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Brasilien verbietet Lootboxen für Minderjährige

Seit Jahren befinden sich Lootboxen in der Kritik. Obwohl oft mit Glücksspielen gleichgesetzt, scheinen sich Politiker mit einer Regulierung schwerzutun. Nachdem Belgien zusammen mit den Niederlanden 2018 die Speerspitze gebildet hat, zieht jetzt Brasilien nach.

Keine Verkäufe mehr, zumindest nicht an Jugendliche. Werden Sportspiele im südamerikanischen Staat etwa bald ab 18 Jahren ausgegeben?

Verbot soll in Brasilien ab März 2026 greifen

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, das Verkäufe von Lootboxen an Jugendliche verbietet. Tatsächlich ist der Verkaufsstopp lediglich ein kleiner Teil eines Gesetzespakets, das Minderjährige online besser schützen soll. Darüber hinaus sollen Entwickler beispielsweise Maßnahmen ergreifen, um Textnachrichten, Sprachchats und Videos melden zu können.

Nun stehen der Branche zwei Wege offen: Entweder werden Titel wie EA Sports FC 26 bald nur noch an Erwachsene verkauft, oder Entwickler bauen Lootboxen aus. Letzteres ist wahrscheinlicher, wie Südkorea und Belgien zeigen. In beiden Ländern hat Entwickler Electronic Arts die beliebte Fußballsimulation um FC Points beraubt. FC Points lassen sich mit echtem Geld kaufen und werden benötigt, um an Lootboxen zu gelangen. Im Spielmodus Ultimate Team sind Südkoreaner und Belgier dem Rest der Welt unterlegen, der weiter Zugang zu Lootboxen hat.

Lootboxen unter Dauerbeschuss

Lootboxen sind kostenpflichtige Inhalte, die per Zufallsprinzip Charaktere oder Skins für Waffen freischalten. Genau wie bei Sammelkarten und Überraschungseiern ist nicht bekannt, was sich in einer Lootbox verbirgt. Mitunter lassen sich nicht einmal die Wahrscheinlichkeiten für begehrten Loot einsehen.

Kritiker befürchten, dass Lootboxen Glücksspiel normalisieren. Videospielfirmen wie Activision haben Patente angemeldet, die das Matchmaking manipulieren, um Mikrotransaktionen zu begünstigen. Demnach treffen Spieler, die noch kein Geld ausgegeben haben, auf einen stärkeren Gegner, der bereits Skins oder Waffen gekauft hat. So soll nach dem Match der Eindruck bleiben, man habe wegen der fehlenden Items verloren.

Während der Gesetzgeber weltweit hinterherhinkt, breiten sich Lootboxen weiter aus. Sogar die Casino.org Empfehlungen für Österreich enthalten Spieleseiten, die den Einzahlungsbonus mit Lootboxen bestimmen. Jedoch ist an dieser Stelle ein elementarer Unterschied zu betonen: Videospiele werden an Kinder verkauft, teils ohne Altersfreigabe – in Online-Casinos ist die Registrierung hingegen erst ab 18 Jahren möglich.

Lootbox im Comiclook

In Belgien und den Niederlanden bereits abgeschafft

Belgien und die Niederlande haben Lootboxen 2018 zum illegalen Glücksspiel erklärt. Entwickler sind seitdem aufgefordert, Spiele vor dem Verkauf anzupassen. Ausgerechnet in den Niederlanden hat das Raad van State – das höchste Verwaltungsgericht – diesen Beschluss Anfang 2022 wieder aufgehoben. Lootboxen seien kein unerlaubtes Glücksspiel. In Spanien wurde ein Verkaufsverbot von Lootboxen an Minderjährige im Jahr 2022 vorbereitet. Doch diese Bemühungen verliefen letztlich im Sande.

In Österreich unterlag Electronic Arts mit seinen Lootboxen in mehreren Instanzen. Bis das OLG Wien Lootboxen 2024 für rechtmäßig erklärt hatte – und damit die früheren Urteile unwirksam machte. Nach Einschätzungen der Richter fehle das „wirtschaftliche Wagnis“, um Lootboxen als Glücksspiel einzustufen.

