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Partisans 1941 – Angespielt

Krieg ist immer eine schreckliche Sache. Der Kampf zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg war jedoch einer der brutalsten Konflikte, den man sich vorstellen kann. Beide Seiten kämpften mit äußerster Brutalität und ohne Gnade. Das war kein Krieg, das war ein Vernichtungskampf. Und genau in diesem Szenario ist das Echtzeit-Taktikspiel Partisans 1941 angesiedelt. Derzeit arbeiten die Programmierer von Alter Games in Moskau unter Hochdruck, um dem Spiel den letzten Feinschliff zu verpassen, damit es (hoffentlich) in den nächsten Wochen erscheinen kann.

Echtzeit-Taktik gemischt mit Lagermanagement

Partisans 1941 besteht einerseits vor allem aus einem Echtzeit-Taktik Teil, bei dem man seine Partisanen per Mausklick und in Echtzeit in der Landschaft umherbewegt, zum anderen aber auch aus der rundenbasierten Verwaltung des Partisanenlagers im Wald, bei der man seine spärlichen Ressourcen verteilt und Aufgaben an seine Partisanen zuweist. Man verschiebt keine großen Armeen oder Kampfeinheiten über die Landkarte, in Partisans kämpfen einzelne Menschen und man erlebt deren Schicksal in Nahansicht.

Die Handlung wird ausschließlich aus russischer Sicht dargestellt. Die Hauptfigur übernimmt ein junger Russe mit bäuerlichen Wurzeln, der während des russisch-finnischen Winterkrieges Karriere in der Roten Armee gemacht hat und nun als Hauptmann dient. Er gerät direkt nach dem deutschen Überfall auf Russland im Sommer 1941 in Gefangenschaft und soll, nachdem er einen Fluchtversuch angezettelt hat, formlos erschossen werden. Nur eine Ladehemmung rettet sein Leben und erlaubt ihm die Flucht in den Wald, verfolgt von den Deutschen ebenso wie von lokalen Kollaborateuren.

Auf den ersten Blick handelt es sich beim Echtzeit-Taktik-Teil um einen Commandos-Klon, was ja nicht so schlecht ist, weil Commandos (Pyro Studios, 1998) ein hervorragendes Spiel war. Spielt man Partisans 1941 jedoch ein wenig, zeigen sich schnell deutliche Unterschiede. Man spielt etwa keine Elitesoldaten, die spektakuläre Missionen an kriegsentscheidenden Punkten durchführen, sondern man schlüpft in die Rolle von verdreckten, halbverhungerten Partisanen ohne Munition, die sich im Wald vor den deutschen Besatzungstruppen verstecken. Langsam wird die Umgebung ausgekundschaftet, werden weitere Mitstreiter und Waffen gefunden, das eigene Lager ausgebaut und schließlich immer wichtigere (und besser verteidigte) Ziele der Deutschen und ihrer Verbündeten angegriffen. Der eine Teil des Spieles besteht im rundenbasierten Management des Partisanenlagers, der andere Teil besteht aus Schlüsselmissionen, die in (pausierbarer) Echtzeit – ähnlich wie in Commandos – gespielt werden.

Echtzeit-Taktik

Vor einer Mission stellt man sich seine Einheit aus den verfügbaren Leuten zusammen und teilt ihnen Ausrüstung zu. Die Inventarverwaltung ist wesentlich detaillierter als bei Commandos. Waffen, Munition… all das kann vor Missionsbeginn aus dem Lager genommen und einzelnen Partisanen zugewiesen werden, wobei unterschiedliche Mitglieder der Partisanengruppe unterschiedliche Fähigkeiten haben. Natürlich kann man auch der Oma ein überschweres Maschinengewehr in die Hand drücken – Sinn macht es aber wohl nicht. Vor allem zu Beginn sind Waffen, Munition und andere hilfreiche Ausrüstungsgegenstände wie beispielsweise Verbandszeug recht spärlich vorhanden.

Während der Missionen steuert man eine Gruppe von drei Mann in Echtzeit, die aber im Gegensatz zu Commandos automatisch das Feuer auf den Feind eröffnen. Vorbei sind also die Zeiten, wo der eigene Elitesoldat wehrlos am Boden liegt und von deutschen Rekruten zu Tode geprügelt wird, nur weil man als Spieler voller Hektik nicht rasch genug auf das richtige Icon klickt. Auch beginnen Einheiten automatisch zu schleichen, wenn feindliche Einheiten entdeckt werden und einen selbst noch nicht gesehen haben. Das erleichtert den Spielablauf deutlich und ist auch durchaus realistisch. Welcher nicht lebensmüde Soldat würde offen weitergehen, wenn er eine feindliche Patrouille sieht, die direkt auf ihn zumarschiert?

