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Marvel’s Spider-Man: Miles Morales im Test

Wenn Sony die Launch-Titel für die neue PlayStation 5 unter das Volk bringt, dann werden Big Names benötigt. Selbstverständlich ist Spider-Man in diese Kategorie mehr als passend. Doch halt – dies ist nicht der Peter Parker Spinnenmann, den die meisten Comic- und auch Kinofans kennen. In Marvel’s Spider-Man: Miles Morales steckt ein neues Gesicht hinter der Maske der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft. Kann der junge Miles dem großen Namen alle Ehre machen?

Quer durch das Multiversum

Für all jene die sich fragen, was es denn mit diesem neuen Spider-Man auf sich haben soll: Miles Morales erblickte ursprünglich 2011 das Licht der Welt – und zwar innerhalb des Ultimate Comic Universe. Seine Schöpfer sind der – in Comickreisen bekannte – Texter Brian Michael Bendis sowie die Zeichnerin Sara Pichelli. In dem Comic Ultimate Fallout 4, welcher schon vor Miles Auftritt in seinem ersten eigenen Animationsfilm Spider-Man: Into the Spider-Verse Aufmerksamkeit erweckte und inzwischen als einer der hochpreisigsten modernen Sammler Comics gilt, trat Miles die Nachfolge Peter Parkers an, welcher zuvor verstarb. Die Ultimate Comic Reihe war Marvels Versuch eines alternativen Universums, in welchem sie bekannte Charaktere einen „moderneren“ Touch verpassen konnten. Nach dem – mehr oder weniger offiziellen – Ende des Marvel Ultimate Universe im Rahmen der 2015er Secret Wars-Storyline, war Miles Morales dann auch einer jener Charaktere, die in die offizielle Marvel Welt transferiert wurden.

Soviel als – kurzgefasste – Einleitung zum Charakter Miles. Im Spiel Marvel’s Spider-Man: Miles Morales, von Entwickler Insomniac Games, ist eben der Teenager Miles Morales, nach dem Tod seines Vaters in Ausübung dessen Polizeipflicht, mit seiner Mutter nach Harlem gezogen. Dort hat er in Peter Parker einen Freund sowie später auch Mentor gefunden. Hier schließt sich dann auch der Kreis der Geschichte der Spider-Man Videospiele. Denn Marvel’s Spider-Man: Miles Morales ist eine direkte Fortsetzung von Marvel’s Spider-Man aus dem Jahr 2018. Auch im aktuellen Abenteur wiederholte sich die Geschichte des Spider-Man und Miles Morales wurde ebenso von einer infizierten Spinne gebissen, was ihm besondere Kräfte verschaffte. Im Rahmen dessen offenbarte Peter ihm nicht nur seine Geheimidentität, sondern übernahm auch seine Ausbildung als neuer Spider-Man.

Alles neu macht der neue Spider-Man…, oder doch nicht?

Genug aber nun der ganzen Rückblicke! Was gibt es über Marvel’s Spider-Man: Miles Morales selbst zu sagen, fragt sich der geneigte Leser? Zum Glück so einiges – und meistens auch noch positiv. Spieler des 2018er Spider-Man, werden sich in Miles Welt sehr schnell heimisch fühlen. Nicht nur ist die Einführungsmission eine Mission, die Miles zusammen mit Peter absolviert. Auch die Steuerung hat sich nicht entscheidend verändert. Das Schwingen zwischen den Hochhäusern geht locker von der Hand und das Verarbeiten von Schurken zu Spinnenkokons ist ebenso noch gewohntes Terrain. Jedoch hat Miles auch genügend Unterschiede zu bieten. Hierzu gehören einerseits zwei grundlegende, neue Fähigkeiten: Eine Tarnmöglichkeit, mit welcher er sich chamäleongleich dem jeweiligen Hintergrund anpasst und somit für kurze Zeit unsichtbar werden kann. Natürlich gerade für Stealth-Spieler ein unabdingbares Geschenk. Und wenn es dann doch zum brutalen Handgemenge kommt, kann Miles mit einer elektrostatischen Aufladung, den sogenannten Venom-Fähigkeiten, den Gegnern im wahrsten Sinne die Hölle heiß machen. Nicht zuletzt eignet sich seine – von Elektro abgeschaute und nach Venom benannte – Sonderfähigkeit aber auch abseits des schnöden Kämpfes zum Lösen diverser Rätsel… und wohl auch zum Schnellbraten von Eiern.