Warum gelten Lootboxen nicht als Glücksspiel?

Das österreichische Glücksspielgesetz definiert Glücksspiele als Spiele, deren Ausgang „ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt“ (siehe § 1 GSpG). Diese Bedingung ist bei Lootboxen eindeutig erfüllt. Schließlich ist vor dem Kauf unklar, was die Lootbox bringt. Jedoch muss dem zufälligen Spielausgang ein monetärer Gewinn gegenüberstehen. Lootboxen werden rechtlich eher mit Überraschungseiern oder Mystery-Boxen verglichen.

In der Bevölkerung wächst EU-weit – aber anscheinend auch in Südamerika – zusehends der Unmut ob dieser starren Definition. Brasilien und politische Bemühungen in anderen Ländern spenden Hoffnung, dass ein Umdenken stattfindet. Zum Beispiel glaubt die Wirtschaftskammer Österreich, dass Mystery-Boxen in manchen Fällen Glücksspiel sein könnten.

Häufig besteht das Problem darin, dass für Geschäftspraktiken wie Lootboxen Urteile fehlen, die Klarheit bringen könnten. Offensichtlich ist, dass Glücksspiele lange vor dem digitalen Zeitalter definiert worden sind. Puzzleteile, die früher wie von selbst ineinandergriffen, wollen heute nicht mehr zusammenpassen.

Verleitet zum wiederholten Kauf

Verbraucherschützer warnen des Öfteren vor Lootboxen. In einer online durchgeführten Umfrage stimmen drei von vier Gamern überein, dass Lootboxen zum mehrfachen Kauf verleiten Beinahe genauso viele Befragte sind der Ansicht, man könne in manchen Spielen nur mit In-Game-Käufen vorankommen.

Berücksichtigt man die Activision-Patente, die Käufe befeuern sollen, wäre schneller Handlungsbedarf geboten. Der ständige Kauf von Lootboxen kann in eine Spielsucht münden, die mit dem Erwachsenenalter auf andere Formen von Glücksspiel übergreift. Eltern können zwar Limits aktivieren, die sich aber gegebenenfalls aufheben lassen.

Griechenland unterbindet Online-Glücksspiel

Online-Jugendschutz betrifft nicht nur Lootboxen in Videospielen. Soziale Medien verzerren, wie Kinder und Jugendliche sich und ihre Umwelt wahrnehmen. Griechenland macht jetzt Nägel mit Köpfen: Konten bei sozialen Medien sind künftig erst ab 15 Jahren erlaubt. Internetseiten für Online-Glücksspiel sollen für Minderjährige gar nicht erst zugänglich sein. Das Gesetz tritt Ende Oktober 2025 in Kraft.

Australien hat Jugendliche unter 16 Jahren bereits von Plattformen wie Facebook und TikTok ausgeschlossen. In Griechenland soll eine App namens „Kids Wallet“ eingeführt werden, die man gemeinsam mit der EU entwickelt hat. Sie soll die Alterskontrolle ersetzen, die in Australien von den Websites übernommen wird. Bis 2026 soll für Altersnachweise ein digitaler EU-Ausweis zum Einsatz kommen. Dann könnten Social-Media-Verbote für Jugendliche in anderen EU-Ländern folgen.

Fazit: Jugendschutz steht vor digitalen Herausforderungen

Lootboxen und soziale Medien ziehen vielfach Kritik auf sich. Zu Recht: Aufgrund mangelhafter Regulierung sind junge Menschen Gefahren ausgesetzt. Dass Lootboxen bis heute in den meisten Ländern frei erhältlich sind, ist erschreckend. Dass soziale Medien das soziale Miteinander nicht unbedingt fördern, sollte auch kein Geheimnis mehr sein. Es ist Aufgabe der Politik, Jugendliche stärker als in der Vergangenheit zu schützen.

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