Es gibt wohl kaum einen Gamer, der es nicht mitbekommen hat: Bethesda hat tatsächlich etwas Neues zur The Elder Scrolls-Reihe veröffentlicht. Auch wenn ein völlig neues Abenteuer wahrscheinlich noch einige Jahre auf sich warten lässt, dürfen wir jetzt in den unglaublich beliebten Vorgänger (des wohl noch populäreren) Skyrims eintauchen – und der dazu ebenfalls ein echten Klassiker ist: The Elder Scrolls IV: Oblivion Remastered.
Das Spiel wurde hierbei grundlegend überarbeitet und modernisiert, sodass es stellenweise kaum wiederzuerkennen ist. Ob diese Neuauflage aber auch auf ganzer Linie überzeugen kann und ob der enorme Hype gerechtfertigt ist, haben wir uns für euch genauer angesehen.
Ach, die „The Elder Scrolls“-Reihe. Wie gerne denke ich an all die unzähligen Stunden zurück, die ich in Tamriel verbracht habe – sei es allein in Skyrim oder gemeinsam mit Freunden in ESO. Die Welt von Tamriel hatte für mich schon immer ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Charme. Umso überraschter war ich, als ich von den aufregenden Leaks rund um Oblivion Remastered erfuhr! Ein Shadowdrop im April, ganz ohne große Ankündigung oder Marketingkampagne? Undenkbar – zumindest dachte ich das. Doch wie viele andere auch wurde ich am 22. April völlig überrumpelt, als das Spiel tatsächlich veröffentlicht wurde. Besser hätte es also kaum kommen können, denn die Geschichte rund um die Provinz Cyrodiil konnte ich als Kind nie wirklich ganz erleben. Und so begann für mich eine neue Reise – und zwar zurück nach Tamriel!
Die Oblivion-Krise
Nachdem wir das Spiel gestartet und unseren Charakter im grundsoliden Editor erstellt haben, beginnt das Abenteuer auch schon. Der amtierende Kaiser Uriel Septim VII. und seine gesamte Blutlinie werden von Assassinen gejagt. Um ihn in Sicherheit zu bringen, versuchen seine Leibwächter, ihn durch einen geheimen Tunnel aus der Hauptstadt zu schleusen. Dieser führt – wie sollte es anders sein – direkt durch unsere Zelle. Den Umständen entsprechend schließen wir uns der Flucht also notgedrungen an, was gleichzeitig als stimmungsvolles Tutorial dient. Ungünstig: Der Kaiser überlebt den Weg durch die Gänge leider nicht. Doch bevor er stirbt, überträgt er uns eine monumentale Aufgabe – wir sollen den letzten geheimen Erben des Reiches finden und eine kommende daedrische Bedrohung abwenden… kein leichter Auftrag.
Allgemein lässt sich sagen: Die Geschichte bleibt auch im Remaster eine der großen Stärken des Originals. Die Entwickler sind der ursprünglichen Handlung weitgehend treu geblieben – und das ist auch gut so. Zwar ist die Hauptquest mit rund 20 Stunden (je nach Spieltempo) nicht allzu lang, dafür aber spannend inszeniert, mit markanten Charakteren und gelungenen Höhepunkten. Ergänzt wird das Ganze durch eine Vielzahl an Nebenquests und optionalen Fraktionen, denen man sich anschließen kann – etwa der Diebesgilde, der Dunklen Bruderschaft oder der Kriegergilde. Wer hier wirklich alles erleben möchte, darf sich problemlos auf mehr als 60 Stunden Spielzeit einstellen. Und als wäre das nicht genug, sind auch die beiden Erweiterungen Knights of the Nine und Shivering Isles enthalten, die jeweils ihre ganz eigenen, hochwertigen Geschichten mitbringen. Für einen Preis von 55 Euro ist dieses Gesamtpaket – gerade im Vergleich zu vielen modernen Veröffentlichungen – mehr als fair.
Das Leben als Held
Neben der Charaktererstellung gibt uns Oblivion die Möglichkeit, eine Klasse und ein Geburtszeichen zu wählen – beides bestimmt unsere Anfangsattribute und Fähigkeiten. Ein mit Schwert und Magie ausgestatteter Kampfmagier? Kein Problem. Lieber ein schleichender, präziser Bogenschütze? Gerne. Oder vielleicht ein Faustkämpfer, der nebenbei auch noch Tränke braut? Ja, ja und nochmal ja – Oblivion bietet für jeden Spielstil die passende Klasse. Wer es ganz individuell mag, kann sich sogar eine eigene Klasse erstellen und frei benennen. Doch Achtung: Diese Entscheidung sollte wohlüberlegt sein. Nach dem Tutorial gibt es keine Möglichkeit mehr, die Klasse vollständig zu ändern. Zwar lassen sich alle Fertigkeiten nach wie vor trainieren, und auch ein Magier kann jede Waffe führen – wirklich effizient ist das aber nicht. Wer das Maximum aus seinem Charakter herausholen möchte, sollte seine Wahl entsprechend anpassen und langfristig planen. Auch bei der Wahl der Ausrüstung ist Vorsicht geboten: Wer seine Tragkapazität überschätzt, wird schnell merken, dass man sich in schwerer Rüstung kaum noch fortbewegen kann. Zum Glück finden wir regelmäßig neue Waffen und Rüstungen aller Art – oft mit besonderen Effekten, die unseren Charakter im Kampf oder beim Überleben in der Welt von Oblivion unterstützen. Es lohnt sich also, stets aufmerksam zu erkunden und jede Truhe oder Ruine gründlich zu durchsuchen.
