einem gezielten Wurf eines Steins außer Gefecht setzen. Wer nun schon unglücklich darüber wäre Kaninchen mit Steinen bewerfen zu müssen, wird sicherlich keine Freude damit haben was danach passiert. Denn während einem Animationen erspart bleiben wenn man Tiere häutet, trifft dies nicht zu wenn es darum geht besagtem Karnickel wortwörtlich den Hals umzudrehen. Wer in The Long Dark auch nur seine erste Nacht überleben will, hat schwierige Entscheidungen zu treffen. Dabei geht es nicht nur darum ob man es mit seinem Gewissen vereinbaren kann ein Tier zu töten, sondern auch darum wieviel Brennholz man auf einmal mit sich herumträgt und welche Ausrüstung in der aktuellen Situation am nützlichsten ist. Immerhin ist der Platz in einem Rucksack begrenzt, mal abgesehen davon, dass man das ganze Zeug ja auch herumtragen muss. Wer zu schwer packt, riskiert zum Beispiel einen verletzten Knöchel – eine Wunde die einem in der Wildnis schnell zum Verhängnis werden kann. Natürlich stellt sich dieses Problem sowieso nur wenn man genug Glück oder Erfahrung hat, entsprechend Feuerholz und Werkzeuge zu finden.

Nicht allein in die lange Nacht

Neben dem Sandbox Erlebnis, das sich darauf beschränkt einem alles an Einfallsreichtum abzuverlangen, um so lange wie möglich, auf sich allein gestellt, zu überleben, bietet The Long Dark noch einen Story Modus. Dieser schwächt die Elemente des Überlebenskampfes etwas ab, um eine Geschichte zu erzählen. Im Gegenzug wirkt die Welt etwas lebendiger. Das liegt nicht nur daran, dass die Charaktere auf die man trifft noch nicht alle erfroren sind. Zusätzlich wirken nämlich auch Umgebungen interessanter, die durch kleine Details und die eine oder andere Entdeckung zur Erzählung beitragen. Ebendiese wird episodisch abgehandelt, wobei die erste Staffel aus 5 Folgen besteht. Davon wurden bisher lediglich die ersten drei veröffentlicht. Entgegen mancher Trends sind glücklicherweise alle fünf Episoden von Staffel 1 im Kaufpreis enthalten. Der nächste Teil der Story befindet sich zwar in Arbeit, musste jedoch aus gegebenem Anlass auf Anfang 2021 verschoben werden. Für Fans der gruseligen Jahreszeit gibt es in der Zwischenzeit ein besonderes Extra: Von Ende Oktober bis Mitte November kann man einem Event beitreten in dem sich der harsche Wildnis-Überlebens-Simulator in ein Survival-Horror-Abenteuer verwandelt. Neben Mutter Natur selbst versucht einem darin auch noch ein übernatürliches Wesen den Garaus zu machen.

Taube Finger oder unpräzise Steuerung?

Der Wind nimmt an Intensität zu. Schnee beginnt zu fallen und es wird immer schwerer zu erkennen wohin ich eigentlich laufe. Doch mein Gedächtnis lässt mich nicht im Stich. Irgendwo am Rande des zugefrorenen Sees hatte ich kurz zuvor eine kleine Holzhütte erspäht. Der Sturm bricht in seiner ganzen Macht über mich herein, doch ich schaffe es noch bis zur Hütte. Ich erlaube mir den Holzofen großzügig anzuheizen. Denn so gefährlich ein Schneesturm sein kann, er schüttelt auch Zweige von den nahegelegenen Bäumen, die ich später zur Benutzung als Feuerholz einsammeln kann. Ein paar Stunden später, die Nacht überlebt, verlasse ich die Hütte auf der Suche nach besagten Ästen. Weit muss ich dafür nicht durch den Schnee stapfen, die eigentliche Herausforderung ist es die kleinen Objekte aufzuheben. Leider liegt das nicht daran, dass The Long Dark vor Frost taube Finger simuliert, sondern an der fummeligen Steuerung. Ein Joystick ist nun mal kein 1:1 Ersatz für eine Maus. So greife ich einmal links, einmal rechts an einem Zweig vorbei. Bis ich endlich auf die Idee komme die Übersteuerung der Kamera auszugleichen, indem ich mich gleichzeitig in die entgegengesetzte Richtung bewege. Geht doch. Wirklich Spaß macht das aber nicht. Dieses Problem tritt an anderen Stellen ebenso auf. Etwa bei der an früherer Stelle erwähnten Hasenjagd, oder wenn man versucht die kleine Kanne voller Wasser vom Lagerfeuer zu nehmen.

Der Schnee ist nicht das einzige was hier matschig ist

Auch rein grafisch kann die Portierung nicht ganz mit den anderen Plattformen mithalten. Das fehlende Gras in der Landschaft möge man noch verzeihen. Insbesondere da dieser Umstand gewisse Vorteile bietet. Immerhin fällt es so erheblich leichter jene Flora zu finden, die essbar, oder anderweitig verwertbar ist. Was mehr auf die Stimmung drückt sind allerdings die doch sehr matschigen Texturen. In der winterlichen Einöde der kanadischen Wildnis vermisst man jedes bisschen Kontrast nur umso mehr. Desto unverständlicher sind die eher langen Ladezeiten. Jedes Mal wenn man ein Gebäude betritt oder verlässt, heißt es einige Sekunden warten bis es weitergeht. Steht man dann im Freien und sieht die verschneite Landschaft die sich vor einem ausbreitet, wirken diese Probleme dann aber doch nicht mehr ganz so wichtig. Die Geräuschkulisse trägt ihr Übriges dazu bei so richtig herauszustreichen wie einsam und der Natur ausgeliefert man in The Long Dark ist. Kopfhörer sind hier empfehlenswert, um alle Vorteile des direktionalen Sounds genießen zu können. Fairerweise sei dazuzusagen, dass die eingebauten Lautsprecher der Nintendo Switch hier auch gute Arbeit leisten und durchaus ausreichend sind.

FAZIT

Bei allen Mängeln zeigt sich The Long Dark immer noch als ein durchaus interessanter und herausfordernder Titel. Dass die Grafik auf der Nintendo Switch mit einem entsprechend starken PC nun mal nicht mithalten kann ist zwar schade, aber verständlich. Die schwammige Steuerung jedoch hätte besser gemacht werden können. In einem Survival Abenteuer kann es besonders frustrieren, wenn man aufgrund dieser wertvolle Sekunden verschwendet. Insbesondere für neue Spieler könnte die Nintendo Switch Version allerdings durchaus eine Chance bieten The Long Dark für sich zu entdecken. Wer es hingegen schon auf anderen Plattformen gespielt hat, könnte von der fummeligen Steuerung und der sichtbar schwächeren visuellen Qualität enttäuscht werden.

Was ist The Long Dark? Eine gnadenlose Wildnis Survival Simulation
Plattformen: Nintendo Switch, PC, PS4, Xbox One
Getestet: auf Nintendo Switch
Entwickler / Publisher: Hinterland Studio / Hinterland Studio
Release: 17. September 2020 (Switch)
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 7.2

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 4 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

Ähnliche Beiträge

Kommentar abgeben