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Millennia im Test

Große Anführer führen ihre Völker durch schwierige Zeiten und erschaffen Zivilisationen, die Jahrhunderte lange die Welt beherrschen. Im neuen 4X Spiel von Paradox könnt ihr so ein Anführer werden! Oder euer Kuhdorf wird von benachbarten Höhlenmenschen ausgelöscht, wenn ihr doch kein so großer Anführer seid.

Paradox versucht, mit seinem neuen Release Millennia am 4X-Thron von Civilization zu sägen. Mal sehen, ob ihnen das auch gelingt. Das Genre der rundenbasierten 4X-Spiele ist ja recht hart umkämpft, aber kaum ein Spiel kommt an die Qualität und Popularität von Civilization VI heran. 4X ist ein Subgenre der Strategiespiele. Der Begriff ist ein loses Akronym für „erforschen, erweitern, ausbeuten und ausrotten“ (Explore, Expand, Exploit, Exterminate) und wurde 1993 geprägt, um das Gameplay des unvergesslichen Master of Orion zu beschreiben. 4X-Spiele bieten in der Regel komplexe Simulationen wissenschaftlicher Forschung, Wirtschaft, Diplomatie und sozialer Dynamik. Brauchbare aktuelle weitere Vertreter des Genres sind beispielsweise Old World oder Humankind.

Die Einstellungsmöglichkeiten für eine neue Partie von Millennia sind jedenfalls bereits ganz ok. Bis zu acht Spieler können um die Vorherrschaft auf diversen Karten kämpfen. Die Intelligenz der Computergegner kann in fünf Stufen eingestellt werden, weiters kann jeder Slot auch von einem Menschen gespielt werden. Jeder Spieler muss sein Volk auswählen, wobei natürlich unterschiedliche Völker unterschiedliche Boni haben. Bei meinen friedliebenden Indern beispielsweise bewegt sich die Bevölkerung schneller über die Karte. Viel mehr kann aber zu Beginn nicht ausgewählt werden, ich hoffe in Zukunft um noch ein paar weitere Parameter zur Anpassung an die eigenen Wünsche.

millennia ketzer

Ziel: Weltherrschaft

So wie im Genre üblich, beginnt es immer mit einer winzigen Siedlung. Ein paar Siedler entscheiden sich, an einer geeigneten Stelle ihre Siedlung zu errichten. Im Regelfall wird die Siedlung dann von einem Barbarenstamm platt gemacht, vom Nachbarkönig bis auf die Grundmauern niedergebrannt, die Bewohner verhungern oder die Siedlung wird aus irgendeinem anderen Grund nicht sonderlich alt. Eure Aufgabe im Spiel ist es natürlich, genau das zu verhindern und die kleine Siedlung zum Geburtsort eines riesigen Imperiums zu machen, das über die Jahrtausende besteht (und schließlich die ganze Welt beherrscht).

Unser Ziel ist es daher, die Grenzen unseres Reiches zu vergrößern und immer mehr Gebiete unter unserer Kontrolle zu haben. Auf der Karte gibt es immer wieder Orte, die besondere Vorteile bieten. Diese sollten wir natürlich bevorzugt unter unsere Herrschaft bringen, um die Ressourcen zu erhalten. Eigentlich bauen wir weniger unsere Städte aus, als vielmehr die ganze Region um die Stadt herum. Wir saugen quasi immer mehr von den angrenzenden Gebieten auf und gestalten die Umgebung nach unseren Befehlen. Das geht weit über das übliche Städtemanagement hinaus und ist mir in diesem Detailreichtum bisher noch in keinem 4X-Spiel so untergekommen. Wie ihr die einzelnen Waben eurer Region entwickelt, hat maßgeblichen Einfluss auf die Gesamtsituation eures Reiches. Baut beispielsweise viel Holz im Wald ab, bringt es zu einer Papiermühle, erzeugt Unmengen an Wissen durch die ganzen Bücher… die Wahl liegt an euch, die möglichen Vorgehensweisen und Lieferketten sind extrem vielfältig. Die Erweiterung der Landesgrenzen geht anfangs recht langsam voran, beschleunigt sich aber später deutlich. Zu Beginn sind auch die Barbaren echt mühsam. Während die in anderen Spielen nämlich bestenfalls nervend sind, stellen sie in Millennia eine ernsthafte Bedrohung dar und können eure Träume von der Weltherrschaft ziemlich rasch beenden. Die KI der Computergegner ist nicht schlecht, auch wenn viele ihrer Entscheidungen oft nicht nachvollziehbar sind – aber bei echten Menschen ist das ja auch der Fall. Jedenfalls sind die KI Gegner schwer zu besiegen, und mir wäre nicht aufgefallen, dass die KI schummeln kann. Die Diplomatie-Optionen sind nicht die Stärke von Millennia, aber immerhin ist es möglich, mit anderen Stämmen in Gespräche zu treten und beispielsweise Geschenke zu senden, Gold zu verlangen oder den Krieg zu erklären. Ein einzigartiges Feature von Millennia ist der National Spirit – hier wählt ihr in den verschiedenen Zeitaltern aus, wofür eure Nation berühmt sein soll (und bekommt natürlich in diesem Bereich ordentliche Boni). Silicon Valley beispielsweise, um eine High-Tech Nation aufzubauen?