Man begegnet während der Missionen immer wieder Zivilisten, die sich mit den Partisanen unterhalten. Abgesehen von den Kollaborateuren, die von den Deutschen mit alten Waffen ausgestattet wurden und sie dafür bei der Unterdrückung der Bevölkerung unterstützen (und oft auch ihre eigenen Taschen füllen), unterstützt die Zivilbevölkerung die Partisanen mit Informationen, Material und auch manchmal durch aktive Mithilfe, verrät sie aber jedenfalls nicht an die deutschen Eindringlinge. Es ist möglich, Gegner und Zivilisten bei deren (Selbst-) Gesprächen zu belauschen. Meistens nur ein paar Sätze, allerdings sind es oft keine immer wiederkehrenden 08/15 Kommentare, sondern der jeweiligen Situation angepasste Konversationen. Wirklich gut gemacht. Gebäude können betreten werden, man findet darin benötigte Ressourcen wie Nahrung, Munition oder Ersatzteile. Von der Bevölkerung zu stehlen ist nicht zu empfehlen, weil dadurch die Moral der eigenen Truppen sinkt. Ist aber kein allzu großes Problem, die meisten Sachen gehören ohnehin den Deutschen.

Während der Missionen findet man immer wieder Hotspots, die manipuliert werden können. So ist es manchmal sogar möglich, ganz ohne Munitionsverbrauch kleinere „Unfälle“ herbeizuführen und dadurch feindliche Einheiten zu dezimieren… Oops, da war die Handbremse nicht angezogen. Oder oh, keine Ahnung wer die Hebebühne so plötzlich herabgelassen hat.

Im Kampf

Wenn es zu einem Gefecht kommt, hat man seine Leute hoffentlich hinter einer guten Deckung positioniert und außerdem dafür gesorgt, dass feindliche Einheiten ins Kreuzfeuer geraten oder sich auf offenem Feld befinden. Die Planung der Feuergefechte ist extrem wichtig, sonst sterben die Genossen im Kampf gegen gut ausgebildete und bewaffnete feindliche Soldaten schneller als Fliegen. Die eigenen Einheiten haben unterschiedliche Spezialfähigkeiten, mit deren Hilfe die Gefechte deutlich einfacher werden – wenn man sie korrekt einsetzt. Mein Favorit ist die Fähigkeit von Sanek, einem 14-jährigen Bub, der sich den Partisanen angeschlossen hat. Er kann seine Schrotflinte wegstecken, dämlich pfeifend in der Gegend herumspazieren und wie ein Dorfbewohner völlig unauffällig zwischen feindlichen Einheiten herumzuspazieren. Meistens jedenfalls, an manchen Orten fällt er dann doch auf.

Es ist möglich, seine Soldaten in einen defensiven Modus zu versetzen, sodass sie nicht automatisch das Feuer eröffnen, wenn ein Feind in Schussweite gelangt. Das ist sehr hilfreich, um Hinterhalte effektiv auszuführen und Gegner erst dann anzugreifen, wenn sich diese in einer für sie ungünstigen Position befinden, also irgendwo ohne Deckung. Das Spiel läuft in Echtzeit ab, kann aber – außer im höchsten Schwierigkeitsgrad – durch Tastendruck jederzeit pausiert (respektive stark verlangsamt) werden. Eigene Soldaten sterben im Regelfall nicht sofort. Wenn sie getroffen werden und keine Lebensenergie mehr haben werden Sie ohnmächtig und können nur mehr von einem ihrer Kameraden wiederbelebt werden. Zu einem Game Over kommt es nur dann, wenn während einer Mission alle drei Kämpfer bewusstlos werden. Getötete Feine kann man ausplündern, manchmal haben sie nützliche Sachen (Munition, Verbandszeug, Waffen) bei sich. Wie schon in Commandos kann man Leichen auch aufheben und irgendwo verschwinden lassen, um nicht die Aufmerksamkeit von patrouillierenden Feindeinheiten zu erwecken. Wenn dann Feinde tote Kameraden sehen, schlagen sie Alarm und beginnen, die Umgebung kurz (einige Sekunden lang…) abzusuchen… bevor Sie wieder in ihre übliche Routine zurückfallen, selbst wenn nach einiger Zeit schon ein Dutzend Ihrer Kameraden tot in der Gegend herumliegen.

Man kann den sichtbaren Bildausschnitt jederzeit zoomen, drehen oder scrollen, um sich entweder eine bessere Übersicht des aktuellen Geschehens anzusehen und um seine Truppen punktgenau zu positionieren. Feindliche (und neutrale) Einheiten verschwinden im Kriegsnebel, wenn kein direkter Sichtkontakt besteht. Ein Druck auf die Taste M öffnet eine taktische Karte, auf der man sich den gesamten Level ansehen kann. Ein Klick auf eine feindliche Einheit, und man sieht deren Sichtkegel. Nicht ganz realistisch, aber sehr hilfreich, um die eigenen Truppen gut positionieren zu können, beziehungsweise um sich an feindlichen Einheiten vorbeizuschleichen.

Partisans 1941 hat eine eigene Verletzungsmechanik. Einheiten können an unterschiedlichsten Stellen verwundet werden, was Ihre Einsatzfähigkeit je nach verletzter Stelle stark beeinträchtigen kann. Sie sollten sich unbedingt zwischen den Missionen im Feldhospital erholen, was glücklicherweise im Regelfall (und sofern ausreichend Medikamente vorhanden sind) sehr zügig funktioniert. Ich habe allerdings derzeit einen meiner besten Kämpfer mit einer massiven Hirnverletzung, weshalb er kaum noch etwas sieht und sein Kampfmesser nicht mehr werfen kann… nicht gut.

