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Project Cars 2 im Test

Der Rennspiel-Herbst hat begonnen und Project Cars 2 wirft sich in die Pole Position. Ob es in den kommenden Wochen dann von der starken Konkurrenz wie Forza 7 oder GT Sport überholt wird bleibt abzuwarten. Project Cars 2 hat auf jeden Fall das Zeug, um aus dem Rennen als Sieger hervorzugehen, doch auch leider einige Schwachstellen, die zu einem technischen Gebrechen führen könnten. Viel Content ist nicht immer das A und O, aufgrund einiger Dinge wird Project Cars 2 weiterhin eher ein Hit für Enthusiasten bleiben, der Hobby Rennfahrer wird auf Dauer eher zur Alternative greifen.

Project Cars hat 2015 mit seinem Crowd-Funding für viel Aufsehen gesorgt. Die Grafik war detailreich und sehr imposant, tolle Wettereffekte und eine sehr fein abgestimmte Fahrphysik ließen die Herzen der Renn-Sim-Pros höher schlagen. Der Hype war groß, das Game ein voller Erfolg. Natürlich kommt also nun der Nachfolger, macht vieles besser, aber auch leider immer noch einiges falsch, denn die Entwickler haben einige fragwürdige Design-Entscheidungen getroffen, die für mich nicht wirklich nachvollziehbar sind. Ob es ihnen am Ende die Antriebswelle brechen wird?

Karriere Fail

Wer in Project Cars 2 auf einen tollen Karrieremodus gehofft hat, der wird bitter enttäuscht. Bieten andere Spiele des Genres mittlerweile Dinge wie Verhandlungen mit Sponsoren, Gespräche mit Technikern und schöne Cutscenes und Siegerehrungen, bekommt man hier leider nichts davon geboten. Ihr könnt euch entscheiden in welcher Rennklasse ihr beginnen möchtet und euch dann unspektakulär nach oben arbeiten. Eure Siege werden mit einem „Herzlichen Glückwunsch!“ abgewunken. Belohnungen für eure Mühen dürft ihr aber nicht erwarten. Motivation sieht anders aus! Für Freunde von Simulationen vielleicht kein großer Kritikpunkt, wird hier trotzdem viel Potential für den Renn-Neuling verschenkt, der sich gerne an eine Simulation heranwagen möchte, aber zumindest einen roten Faden durch die Karriere erwartet. Wer sich aber gerne selbst für seine Anstrengung auf die Schulter klopft und einfach nur gerne ein Rennen nach dem anderen absolviert, der wird hier nichts zu meckern haben.

Massenhaft Content

9, 60, 180! Das sind die wichtigsten Zahlen zu Project Cars 2. In neun Rennklassen könnt ihr euer Können unter Beweis stellen. Darunter befinden sich Dinge wie Kartracing, Rally-Cross, DTM, Formula und Indie Car. Alle „wichtigen“ Motorsportarten sind vertreten, für jeden Zocker sollte also das richtige dabei sein! Gefahren wird auf 60 unterschiedlichen Strecken. Zum Teil sind diese lizenziert wie zum Beispiel der Nürburgring mit der legendären Nordschleife. Ein paar fiktive Strecken gibt es aber natürlich auch. Die Strecken selbst sind sehr schön gestalten und lassen kaum Raum für Kritik. Lediglich bei Stadtrennen fehlt es an Details im Hintergrund und die Umgebung wirkt leb- und lieblos. Aber das ist schon Kritik auf höchstem Niveau! Und befahren könnt ihr diese vielen Strecken mit über 180, teils lizenzierten, teils erfundenen, Karossen! Klar, alles was Rang und Name in der Rennsportwelt hat ist dabei. Die Lizenz für Formel 1 ist halt zum Beispiel bei Codemasters, hier muss man mit der kreativen Alternative der Entwickler leben, oder zum lizenzierten Spiel greifen. Die Autos sind wie schon im ersten Teil bis ins kleinste Detail gestalten. Fotorealismus pur!

Egal ob ihr mal schnell ein paar Runden drehen möchtet oder euch einem 24 Stunden Renner stellen wollt, an alles wurde gedacht. Begleitet werden eure Rennen von bis zu vier dynamischen Wettereffekten die auch stets wechseln können. Wer bei Nacht in einem Blizzard sein Können zeigen will, viel Spaß, hier ist es möglich. Die Hilfsmittel sind ebenfalls wie im ersten Teil wieder sehr umfangreich einstellbar, mit der Hilfslinie gab es in der Testversion jedoch noch Probleme. Teils wurde sie nur in Kurven angezeigt, manchmal fehlte sie komplett, der ein oder andere Unfall war also vorprogrammiert. Zum Release sollte dieser Bug aber behoben sein!