Technik ist schick, aber gefährlich

Nach der ersten Mission, in welcher mal wieder ein Gefangenentransport des Raft Gefängnisses schief geht und unsere beiden Spinnenhelden neben einem Haufen Gangster auch ein wütendes Rhino wieder einfangen müssen, verabschiedet sich Peter dann auch gleich in den wohlverdienten Arbeitsurlaub mit MJ und übergibt einem mehr als zweifelndem Miles das alleinige Spider-Man-Mäntelchen für die Dauer des Spiels. Eine kleine Mentoren-Rolle behält Peter sich jedoch vor, da er diverse Trainingseinheiten in der Stadt versteckt hat, welche Miles durchlaufen sollte, da sie nicht nur über Fähigkeiten informieren sondern auch Erfahrungspunkte und sogar Sonderfähigkeiten liefern. Generell hat Miles neben der Hauptgeschichte und seinem Zurechtkommen mit der neuen Verantwortung jedoch bereits genug zu tun.

Im Verlauf des Spieles kann Miles sowohl durch aktive Nachbarschaftshilfe (ganz modern via App abrufbar, programmiert von Miles bestem Freund und Coderexperten Ganke Lee), als auch dem Lösen der Haupt- und diverser Nebenquests Erfahrungen sammeln. Mit dieser wird der Fertigkeiten-Baum, welcher in Marvel’s Spider-Man: Miles Morales drei Hauptabteilungen (Kampf/ Venom/ Tarnung) hat, ausgebaut. Jedoch ist dies nur ein – kleiner – Teil von Miles Entwicklung. Durch das Sammeln von Ressourcen wiederrum können diverse Anzüge freigeschaltet und modifiziert werden. Zusätzlich dazu gibt es auch noch eine Masse an Gadgets, die sich Miles sichern kann und welche das Leben als Superheld beträchtlich erleichtern. Wem das noch immer nicht reicht, der kann selbst Benchmarks knacken, wie tausend Meter an Mauern entlangzulaufen oder Gegner auf diverse Arten zu verhauen.  Auch Zeitkapseln, die Miles mit seiner Jugendfreundin Phin versteckt hat, sind eines der vielen Schnitzeljagd-Objekte in der Stadt.

Ganz im Sinne der Jugendlichkeit Miles hört sich dieser Podcasts an, während er durch die Lüfte schwingt. Die zwei Hauptkanäle hierbei sind eine junge Podcasterin namens Danika Hart und ihr Danikast, sowie der one and only JJ Jameson, seines Zeichens bester investigativer Journalist New Yorks, wenn nicht der ganzen Welt. Auch er geht mit der Zeit und der Technik, wenn auch nur widerwillig. Natürlich hat er in Miles, Spider-Mans jugendlichem Ersatz, denn auch ein dankbares Opfer für seine Wütereien gefunden. Abgerundet wird Miles technischer Auftritt zu guter Letzt auch noch durch seinen eigenen Spider-Man Social Feed, in welchem Fans und andere ihre Meinungen und Erfahrungen zu Spider-Mans Eskapaden teilen können.

I’m swinging through the Snow

Die Story von Marvel’s Spider-Man: Miles Morales selbst gewinnt hingegen keine sonderlichen Innovationspreise – nicht einmal für Spider-Man-Ansprüche. New York wird mit PR des Konzerns Roxxon überflutet, welcher eine erneuerbare Energiequelle verspricht. Wie man das so kennt, ist der Multikonzern natürlich nicht ganz so gut, wie die PR weißmachen möchte und der böse Tinkerer mit seinen Underground Anarchos wiederum eventuell nicht so böse, wie anfangs gedacht. Dass die Story schwächelt macht jedoch nichts, da es viel mehr um die Etablierung von Miles als eigenständigem Superheld geht. Sein zurechtkommen mit der Verantwortung seiner Familie, Freunden und seiner Tätigkeit als Superheld gegenüber, ist das zentrale Thema von Marvel’s Spider-Man: Miles Morales.

