Nach Jahren des Wartens und einem kompletten Neustart während der Entwicklung meldet sich die Metroid-Spielreihe mit Prime 4: Beyond zurück. Der neueste Ableger soll nicht nur die Erwartungen langjähriger Fans erfüllen, sondern zugleich als technisches und spielerisches Aushängeschild für die Nintendo Switch 2 dienen. Doch gelingt es dem Titel, den Spagat zwischen klassischer Metroid-Atmosphäre und modernen Designansprüchen zu meistern – oder bleibt das Spiel hinter dem enormen Hype zurück?
Seit dem Debüt 1986 auf dem NES etablierte Nintendo mit Metroid ein Spielprinzip, das Erkundung und spielerischen Fortschritt über freischaltbare Fähigkeiten in den Mittelpunkt stellte. Mit Super Metroid (1994) wurde diese Formel perfektioniert und zum Fundament des später so bezeichneten Metroidvania-Genres. Einen radikalen, aber erfolgreichen Bruch wagte Nintendo 2002 mit Metroid Prime, das die Serie erstmals in die Ego-Perspektive überführte. Nach Metroid Prime 3: Corruption (2007) mussten Fans jedoch eine lange Durststrecke hinnehmen: Neue Hauptteile blieben aus, Experimente wie Other M spalteten die Fangemeinde. Auch die Entwicklung des vierten Serienablegers verlief turbulent. Nach einer frühen Ankündigung im Jahr 2017 wurde das Projekt 2019 vollständig neu gestartet und an das Entwicklerstudio Retro Studios zurückgegeben. Das Ergebnis, Metroid Prime 4: Beyond, ist weniger ein Neuanfang als vielmehr eine bewusste Rückbesinnung auf die Stärken der Spielreihe – und der Versuch, diese behutsam in die aktuelle Hardware-Generation zu überführen.
Im vierten Teil der Spielreihe wird Samus Aran, die bekannteste Kopfgeldjägerin der Galaxie, auf eine neue Mission an den Rand des bekannten Weltraums geschickt. Dort stößt sie auf den bislang unerforschten Planeten Viewros, auf dem eine geheimnisvolle Macht wirkt, die mit fremdartigen Energien und sogenannten psychischen Kräften verbunden ist – Fähigkeiten, die Samus im Verlauf des Spiels selbst erlernt und einsetzt. Während sie die Ursache dieser Kräfte untersucht, gerät sie zunehmend in einen Konflikt, der nicht nur den Planeten, sondern auch das Gleichgewicht ganzer Sternensysteme gefährdet.
Die Story von Metroid Prime 4: Beyond hält sich bewusst zurück und folgt der traditionellen Erzählweise der Reihe. Statt ausführlicher Dialoge oder komplexer Charakterentwicklungen erschließt sich die Geschichte hauptsächlich über Umgebungsdetails, Scan-Logs und kurze Zwischensequenzen. Letztere unterbrechen jedoch stellenweise den Spielfluss, was nicht immer zum traditionell immersiven Erkundungsgefühl der Serie passt.

Bewährte Formel
Das Gameplay von Metroid Prime 4: Beyond setzt konsequent die bewährte Formel der Prime-Reihe fort und erweitert diese lediglich behutsam um neue Mechaniken. Im Zentrum steht erneut die Erkundung weitläufiger, miteinander verbundener Spielareale aus der Ego-Perspektive. Spieler steuern Samus Aran durch labyrinthartige Umgebungen, in denen verschlossene Wege und optionale Geheimnisse erst nach und nach zugänglich werden. Der Spielfortschritt ist dabei wie gewohnt eng an neue Ausrüstungsgegenstände und Fähigkeiten gekoppelt. Die Kämpfe kombinieren klassisches Shooter-Gameplay mit taktischen Elementen: Gegner verlangen präzises Zielen, das Ausnutzen von Schwachstellen sowie den situationsabhängigen Einsatz verschiedener Waffenmodi. Bosskämpfe bilden dabei die spielerischen Höhepunkte.
Auch die Möglichkeit, sich mithilfe der Morph-Ball-Technologie zu verwandeln, kommt erneut zum Einsatz. Sie erlaubt es Samus, sich zu einer Kugel zu formen und so enge Schächte zu durchqueren, alternative Routen zu entdecken und spezielle Rätsel zu lösen. In dieser Form lassen sich zudem Bomben und Power-Bomben platzieren, um brüchige Stellen zu zerstören und neue Passagen freizulegen. Darüber hinaus bietet Beyond erstmals dedizierte Abschnitte, die vollständig im Morph Ball absolviert werden müssen. Diese erinnern stellenweise an kleine Murmel- oder Geschicklichkeitsspiele und nutzen das präzise Haptik-Feedback der neuen Joy-Cons effektiv: Spieler spüren deutlich, auf welchem Untergrund der Ball rollt oder wann eine Bombe gezündet wird.
