Wenn die Tage kürzer werden, die Blätter fallen und das Wetter immer öfter nicht nach draußen lockt, sondern eher nach innen drängt passen manche auch ihre Spielgewohnheiten entsprechend an. Die einen lassen ihrer melancholischen Stimmung vielleicht freien Lauf, sinnieren über das Leben in atmosphärischen Abenteuern oder erforschen düstere Welten. Andere bevorzugen es farbenfroh und fröhlich oder fordern sich – jetzt erst recht – mit anspruchsvollen Titeln, um ihr Gamer-Blut in Wallung zu halten. Onkel Tom hätte für euch alle wieder ein paar Vorschläge …
The King is Watching
Schau ma mal …
Nicht erst seit dem Home Office-Trend sind viele Firmenbosse felsenfest davon überzeugt, dass die eigenen Untergebenen in der Sekunde zu arbeiten aufhören, in der sie sich den strengen (aber natürlich gerechten!) Blicken ihrer Vorgesetzten entziehen. Genau diese weit verbreitete Angst greift das Strategiespiel The King is Watching auf und macht eine fordernde Gameplay-Prämisse daraus.
Ein kleines Reich entsteht unter den wachsamen Augen eines Königs, dessen aufmerksamer Blick – visualisiert als Rahmen unterschiedlicher Form und Größe – aber natürlich nicht überall gleichzeitig sein kann. Das Problem: Nur die Teile unseres Reiches, auf denen unser wohlwollender Blick ruht, produzieren auch Rohstoffe, Einheiten und andere wichtige Ressourcen. Überall sonst liegt die Arbeit brach …
Statt in Ruhe geplanter Produktionsketten steht also das schnelle Abwägen im Vordergrund: Soll die Verteidigung ausgebaut, die Wirtschaft gestärkt oder eine neue Einheit für den nächsten Angriff trainiert werden? Diese schnellen aber folgenreichen Entscheidungen machen den Kern des Spiels aus. Innerhalb weniger Minuten müssen Gebäude errichtet, Ressourcen verteilt und Soldaten rekrutiert werden. Gleichzeitig rücken Gegnerwellen heran, die nicht nur eine funktionierende Verteidigung, sondern auch das richtige Timing erfordern.
Visuell verlässt sich The King is Watching auf eine pixelige, charmant altmodische Gestaltung. Die Grafik wirkt schlicht, erfüllt aber ihren Zweck und lenkt nicht von der eigentlichen Herausforderung ab und auch die musikalische Untermalung ist gut, aber vorwiegend zweckmäßig.
Der ungewöhnliche und sehr ironische Gameplay-Twist verleiht dem Spiel einen eigenen Reiz. Insgesamt überzeugt The King is Watching nicht durch Größe oder Komplexität, sondern durch Reduzierung auf das Wesentliche. Es ist ein Spiel für kurze, intensive Runden, das man immer wieder gerne spielt. Wer Freude an strategischen Entscheidungen unter permanentem Zeitdruck hat, findet hier eine kompakte, spannende Herausforderung.
The King is Watching auf Steam
The Alters
Ich klone mir eine Identitätskrise …
The Alters entfaltet sich als ein ungewöhnliches Survival- und Aufbauspiel, das existenzielle Fragen rund um Moral, die Definition des Menschseins und die eigene Identität anschneidet. Unser Protagonist Jan ist als einfacher Arbeiter für einen interstellaren Großkonzern auf einem kargen, fremden Planeten gestrandet. Der Ort ist lebensfeindlich, die Ressourcen knapp, die Sonne tödlich und Jans mobile Basis sitzt fern von einem möglichen Rettungspunkt fest. Allein wäre ein Überleben ausgeschlossen. Doch durch den Einsatz einer experimentellen Technologie kann Jan alternative Versionen seiner selbst klonen, die sogenannten „Alters“. Jede dieser Kopien verkörpert ein mögliches Leben, das er hätte führen können, hätte er an bestimmten Punkten seines Lebens andere Entscheidungen getroffen.
Die zentralste Mechanik des Spiels besteht darin, diese verschiedenen Persönlichkeiten sinnvoll einzusetzen aber auch unter einen Hut zu bringen. Ein Jan, der sich für eine Ausbildung zum Mechaniker entschieden hat, kann Maschinen reparieren. Ein anderer, der ein Leben als Biologe geführt hat, bringt Wissen über Nahrung und Heilpflanzen mit und so weiter. Die Aufgaben sind klar verteilt, doch die eigentliche Spannung entsteht aus den Beziehungen zwischen den Figuren, denn unterschiedliche Lebenswege und Lebenserfahrungen haben zu sehr unterschiedlichen, teils nicht unbedingt kompatiblen Persönlichkeiten geführt.
Die „Alters“ sind keine willenlosen Werkzeuge, sondern eigenständige Persönlichkeiten mit Zweifeln, Hoffnungen und Konflikten, die es zu managen gilt. Der Rest des Spiels folgt hingegen bekannten Mustern des Genres: Ressourcen sammeln, Strukturen errichten, Systeme instandhalten. Doch anders als in klassischen Survival-Spielen eben stets unter den erwähnten sehr speziellen Herausforderungen. Und Vorsicht: Schon auf mittleren Schwierigkeitsstufen wird die Versorgung mit ausreichend Nahrung, Medizin, Strahlenfilter und Baumaterial schnell fordernd und kann in stellenweise zähes Micro-Management ausarten.