Technisch auf der Pole Position

Ein besonderes Augenmerk muss auf die Fahrphysik gelegt werden. Diese ist in Project Cars 2 wirklich wunderbar. Ihr werdet bei jedem Fahrzeug einen Unterschied merken. Besonders ins Gewicht fällt das beim einem Umstieg von einem Oldtimer zu einem Hightech Boliden. Dinge wie Reifentemperatur oder wie viel Sprit ihr im Tank habt, alles hat eine Konsequenz. Die Hardcore Gamer werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Die Abstimmung eures Untersatzes kann bis ins kleinste Detail verändert werden. Für Neulinge hat Project Cars 2 aber hier ein wirklich nützliches Feature eingebaut welches ich sehr schnell zu schätzen wusste. Solltet ihr Probleme mit euren Einstellungen haben, zum Beispiel kommt ihr auf der Geraden an euren Drehzahlbegrenzer, dann könnt ihr das dem Spiel über einen Assistenten „mitteilen“ und das Game wird euer Vehikel in dieser Richtung anpassen. Man muss also keine tiefgehenden Kenntnisse mitbringen um trotzdem in den vollen Genuss zu kommen. Immerhin hier wurde also an die Neulinge gedacht.

Ebenfalls verbessert wurde das Fahren mit dem Lenkrad. Konnte man im Vorgänger noch kaum am Force Feedback etwas verändern und war dieses auch kaum vorhanden, hat man sich hier nun richtig ins Zeug gelegt. Besonders am PC kann man diese Funktion nun ausgiebig konfigurieren und wenn man möchte, jede Unebenheit am Asphalt spüren. Realistischer geht es meiner Meinung nach fast nicht mehr!

Kleiner Kritikpunkt noch beim Technischen. Auf eine Rückspulfunktion wurde auch in Project Cars 2 wieder verzichtet. Okay, im echten Leben gibt es eine solche Funktion auch nicht, aber beim Spielen kann es ja schon mal vorkommen, dass man gestört wird, das Handy läutet, jemand kommt ins Zimmer oder ähnliches und ein Moment der Unaufmerksamkeit kostet euch vielleicht den Sieg. Wer die Funktion nicht möchte muss sie ja nicht verwenden, aber ich als zweifacher Familienvater hätte es auf jeden Fall begrüßt!

Multiplayer

Ein Multiplayer-Modus darf natürlich auch nicht fehlen. Hier könnt ihr euch mit euren Freunden oder auch Unbekannten in allen Disziplinen messen. Die Umstände des Rennens bestimmt dabei ihr selbst, man kann aber auch einfache Voreinstellungen nehmen und schnell ein Spiel starten. Im Rennen lief bei meinen Tests alles einwandfrei, ich bin viele Rennen gefahren und konnte keinerlei Verbindungsprobleme oder Lags feststellen!

FAZIT

Project Cars 2 kann in fast allen Bereichen überzeugen und am Erfolg des Vorgängers anknüpfen. Der Fuhrpark ist umfangreich, die Auswahl der Strecken schier unendlich und mit 9 Rennklassen für jeden Motorsport Fan das Richtige mit an Board. Ob sich das Spiel gegen die Konkurrenz wie Forza 7 und GT Sport durchsetzen kann, dass wird der Herbst zeigen. Lediglich mit dem fehlenden Karriere-Modus und der nicht wirklich überarbeiteten Grafik, die aber bereits im ersten Teil bereits sehr gut war, hat man meiner Meinung nach viel Potential verschenkt. Wer also gerne in einer speziellen Rennklasse unterwegs ist, wird wohl eher zu einem anderen Titel greifen, Rally-Liebhaber sind da zum Beispiel in DIRT 4 besser aufgehoben.

Deutlich verbessert wurde das Gameplay mit Lenkrad. War bislang Assetto Corsa ein wirkliches Musterexemplar an Force Feedback, lässt Project Cars 2 nun alles im Schatten stehen. Man kann das Feedback so fein konfigurieren, sodass man jede Unebenheit im Boden spürt, wenn man das so möchte! Allgemein ist die Fahrphysik einer der besten am Markt. Man merkt unterschiedliche Reifentemperaturen oder Tankfüllstände am Handling und auch die Gewichtsverteilung im Auto hat einen merklichen Einfluss auf das Fahrverhalten. Jedes Auto spielt sich anders, genau so soll es in einer Simulation sein. Hier steckt viel Liebe vom Entwickler dahinter, Hut ab!

Ich selbst habe nach einigen vielen Stunden leider mittlerweile mit der Motivation zu kämpfen, das liegt aber daran dass ich gerne auf ein Ziel hinarbeite und mir nicht selbst eines setzen möchte. Project Cars 2 gibt einem die Werkzeuge und den Content, um selbständig neue Herausforderungen zu schaffen, perfekt für Simulations-Cracks. Casual Gamer bleiben aber nach einiger Zeit auf der Strecke und werden die Lust am Spiel verlieren. Kann man nur hoffen, dass in einem möglichen dritten Teil ein ordentlicher Karrieremodus implementiert wird, denn dann hat Project Cars das Zeug zu einem der besten Rennspiel aller Zeiten!

Ein Gastartikel von Alexander Wittek

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

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