Wer schon einmal das Original oder Skyrim gespielt hat, wird sich im Kampfsystem von Oblivion Remastered schnell heimisch fühlen. Zwar ist das Kampfsystem im Kern recht simpel und läuft vor allem für Nahkämpfer schnell auf reines Button-Smashing hinaus, doch es erfüllt seinen Zweck, auch wenn es auf Dauer etwas träge wird. Wir steuern unseren Charakter entweder aus der Ego-Perspektive oder über die deutlich verbesserte Third-Person-Ansicht. Nahkämpfer haben eine breite Auswahl an Waffen zur Verfügung, mit denen sie leichte oder schwere Angriffe ausführen können – letzteres geht allerdings zulasten der Ausdauer. Magier wiederum nutzen ihr Magicka, um verschiedenste Zauber zu wirken: von zerstörerischen Feuerbällen bis hin zu nützlichen Zaubern wie der neuen Hellsicht, der den Weg zum nächsten Questziel aufzeigt – besonders hilfreich in verwinkelten Höhlen oder Dungeons. Darüber hinaus können wir unsere Fähigkeiten in Bereichen wie Schleichen, Taschendiebstahl, Alchemie, Redekunst, leichter und schwerer Rüstung sowie vielen weiteren Fertigkeiten verbessern. Und genau hier kommt das überarbeitete Levelsystem ins Spiel.
Das alte Levelsystem von Oblivion galt lange Zeit als einer der größten Kritikpunkte des Spiels – ein Punkt, den sich die Entwickler beim Remaster offensichtlich zu Herzen genommen haben. Für die Neuauflage wurde das System sinnvoll überarbeitet und an moderne Erwartungen angepasst. Zu Beginn – bei der Wahl der Klasse – erhält unser Charakter sieben Hauptfertigkeiten, in denen er besonders talentiert ist. Allgemein gilt: Fähigkeiten verbessern sich durch aktive Nutzung. Wer also wie ein Irrer durch Cyrodiil sprintet, steigert damit ganz automatisch seinen Athletik-Wert. Durch das Leveln der einzelnen Skills füllt sich unser Fortschrittsbalken zum nächsten Stufenaufstieg. Hauptfertigkeiten tragen dabei deutlich mehr zur Erfahrung bei als die übrigen, was die Bedeutung der Klassenwahl unterstreicht. Sobald ein Stufenaufstieg erreicht ist, müssen wir lediglich ein Bett aufsuchen und ein kurzes Nickerchen halten – schon dürfen wir 12 Attributspunkte verteilen. Mehr Ausdauer? Dann investieren wir in Willenskraft. Mehr Magicka? Dann ist Intelligenz gefragt. Im Original war die Anzahl der verfügbaren Punkte stark davon abhängig, welche Fähigkeiten man zuvor verbessert hatte – und nicht selten kam man mit deutlich weniger als 12 Punkten aus dem Level-Up heraus. Auf Dauer konnte das frustrierend sein. Zum Glück gehört dieses eher unschöne System jetzt aber endlich der Vergangenheit an. Übrigens: Wenn bestimmte Fähigkeiten ein höheres Level erreichen, schalten wir passive Boni frei, die unseren Charakter noch mächtiger machen – ein weiterer Anreiz, gezielt an bestimmten Spielstilen zu feilen.
Ist das noch ein Remastered?
Jetzt kommen wir zum wohl spannendsten Teil dieses Tests: Was genau ist eigentlich neu in Oblivion Remastered? Die kurze Antwort: eine ganze Menge. Die bereits erwähnte verbesserte Ego- und Third-Person-Ansicht ist nur der Anfang. Auch die allgemeine Steuerung des Charakters wurde deutlich modernisiert – inklusive überarbeiteter Bewegungsanimationen sowohl für Spieler- als auch für Nicht-Spieler-Charaktere. Ein besonders willkommener Unterschied zum Original: Wir können jetzt sprinten! Während man sich früher mit einem gleichbleibenden Lauftempo durch Cyrodiil bewegen musste, dürfen wir nun nach Belieben rennen – zumindest solange die Ausdauer mitmacht. Das macht das Erkunden der Welt deutlich angenehmer, und auch im Kampf ist es ein echter Vorteil, wenn man bei Bedarf einfach mal die Beine in die Hand nehmen kann. Sind wir doch auf dem Rücken eines Pferdes unterwegs, profitieren wir ebenfalls von flüssigeren Animationen und einer spürbar präziseren Steuerung – Reiten fühlt sich endlich so an, wie es sollte.