Atmosphärisch setzt The Alters auf eine Mischung aus existenzieller Beklemmung und leisen Hoffnungsschimmern. Der fremde Planet wirkt bedrohlich und gleichzeitig faszinierend, die Soundkulisse unterstreicht Isolation und Bedrängnis. So balanciert das Spiel zwischen klassischem Ressourcen-Management, psychologischer Charakterstudie und existenzieller Science-Fiction. The Alters ist ein interessantes Spiel, das dazu zwingt, sich mit den eigenen Entscheidungen auseinanderzusetzen und diese ständig zu hinterfragen.
PATAPON 1+2 REPLAY
FEVER!!
Anfang der 2000er hatten Musik- & Rhythmus-Titel Hochkonjunktur; Guitar Hero, Dance Dance Revolution, Frequency, Amplitude und viele andere begeisterten Millionen. Mit PATAPON 1+2 Replay kehren zwei Rhythmusspiel-Klassiker für die PlayStation Portable in überarbeiteter Form zurück und zeigen, dass man Taktklopfen durchaus mit taktischem Denken kombinieren kann.
Man kontrolliert im Spiel kein Individuum, sondern gleich ein ganzes Volk: die kleinen, schwarz-weißen Patapons. Diese kuriosen Krieger gehorchen ausschließlich den Trommelschlägen ihres „Gottes“ (= den Spielenden). Durch eine Kombination aus vier verschiedenen Trommeln werden Kommandos wie „Vorwärts – Marsch!“, „Angriff“ oder „Verteidigung“ gegeben. Wer den Rhythmus verliert, stürzt das Heer ins Chaos und schwächt es; wer den Takt hält, entfesselt mächtige „Fieber“-Kombos, welche die Armee in einen ekstatischen, fast unbesiegbaren Rausch versetzen.
PATAPON besticht durch einen einzigartigen visuellen Stil: minimalistisch, fast schattenrissartig, aber voller Charme, die Schlachten wirken wie ein abstraktes Schattenspiel. Jede Mission mischt Strategie und Timing, sei es beim Erstürmen feindlicher Lager, beim Jagen wilder Kreaturen oder im Kampf gegen übergroße Boss-Monster.
Die überarbeitete Version von PATAPON 1+2 nutzt die Möglichkeiten moderner Hardware um die stilisierte Grafik zu schärfen, inhaltlich bleibt jedoch alles beim Alten: die Reise des Patapon-Stammes auf der Suche nach dem sagenumwobenen „Earthend“. Während Teil 1 den Grundstein für die Mischung aus Rhythmus und Strategie legt, erweitert Teil 2 das Konzept durch neue Einheiten und umfangreichere Missionen.
PATAPON 1+2 Replay zeigt, dass der Spagat zwischen künstlerischem Experiment und zugänglichem Spielspaß gelingen kann. Die Mischung aus Musik, Strategie und minimalistischem Design bleibt auch Jahre nach der Erstveröffentlichung unverwechselbar und beweist, dass ein gutes Konzept nicht so schnell alt wird.
Drill Core
Zu tief haben wir dort gegraben …
Drill Core ist ein Roguelite-Abenteuer, das Minenbau mit Ressourcenmanagement und prozedural generierten Herausforderungen verbindet. Im Kern steht das Bohren: Mit einer mächtigen Bohrplattform, die gleichzeitig als ausbaubare Basis fungiert, arbeitet man sich immer tiefer in den Mantel unterschiedlicher Planeten. Dabei werden wertvolle Mineralien und seltene Rohstoffe gesammelt, doch je weiter es hinabgeht, desto größer werden die Gefahren. Denn nicht nur einstürzende Tunnel, Feuergeysire und feindseligen Kreaturen lauern in den Tiefen. Ist die Tagschicht zu Ende geht es in der Nacht nämliche erst richtig los: Während unbesiegbare Riesenwürmer die Mine unsicher machen, attackieren von oben Wellen von Ungeheuern unsere Bohrplattform. Vermutlich gefällt ihnen nicht, dass wir nahe dem Planetenkern eine Bombe detonieren lassen möchten, um die Ökologie des Planeten nachhaltig zu ändern. Wurde das noch nicht erwähnt?
Das Spiel lebt von seiner Balance aus Strategie und Risiko, fast jeden Spieltag gilt es abzuwägen: Wer tiefer gräbt, kann größere Belohnungen einstreichen, riskiert aber zugleich, alles zu verlieren, wenn der Bohrer zerstört wird. Zwischen den Abenteuern lassen sich neue Ausrüstungen, Bohrplattformen und nützliche Hilfsmittel freischalten, was den Fortschritt spürbar macht und zu weiteren Versuchen motiviert.
Optisch setzt Drill Core auf einen stimmungsvollen Pixel-Stil – enge Schächte, funkelnde Kristalle und bedrohlich schimmernde Schatten verleihen die gewünschte Stimmung. Wer Roguelite-Mechaniken schätzt und eine Vorliebe für düstere, gefährliche Unterwelt-Szenarien hat, findet hier ein intensives Spielerlebnis, das gleichermaßen fordert wie belohnt.
