Neuerungen
Die größte spielerische Neuerung sind die psychischen Fähigkeiten, die Samus durch ein antikes Artefakt der Lamorn erhält. Dabei handelt es sich nicht um bloße Gimmicks, sondern um ein zentrales Gameplay-Element. Der Psychic Visor erweitert etwa den herkömmlichen Scan-Visor, mit der Samus neue Artefakte sichtbar machen und nutzen kann. Ergänzt wird er durch einen psychischen Handschuh, mit dem Samus beispielsweise tonnenschwere Trümmer telekinetisch bewegen kann, um neue Wege durch die Spielwelt freizulegen. Daraus ergeben sich teils knifflige Physikrätsel.
Mit dem Control Beam lässt sich zudem die Flugbahn von Schüssen während des Flugs beeinflussen, eine Fähigkeit, die vor allem in Bosskämpfen nützlich ist, um Schwachstellen hinter Schutzschilden zu treffen oder Schalter in der Umgebung zu aktivieren, die „um die Ecke“ liegen. Psychic Bombs erweitern das klassische Bombensystem der Reihe um eine taktische Komponente: Anders als herkömmliche Bomben detonieren sie nicht nur physisch, sondern entfalten zusätzlich einen psychischen Effekt, der Gegner kurzzeitig lähmt, ihre Bewegungen beeinflusst oder Schilde destabilisiert. In Kombination mit dem Morph Ball eröffnen sich dadurch neue Rätselvarianten, bei denen Timing und Positionierung entscheidend sind.
Beim Vi-O-La (Abkürzung für Versatile Orbital Land Amphibian) handelt es sich um ein Hightech-Motorrad, das Samus von der Galaktischen Föderation zur Verfügung gestellt bekommt. Es dient als primäres Fortbewegungsmittel in den neuen Hub-Arealen, die zu weitläufig sind, um sie zu Fuß oder per Morph-Ball-Technologie zu durchqueren. Während der Fahrt kann Samus ihre Armkanone einsetzen; das Spiel wechselt dabei in eine Third-Person-Perspektive. Ein automatisches Zielerfassungssystem erleichtert es, Feinde während der Fahrt unter Beschuss zu nehmen. Wie Samus’ Anzug lässt sich auch das Vi-O-La im Spielverlauf aufrüsten: Eine Boost-Turbine erhöht die Geschwindigkeit, ein Psychic Shield reflektiert gegnerische Projektile, und ein Scanner spürt versteckte Items auf.
Obwohl die Vi-O-La-Passagen für Abwechslung sorgen sollen, bieten sie über weite Strecken nur wenig Interaktion, kaum Rätsel und selten echte Entdeckungen. Dadurch geht ein Teil der für Metroid typischen Spannung verloren, die sonst aus dem methodischen Erkunden der Spielwelt entsteht.
Switch1 vs Switch 2
Metroid Prime 4: Beyond wurde zeitgleich für die Nintendo Switch sowie für die Nintendo Switch 2 veröffentlicht. Besitzer der Version für die ältere Konsole können gegen ein 10 Euro teures Upgrade-Paket auf die Switch-2-Fassung wechseln. Die Unterschiede zwischen beiden Versionen betreffen vor allem Technik, Steuerung und Präsentation. Während das Spiel auf der ursprünglichen Switch stabil läuft, bietet die Switch-2-Version dank DLSS und dynamischer 4K-Auflösung bei 60 Bildern pro Sekunde ein deutlich schärferes Bild und eliminiert weitgehend die teils matschigen Texturen sowie das Bildrauschen der Switch-1-Fassung.
Auch wenn das Spiel auf der älteren Hardware ein technisches Kunststück mit stabilen 60 FPS bleibt, setzt die Switch 2 mit einem exklusiven 120-FPS-Performance-Modus neue Maßstäbe in Sachen Geschmeidigkeit. Hinzu kommt HDR-Unterstützung, die in Kombination mit verbesserter, dynamischer Beleuchtung sowohl Spielfiguren als auch Spielumgebung eindrucksvoll in Szene setzt und für eine spürbar immersivere Atmosphäre sorgt.
Darüber hinaus unterstützt ausschließlich die Switch-2-Version den neuen Maus-Modus der Joy-Con-2-Controller, der ein präziseres, PC-ähnliches Zielen ermöglicht. Auch das erweiterte haptische Feedback der neuen Controller wird intensiver genutzt. Inhaltlich sind beide Versionen identisch – die Switch-2-Fassung bietet jedoch das technisch rundere, flüssigere und modernere Spielerlebnis.