Vor allem die technische Präsentation ist es schließlich, welche nicht nur Miles Geschichte zu eindrucksvollem Leben erweckt. Sie reizt auch die Fähigkeiten der guten alten Playstation 4 aus, was diese jedoch gut bewältigt. Auch die Ladezeiten, welche auf der PlayStation 5 nicht existieren sollen, halten sich im Rahmen. Da sich die Geschichte zur Winterzeit abspielt, wird nicht nur die Weihnachtsatmosphäre zum Leben erweckt, auch abseits dessen werden wunderbare Schneelandschaften präsenteirt. Insgesamt bietet die Stadt ein lebendiges Feeling, nicht nur wenn Miles und sein Freund über den Weihnachtsmarkt wandern. Im normalen Spider-Man-Alltag reagieren die Einwohner New Yorks stets auf das Erscheinen von Miles im Spider-Man-Kostüm. So gibt er schon mal einem Fan High Five oder legt eine kurze Foto-Session ein. Geht es in den Kämpfen hingegen zur Sache, dann suchen die Passanten eilig das Weite und gehen in Deckung.

Mit großer Venom-Kraft kommt großes Kopfweh für die Schurken

Die Kämpfe bieten meist zwei Wege, wie man sie schon aus Spielen wie der Batman-Reihe oder eben Spider-Man kennt. Den Stealth-Weg, in dem Miles die Gegner einen nach dem anderem unter Ausnutzung des Higher Grounds ausschaltet, oder die gute alte Schlägerei, in welcher Miles sowohl Netze auswerfen kann als auch verschiedene Venom-Fähigkeiten zur Verfügung hat. Abgerundet werden die Gefechte durch sogenannte Finisher-Moves. Sowohl Venom-Fertigkeit als auch Finisher laden sich automatisch auf, wenn Miles normale Kampfhandlungen, von Ausweichen bis erfolgreichem Austeilen von Treffern, durchführt. Das Gegner-Repertoire ist insgesamt überschaubar, meist in Nah- und Fernkämpfer unterteilbar, mit einigen Schwergewichten und Affinität für technische Extras, bei denen Miles jeweils spezielle Venom-Techniken anwenden muss, um ans Ziel zu gelangen. Über Unterforderung muss sich Miles also nicht beklagen, machen die Gegner doch vor allem durch Masse wett, was ihnen eventuell an Cleverness fehlt. Für alle Spieler die es jedoch lieber ruhiger angehen lassen, hat Insomniac sogar einen Schwierigkeitsgrad eingebaut auf dem Miles schlichtweg nicht KO gehen kann. Insgesamt sind die Frustrationsmöglichkeiten dementsprechend sehr begrenzt, da das Spiel durchwegs fair und lösbar ist und die automatischen Speicherpunkte gut verteilt sind.

FAZIT

Insomniac Games hat mit Marvel’s Spider-Man: Miles Morales sowohl eine durchwegs gelungene Fortsetzung Spider-Mans letztem Videospielauftritt aus dem Jahr 2018, als auch Etablierung des Charakters Miles Morales geliefert. Da wird die beeindruckende technische Umsetzung fast schon zur Nebensache. Auch der Langzeitmotivation wurde zur Genüge gedacht. Sammlerfreunde und 100 %-Komplettisten werden an der Karte ihre wahre Freude haben. Sogar einige Spezialskills sind auf einen Game+ Durchlauf ausgelegt, ebenso wie einige der freischaltbaren Kostüme von Miles: Unter anderem eine extrem herzige Spider-Cat Variante. All dies macht Miles Abenteuer zu einem gelungenen Einstandstitel für die neue Playstation Generation, nicht nur für Spider-Man Fans.

Was ist Marvel’s Spider-Man: Miles Morales? Der zweite Eintrag in die Action-Adventure-Serie um Spider-Man von Insomniac Games.
Plattformen: PlayStation 4, PlayStation 5
Getestet: PlayStation 4
Entwickler / Publisher: Insomniac Games / Sony
Release: 12. November 2020 (PlayStation 4), 19. November 2020 (PlayStation 5)
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.6

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 10

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