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Borderlands 4 im Test

Lange mussten Fans der Borderlands-Reihe auf eine neue, herrlich abgedrehte Welt voller Wahnsinn, Explosionen und viel zu vieler Waffen warten. Doch die Durststrecke ist vorbei: Mit Borderlands 4 steht nun der neueste Ableger der Loot-Shooter-Saga bereit, um uns wieder in die Haut eines Kammerjägers zu stecken. Diesmal verschlägt es uns auf den Planeten Kairos, wo der selbsternannte Zeitwächter wie ein Tyrann über alles herrscht. Klingt für uns also nach dem perfekten Ort, um mit ein bisschen Chaos für frischen Wind zu sorgen.

Das Franchise Borderlands blickt auf eine lange Geschichte zurück. Das Kern-Gameplay – Gegnerhorden über den Haufen ballern, Geheimnisse entdecken und sich mit immer besserem Loot zum wandelnden Arsenal hochzuarbeiten – hat schon immer bestens funktioniert. Doch nicht jeder Teil der Serie traf immer ins Schwarze. Besonders der für das Franchise typische Humor schlug spätestens im dritten Teil über die Stränge und spaltete etwas die Community: Für viele war die Überdrehtheit schlicht zu viel des Guten. Mit Borderlands 4 kehrt dieser Humor zwar auch unübersehbar zurück, doch bleibt diesmal die Frage: Schafft es der neue Ableger, neben dem gewohnt starken Gunplay auch die Balance zwischen Albernheit und Ernsthaftigkeit zu meistern?

Borderlands 4 - Koop

Crimson-Widerstand

Borderlands 4 schmeißt uns anfangs direkt rein – nicht etwa mit einem Tutorial oder gemütlichem Storyaufbau, sondern mit einer epischen Cutscene. Die vier neuen und spielbaren Kammerjäger werden in Szene gesetzt wie Superhelden: stylisch, over-the-top, und mit mehr Explosionen, als es das Budget eigentlich erlauben dürfte. Jeder bekommt seinen Moment, jeder ballert, prügelt oder sprengt sich durch Gegner, als wäre es das Normalste der Welt– und irgendwie bekommen wir auch gleich ein Gefühl dafür, was die Neuzugänge eigentlich so draufhaben. Aber dieser Höhenflug hält nicht lang. Kaum ist das erste Gegnerpack erledigt, rauschen auch schon die Ordnungshüter des Zeitwächters rein. Unsere bunte Truppe wird kurzerhand festgesetzt und weggeschleppt. Blöd gelaufen.

An dieser Stelle dürfen wir dann endlich selbst ran und wählen einen von vier Charakteren. Danach geht’s direkt zur Audienz beim Zeitwächter, der gleich mal seine Machtdemonstration durchzieht: Er pflanzt uns ein Implantat ein, mit dem er angeblich jeden Bewohner von Kairos überwachen und manipulieren kann. Doch bevor er seine Gedankenkontrollshow ganz durchziehen kann, crasht ein Widerstandskämpfer inklusive fliegender Drohne die Party und reißt uns in letzter Sekunde aus den Klauen des Kontrollfreaks.

Kaum haben wir wieder klare Sicht und einen halbwegs funktionierenden Körper, wird uns auch schon klar, was hier Sache ist: Der Typ muss gestürzt werden. Der Planet braucht Hilfe. Und wir? Wir haben Waffen. Viele Waffen. Und trockenen Humor. Das muss reichen. Also schließen wir uns dem Crimson- Widerstand an.

Die Story nimmt sich – wie für Borderlands üblich – auch diesmal nicht zu ernst. Sie weiß, wann sie sich selbst auf die Schippe nehmen muss, gönnt sich aber auch ein paar Momente, in denen sie kurz innehält. Die Figuren? Schrullig, laut, aber auch mit Charakter. Nicht alle wachsen einem sofort ans Herz, aber sie sind immerhin mehr als bloßes Kanonenfutter mit Sprachausgabe. Dazu treffen wir auch auf alte Bekannte wie etwa Claptrap, den Müllroboter, welcher schon in anderen Teilen mit seiner eher…besonderen Art aufgefallen ist. Und ja – hin und wieder gibt’s auch mal einen etwas ruhigeren, fast schon emotionalen Moment, bevor das nächste Chaos losbricht.

Ein erzählerisches Meisterwerk? Nicht wirklich. Muss es aber auch gar nicht sein. Die Story macht Laune, treibt gut durchs Spiel und liefert genug Gründe, weiterzumachen – und sei es nur, um dem Zeitwächter irgendwann sein doofes Grinsen aus dem Gesicht zu ballern.

Alte Stärken, neue Schwäche

Die größte Neuerung vorweg: Wir bewegen uns diesmal nicht nur durch miteinander verbundene Areale, sondern durch eine richtige Open World. Und ja, das klingt erstmal fantastisch – vor allem, weil wir Kairos zu Fuß oder mit unserem eigenen Fahrezeug erkunden dürfen. Der Planet selbst ist riesig, verschachtelt, von Tunneln durchzogen und geizt nicht mit abwechslungsreichen Biomen.