Auch das HUD wurde überarbeitet und präsentiert sich nun deutlich zeitgemäßer und optisch ansprechender. Dazu kommt: Jede spielbare Rasse hat jetzt ihren eigenen Akzent, was den Völkern Tamriels mehr Charakter und Individualität verleiht – ein kleines, aber wirkungsvolles Detail. Trotz dieser Verbesserungen bleibt der typische Charme der skurrilen Dialoge erhalten, wie man ihn aus dem Original kennt und liebt. Allerdings: Eine deutsche Sprachausgabe gibt es leider nicht – ein kleiner Wermutstropfen. Auch die verschiedenen Fähigkeiten abseits des Kampfes wurden sinnvoll überarbeitet – etwa durch besseres visuelles und akustisches Feedback beim Schleichen oder das überarbeitete Überredungssystem, das nun weniger willkürlich wirkt.
Auf den ersten Blick fällt vor allem eines auf: Oblivion Remastered sieht richtig gut aus – und muss sich selbst vor aktuellen Neuerscheinungen nicht verstecken. Überall, wohin man blickt, entdeckt man neue Details: Charaktere und Monster sind beeindruckend modelliert und wirken dank moderner Beleuchtung und Texturen lebendig wie nie zuvor. Auch die verschiedenen Architekturstile – vom kaiserlichen Weißgoldturm bis hin zu den ländlichen Siedlungen – überzeugen mit einem hohen Maß an Atmosphäre und Wiedererkennungswert. Besonders gelungen: Das Spiel bietet nun dynamische Tageszeiten und Wettereffekte, die Cyrodiil noch immersiver und glaubwürdiger wirken lassen. Untermalt wird das Ganze vom gewohnt großartigen Soundtrack – ob beim Erkunden weiter Ebenen, dunkler Höhlen oder majestätischer Städte. So fühlt sich ein echt gutes Abenteuer an.
Bei all dem Lob muss allerdings auch etwas Kritik erlaubt sein – vor allem in technischer Hinsicht. Zumindest auf dem PC läuft Oblivion Remastered noch nicht ganz rund. Gelegentliche Framerate-Einbrüche und kleinere Bugs trüben das ansonsten großartige Spielerlebnis. Besonders ärgerlich wird es, wenn NPCs plötzlich nicht dort auftauchen, wo sie eigentlich sein sollten – oder wenn bestimmte Ereignisse einfach nicht ausgelöst werden. In meinem Fall etwa blieb der Zugang zu einer Festung versperrt, obwohl der benötigte NPC direkt neben mir stand – allerdings weigerte er sich hartnäckig, die Tür für mich zu öffnen und so beschloss er, einfach nur die Türe anzustarren. Solche Probleme lassen sich zwar in der Regel durch das Neuladen eines Spielstands beheben, doch gerade in spannenden Momenten ist das frustrierend und reißt einen doch etwas unsanft aus der Immersion.
Zusammenfassung
FAZIT
Eines steht fest: The Elder Scrolls IV: Oblivion Remastered ist auch heute noch ein richtig gutes Rollenspiel, mit dem sowohl alte Fans als auch Neulinge ihre Freude haben werden. Die Entwickler bleiben dem Geist des Originals in vielen Punkten treu, haben aber sinnvolle Verbesserungen eingebaut, die das Spielerlebnis spürbar angenehmer machen. Dabei zeigt sich klar: Die alten Stärken – aber auch einige der alten Schwächen – sind geblieben. Oblivion punktet mit einer atmosphärischen Welt voller Geheimnisse, einem komplexen Level- und Klassensystem, gut geschriebenen Nebenquests und einer stimmungsvoll erzählten Hauptgeschichte mit interessanten Charakteren. Auf der anderen Seite wirkt das Kampfsystem auch in der Remastered-Version stellenweise etwas träge, und technische Probleme – vor allem auf dem PC – können die Immersion stören. Trotzdem überwiegen die Stärken deutlich und mit zukünftigen Patches könnten auch die letzten Schwächen noch ausgebessert werden. Am Ende bleibt Oblivion Remastered immer noch ein echtes Juwel unter den Rollenspielen – gerade für alle, die die Zeit bis zum nächsten „neuen“ The Elder Scrolls überbrücken oder einfach ein tolles RPG erleben wollen. Ich jedenfalls werde wohl noch viele Stunden in Cyrodiil verbringen – und bin sicher, dass es allen, die dem Spiel eine Chance geben, genauso ergehen wird.