Zusammenfassung
Grafik
Grafisch präsentiert sich Metroid Prime 4: Beyond als eines der ambitioniertesten Spiele auf der Nintendo Switch 2. Texturen, Beleuchtung und Effekte wirken detaillierter und stimmungsvoll, besonders in Dschungel- und Höhlenabschnitten. Die Switch 2-Version bietet zwei Grafikmodi:
Qualitätsmodus (bis zu 4K bei 60 FPS) und Performancemodus (bis zu 120 FPS), inklusive lebendiger Farben und flüssiger Darstellung. Obwohl das Grafikniveau durchwegs beeindruckend ist und Beyond zu den technisch stärkeren Switch 2-Titeln zählt, erreicht es nicht ganz das Niveau aktueller Netx-Gen-Shooter.
Sound
Die Musik wechselt je nach Region zwischen stimmungsvollen Ambient-Klängen bei der Erkundung sowie treibenden, intensiveren Themen in besonders dramatischen Momenten und schafft so eine dichte Atmosphäre. Die Effekte sind detailreich und tragen viel zur Immersion bei. Insgesamt bietet Metroid Prime 4: Beyond eine klanglich eindrucksvolle Soundkulisse, wenn auch nicht ganz ohne kleinere technische Ausreißer.
Handling
Die Kernsteuerung von Metroid Prime 4: Beyond fühlt sich angenehm vertraut an. Bewegungen, Zielen und Schießen orientieren sich klar an den klassischen Prime-Ablegern und greifen deren bewährtes Spielgefühl auf. Neben der traditionellen Dual-Stick-Steuerung lassen sich auch die Gyro-Sensoren der Joy-Cons nutzen, was insbesondere in engen Korridoren oder während fordernder Bosskämpfe für zusätzliche Präzision sorgt Eine echte Neuerung stellt der Maus-Modus der Joy-Con-2-Controller dar: Wird der rechte Joy-Con auf einer ebenen Fläche geführt, ermöglicht er eine mausähnliche, äußerst präzise Steuerung mit FPS-typischem Ziel- und Kameragefühl. Man kann jederzeit flexibel zwischen klassischer Joy-Con-Steuerung, Pro Controller, Hybrid-Gyro oder dem Maus-Modus wechseln – ganz nach persönlicher Vorliebe.
Spieldesign
Das Spieldesign bleibt den Wurzeln der Reihe treu und setzt klar auf das bewährte Metroidvania-Prinzip: labyrinthartige Areale, schrittweise freigeschaltete Fähigkeiten sowie ein stetiger Wechsel aus Erkundung, Rätseln und Kämpfen. Nicht alle neuen Ideen sind dabei gleichermaßen gelungen. So wirken weitläufige Abschnitte spielerisch weniger dicht als die traditionellen Areale, und Zwischensequenzen unterbrechen stellenweise den Spielfluss. Insgesamt kann das Spieldesign jedoch überzeugen und setzt bewusst auf die Stärken früherer Prime-Teile, statt die Serie radikal neu zu erfinden.
Motivation
Die Motivation in Metroid Prime 4: Beyond basiert vor allem aus den klassischen Reizen der Spielreihe: Entdeckung und Fortschritt. Neue Fähigkeiten eröffnen nicht nur weitere Wege, sondern lad auch zum erneuten Erkunden von bereits absolvierten Spielbereichen ein. Weniger stark fällt hingegen die narrative Motivation ins Gewicht: Die Geschichte liefert lediglich den Rahmen für das Gameplay, nach dem Abspann locken vor allem lediglich versteckte Upgrades, optionale Areale und Scan-Einträge zum erneuten Durchspielen.
FAZIT
Metroid Prime 4: Beyond kann zwar durch seine dichte Atmosphäre und das vertraute Erkundungsgefühl überzeugen, gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass nicht jede neue Idee restlos aufgeht. Das weitläufigere Weltdesign wirkt stellenweise leer, das Gameplay bleibt meist konservativ und die Inszenierung erreicht nicht durchgehend die Qualität früherer Serienteile. Das Spiel setzt, abgesehen von der technisch saubere Umsetzung auf der Nintendo Switch 2, keine neuen Maßstäbe für das Genre, wer aber Geduld für Erkundung, Atmosphäre und langsame Progression mitbringt, erhält ein hochwertiges Abenteuer. Der Spielreihe durchaus würdig, aber nicht revolutionär.