Immer diese vielen Handlungsmöglichkeiten

Euer Reich generiert jede Runde ein bestimmte Anzahl von Ressourcen. Diese müsst ihr nun investieren. Lieber in den Aufbau einer Armee stecken, oder doch die Wirtschaft ankurbeln und neue Gebäude in euren Städten errichten? Im Stadtverwaltungsbildschirm entscheidet ihr euch, wo die vorhandenen Arbeiter eingesetzt werden. Holz aus dem Wald holen oder doch lieber Nahrung im Feld anpflanzen? Hier wählt ihr auch aus, ob ein neues Gebäude gebaut werden soll. Mit einem Rechtsklick bewegt ihr eure Einheiten über die Karte und erforscht die Umgebung. Bei Kämpfen mit feindlichen Einheiten wird ein Feld eingeblendet, in dem ihr die Armeen seht, wie sie sich gegenseitig bekämpfen. Schaut ein wenig aus wie einst bei den Klassikern – Battle Isle oder Panzer General – allerdings mit ganzen Armeen und unterschiedlichen Einheiten, nicht nur 1vs1 Kämpfen.

Sowohl für eine leistungsfähige Wirtschaft als auch eine starke Armee wird Forschung benötigt. Und hier greifen die Systeme ineinander – um eine große Armee aufzubauen, benötigt ihr eine starke Wirtschaft im Hintergrund, die wiederum umso leistungsfähiger ist, je bessere Technologien ihr zur Verfügung stehen. Aber auch die Armee benötigt dringend die neuesten High-Tech Waffen, um jeden Gegner nicht nur mit Masse, sondern auch mit überlegenen Waffen besiegen zu können. Ein Ritter versenkt in Millennia definitiv keinen Flugzeugträger. Millennia erfordert also – wie jedes gute 4X-Spiel – die dauernde Abwägung, in was ihr eure beschränkten Ressourcen investieren wollt. Euer Reich generiert regelmäßig Wissen, das ihr dann wiederum in bestimmte Technologien investieren könnt. Habt ihr in einem Zeitalter genügend Technologien erforscht, könnt ihr in das nächste Zeitalter voranschreiten. Das Prinzip ist hier wie bei Age of Empires, nur dass ihr nicht unter Zeitdruck agiert und die Informationsbildschirme in Millennia recht gut gemacht sind und euch bereits viel über die Vorteile von neuen Technologien/Zeitaltern usw. mitteilen. Darüber hinaus sind die Zeitalter nicht vorgegeben – ihr entscheidet, in welches Zeitalter ihr voran rückt, und da gibt es auch fiktionale Epochen mit neuen Technologien und Ressourcen (außerirdische Besucher? Steampunk? Unterwasserstädte?). Ebenso rücken auch alle anderen Völker in die neue Epoche vor. Ihr könnt eure Regierungsform sowohl verbessern als auch später ganz ändern. Wer immer schon gnadenloser Anführer in einer Diktatur sein wollte, kann diese Fantasie hier in Ruhe ausleben – mit all den Vor- und Nachteilen, die so eine Regierungsform mit sich bringt.

Wenn ihr alles erledigt habt, beendet ihr euren Zug. Anfangs geht das noch recht schnell, später kann euch ein Zug schon eine ordentliche Zeit lang beschäftigen. Kein Problem im Einzelspielermodus – aber bei mehreren Mitspielern geht das ordentlich in die benötigte Zeit. Online-Multiplayer ist möglich, aber aktuell nur rundenweise. An einem Simultanmodus wird aber gearbeitet. Einen Hotseat-Modus für bis zu acht menschliche Spieler (die hoffentlich viel Zeit zum Spielen haben…) auf nur einem Rechner gibt es aber ebenso. Bei der Online-Variante müssen beide Spieler bei ihrem Paradox Account angemeldet sein. 21:9 Auflösungen werden super unterstützt, und Millennia ist ein Spiel, bei dem der größere Bildschirm auf den Seiten auch überaus nützlich ist, um eine bessere Übersicht zu haben. Wie bei Paradox üblich, folgen neue Inhalte wohl später mit DLC. Einen Expansion Pass (mit Inhalten, die später erscheinen sollen) gibt es bereits jetzt zu kaufen.

Zusammenfassung

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