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Whispers of a Machine im Test

Wer erinnert sich noch an Titel wie Beneath a Steel Sky, Simon the Sorcerer oder an die ganze Riege an Lucas Arts Adventures der 90er-Jahre? Ehemals meine absoluten Lieblingsgames, ist es in den letzten Jahren leider sehr ruhig geworden in Sachen Point & Click. Ab und an gibt es dann aber doch noch den einen oder anderen Titel, der das Genre wieder aus seinem Dornröschenschlaf wecken möchte – Auftritt Whispers of a Machine

Zurück in den 90ern

Pixelgraphik, die gerade deshalb, weil sie nicht perfekt aussieht, ihren ganz eigenen (und sehr wohl nostalgischen) Charme mit sich bringt, bekannte Mechaniken, die Genre-Veteranen bestimmt noch im Blut haben, und das alles gespickt mit einigen modernen Upgrades, die das Altbekannte gekonnt aufwerten, ohne dem Retro-Feeling zu schaden, sowie eigenen Mechaniken, die das Erlebnis trotz Rückkehr zu alten Werten frisch gestalten – genau das erwartet euch bei Whispers of a Machine.

Das Spiel versetzt euch dabei in die Rolle der Agentin Vera Englund, die in die postapokalyptische Stadt Nordsund entsandt wird, um dort nicht etwa bloß einen, sondern gleich zwei Morde aufzuklären. Nicht so einfach in einer Welt, in der CPUs und somit jegliche Hilfe von Computern verboten ist. Aber genau deshalb ist Vera ja hier, denn eine Ausnahme gibt es dabei: kybernetische Implantate. Mit diesen kann Vera beispielsweise die Umgebung nach allgemeinen sowie spezifischen Hinweisen scannen, vorübergehend ihre Muskelkraft stärken oder – ein klein wenig wie ein Insta-Voight-Kampff-Test – ihr Gegenüber während Gesprächen analysieren, um Veränderungen in dessen Gemütszustand zu finden oder auch einfach dessen aktuellen psychischen sowie physischen Zustand zu überprüfen.

Einfühlsam, selbstbewusst, analytisch

Während viele Spielmechaniken in Whispers of a Machine wie gesagt regelrechter Genre-Standard sind – Gegenstände mittels Klick aufheben oder mit diesen interagieren, per Drag-and-Drop diverse Dinge miteinander kombinieren, durch Dialoge mit NPCs Hinweise sammeln und Events auslösen – trumpft der Titel auch mit seinen eigenen spannenden Konzepten auf. Das wichtigste darunter: In den genannten Dialogen habt ihr immer wieder drei Antworten zur Auswahl: eine einfühlsame, eine selbstbewusste sowie eine analytische. Je nachdem, welche davon ihr wählt, verändert sich Veras psychisches Profil, das ihr jederzeit per Klick auf die A-Rune in der linken unteren Bildschirmecke abrufen könnt: Empathische Antworten verschieben es in Richtung Empathie und damit gleichzeitig weg von Analytik und Selbstbewusstsein, und so weiter.

Am Ende mancher Tage – die gleichzeitig als Akte dienen; vier davon gibt es insgesamt – erhaltet ihr dann, entsprechend eures aktuellen Profils neue kybernetische Fähigkeiten, die wiederum Einfluss auf eine weitere Spielmechanik haben: Whispers of a Machine bietet euch nämlich nicht nur einen, sondern gleich mehrere Storypfade, drei Enden inklusive. Die meisten dieser Pfade werden dabei von euren erworbenen Implantat-Upgrades bestimmt; ab und zu könnt ihr aber auch einfach so Entscheidungen treffen, die den Spielverlauf entsprechend verändern. Im Endeffekt landet ihr dabei zwar immer wieder an gewissen Knotenpunkten in der Story, der Widerspielwert – bei Point & Click Adventures üblicherweise kaum bis gar nicht gegeben – steigt dadurch jedoch gewaltig an; nicht zuletzt auch deshalb, weil ihr mit anderen kybernetischen Fähigkeiten auch andere Lösungen für dieselben Rätsel finden müsst. Diese sind übrigens auch 90er-Jahre-typisch: teilweise gut versteckt, aber mit einem Adlerauge für Details dann doch durchwegs auffindbar und stets logisch. Damals wurde man eben noch nicht so sehr an die Hand genommen, wie man das heute gerne wird – und das war auch gut so.

Retro ja, veraltet nein

Auch wenn Whispers of a Machine sein Bestes tut, das nostalgische Feeling der „echten“ 90er-Jahre-Adventures wiederzubeleben – und dies auch schafft –, setzt der Titel dennoch auf das Beste, das dieses „goldene Zeitalter der Point & Click Adventures“ zu bieten hatte. So nahmen sich die Entwickler etwa ein Beispiel an Klassikern wie Beneath a Steel Sky und verpassten Whispers of a Machine eine komplette Sprachausgabe mit durchwegs guter bis sehr guter Qualität (aber lediglich auf Englisch – die Texte sind hingegen auch auf Deutsch verfügbar) sowie alle Kniffe, die Point & Clicks angenehmer gestalteten: von anzeigbaren Interaktionspunkten bis hin zu der Abkürzung von Laufwegen durch Doppelklick auf den Ausgang zum nächsten Bildschirm.

Ebenfalls sehen – oder eher hören – lassen kann sich indessen der Soundtrack. Die Melodien unterstreichen die Atmosphäre perfekt und fügen sich dabei nicht nur als angenehme Geräuschkulisse ins Geschehen ein, sondern lassen einen beim Spielen sogar ab und an zufrieden auf- und zuhören.

FAZIT:

Wenn es etwas gibt, das ich an der Spielelandschaft der 90er so richtig vermisse, dann sind das klassische Point & Click Adventures: Von Monkey Island und Discworld über Simon the Sorcerer und Indiana Jones bis hin zu Maniac Mansion, Full Throttle, The Dig und Sam & Max – ich habe sie alle gespielt und geliebt. Als alter Genre-Hase hatte ich also große Hoffnungen für Whispers of a Machine – und wurde dabei nicht enttäuscht. Das Spiel liefert nicht nur alles, was man sich als nostalgischer Zeig-und-Klick-Fan erwartet, ein regelrechtes „Best of“ der damaligen Komfort-Features inklusive, sondern obendrein auch frische eigene Konzepte, durchdachte Rätsel sowie eine spannende Sci-Fi-Story, die bis zuletzt bei der Stange hält. Von mir gibt es somit eine eindeutige Empfehlung für Whispers of a Machine!

Was ist Whispers of a Machine? Gelungenes 90er-Jahre-Style Point & Click Adventure
Plattformen: PC
Getestet: Version 1.0.3 auf PC Intel Core i7-8700K, 32GB RAM, GeForce RTX  2080
Entwickler / Publisher: Clifftop Games, Faravid Interactive / Raw Fury
Release: 17. April 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.6

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 10 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

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