Fähigkeitsbaum

Einheiten gewinnen an Erfahrung und erhalten Fähigkeitspunkte, die man zum Erlernen von weiteren Fertigkeiten oder Verbesserungen bereits vorhandener Fähigkeiten einsetzen kann. Beispielsweise wird so die Wurfweite von Handgranaten oder die Zielgenauigkeit mit bestimmten Waffen erhöht. Der Fähigkeitsbaum ist für jeden Partisanen unterschiedlich, für jeden gibt es andere Dinge, der er erlernen und verbessern kann.

Lagermanagement

Neben den Echtzeitmissionen besteht ein wesentlicher Teil des Spieles im Management des Partisanenlagers. Hier kann man unter anderem Granaten und Verbandsmaterial herstellen und verletzte Einheiten heilen. Allerdings wird auch Nahrung benötigt – je mehr Partisanen man rekrutieren kann, desto mehr Nahrung wird verbraucht. Verhungerte Partisanen sind nicht sonderlich kampfkräftig und motiviert. Sinkt die Moral zu weit ab, leidet die Kampfkraft beträchtlich. Also sollte man sich um die Jagd, das Fischen oder das Suchen von Früchten kümmern und Partisanen dafür abstellen. Auch Gebäude können errichtet werden (zum Beispiel ein Lagerhaus oder eine Werkstatt) und natürlich muss auch die Gegend erkundet werden oder Partisanen auf (automatisch ablaufende) Missionen (etwa Propagandazettel verteilen, der lokalen Bevölkerung bei irgendwelchen Problemen helfen usw.) geschickt werden. Man erhält im Lager auch Informationen über den Fortgang des Krieges oder kann beispielsweise einen Teil seiner Nahrung für die hungernde Zivilbevölkerung hergeben. Jede Aktivität dauert einen Tag. Sobald man alle seine Truppen eingeteilt hat kann man den Tag beenden, es werden dann alle Tätigkeiten ausgeführt und der nächste Tag beginnt. Alle paar Tage erhält man eine Story-Mission, die in Echtzeit gespielt werden muss.

Die Grafik von Partisans 1941 erinnert mich an Aquarellbilder – schön animiert und von allen Seiten betrachtbar. Das Spiel ist nur teilweise vertont, die meisten Gespräche werden in Textform präsentiert. Ein Speichern während der Missionen ist – auf den normalen Schwierigkeitsgraden – jederzeit möglich. Partisans 1941 legt auch automatische Speicherpunkte an. Ultrawidescreen (21:9) wird grundsätzlich unterstützt, allerdings wird bei manchen Bildschirmen ein Teil oben und unten abgeschnitten – ich hoffe, das wird noch vor dem Release behoben, jedenfalls habe ich es den Programmierern gemeldet. Abgesehen davon sind mir aber keine Fehler aufgefallen, das Spiel ist während mehrerer Stunden kein einziges Mal abgestürzt. Die (nur an wenigen Stellen verwendete) Sprachausgabe ist derzeit in Russisch oder Englisch, die Texte sind auch in Deutsch (und einige andere Sprachen) übersetzt.

FAZIT

Feindliche Truppen in Hinterhalte locken, Minen legen, Infrastruktur in die Luft sprengen, Propagandazettel verteilen, Telefonleitungen durchschneiden, Nachschubkonvois abfangen, feindliche Vorräte vergiften, Zielpersonen eliminieren… das Tätigkeitsfeld von Partisanen ist recht umfassend. Dabei darf man allerdings nicht verhungern, sich den deutschen Truppen nicht im direkten Kampf stellen, muss sich mit einem sehr primitiven Feldspital für seine Verletzten begnügen, hat immer zu wenig Soldaten, Waffen und Munition, kaum Informationen über den restlichen Kriegsverlauf, keinen Heimaturlaub… es ist nicht leicht, ein Partisan zu sein. Partisans 1941 macht einen guten Job, einerseits ein unterhaltsames, anspruchsvolles Spiel zu bieten und andererseits auch ein wenig vom russischen Partisanenkrieg im Zweiten Weltkrieg zu erzählen. Mir ist kein anderer Titel bekannt, welcher sich des Themas bisher derart detailliert angenommen hat. Insgesamt eine klare Empfehlung an Fans historischer Echtzeit-Taktikspiele.

Was Partisans 1941? Weltkriegs-Echtzeit-Taktik ähnlich wie in Commandos gemischt mit dem rundenbasierten Management eines Partisanenlagers
Plattformen: PC
Getestet:  Version 1.0-b93-30123-PREVIEW, auf auf PC i7-3770, 24 GB RAM, GeForce GTX 1070, Win 10.
Entwickler / Publisher: Alter Games  / Daedalic Entertainment
Release: 14. Oktober 2020
Link: Offizielle Webseite

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