Aber (und das ist ein ziemlich großes „Aber“): Die Welt ist…irgendwie leer. Nicht komplett, nicht ständig – aber oft genug, dass es auffällt. Es gibt zwar Sammelobjekte, Nebenquests, versteckte Orte und Easter Eggs zuhauf, doch sie sind so großzügig verteilt, dass dazwischen manchmal einfach nichts ist. Verlassene Flächen, wenig Interaktion, kaum Gegner. Ohne fahrbaren Untersatz wäre die Reise durch Kairos stellenweise eine echte Geduldsprobe – zu Fuß bewegen wir uns nämlich eher im Schneckentempo mit Knieproblemen. Und wenn Missionsziele dann auch noch am anderen Ende der Karte liegen, fragt man sich irgendwann, wieso es eigentlich so wenige Schnellreisepunkte gibt.

Die große Stärke bleibt aber das Gunplay, wie auch bei den Vorgängern. Und hier macht Borderlands 4 auch wieder alles richtig. Waffenvielfalt, Impact, Feedback – all das fühlt sich großartig an. Das Ballern ist wuchtig, flott, stylisch und so herrlich überdreht, wie man es kennt und liebt. Jede Knarre kommt mit eigenen Spielereien: alternative Feuermodi, abgefahrene Mechaniken, Explosivmunition, Elementarschaden von Säure bis Schock – es gibt Waffen, die Blitze schleudern, andere schießen Bienen als Kugeln. Und das Beste: Je höher das Level, desto absurder wird der Loot.

Legendäre Waffen sind dabei das Sahnehäubchen. Wer sich durch Bossfights und Nebenmissionen farmt, wird mit einzigartigen Knarren belohnt, die nicht nur stark, sondern auch kreativ designt sind – manche erzählen sogar ihre eigene kleine Geschichte. Es macht einfach Laune, die eigene Ausrüstung ständig zu optimieren und immer wieder neue Kombinationen auszuprobieren. Und das gilt auch für die Kammerjäger, die sich erfreulich unterschiedlich spielen. Jeder Held bringt eigene Fähigkeiten, Talentbäume und Spielstile mit – von brachial bis taktisch, von Chaos bis Kontrolle.

Mein Favorit war recht schnell der Schmiederitter Amon. Der Kerl wirft Elementaräxte, die Feinde entweder flambieren oder aufs Eis legen – als würde Kratos in einem Borderlands-Crossover mitspielen. Wer es lieber gemütlich mag, kann mit dem Cybersoldaten Rafa auf Gadget-Spielereien setzen: Sein Arsenal schießt, scannt und erledigt die Arbeit quasi im Alleingang, während man selbst entspannt die Beute aufsammelt. Auch die anderen zwei spielbaren Figuren punkten mit kreativen und spannenden Designs und Skills.

Die Buildmöglichkeiten sind dabei unfassbar vielseitig und abwechslungsreich: Ob Nahkampf-Berserker, Supersoldat oder Zauberin mit magischer Raubkatze – es gibt mehr als genug Raum, kreativ zu werden. Hier kann man sich als Spieler für Stunden verlieren, ohne dass einem je langweilig wird.

Der Koop

Borderlands 4 macht schon solo ordentlich Laune. Aber richtig auf Touren kommt das Spiel natürlich erst im Koop-Modus. Bis zu vier Spieler können sich gemeinsam auf Kairos ins Getümmel stürzen, und wer schon mal in einem anderen Ableger mit Freunden eine Gegnerhorde im Kugelhagel zerlegt hat, weiß: Das ist Borderlands in Reinform.

Ob ihr euch nun gemeinsam durch die Story schießt, Sidequests erledigt, Bosse farmt oder einfach nur durch die Welt ballert, bis nichts mehr steht – es macht einfach nur Spaß. Die Gegner skalieren natürlich mit – und das merkt man auch recht schnell. Schon zu zweit ziehen die Feinde ordentlich an, Bosskämpfe werden härter und das Chaos größer. Aber genau da liegt auch der Reiz: Builds aufeinander abstimmen, Fähigkeiten clever kombinieren, sich gegenseitig hochhelfen, wenn’s mal wieder gekracht hat – all das gibt dem Spiel eine taktische Tiefe, die im Singleplayer so nicht wirklich zur Geltung kommt. Und ja, manchmal braucht man auch einfach Geduld. Oder eine bessere Waffe. Oder beides.

Aber – und das ist das nervige kleine Sternchen an der Spaßgarantie – ganz rund läuft’s technisch noch nicht. Borderlands 4 gehört leider zu den Spielen, bei denen man sich denkt: „Das hier ist richtig gut wenn’s denn mal durchgehend sauber laufen würde.“ Auf der PS5 gab’s im Test immer wieder kleine Bugs, auffällige Framerate-Einbrüche und Ladezeiten, die etwas länger waren, als sie sein müssten. Nichts davon macht das Spiel unspielbar – aber es reißt einen gelegentlich raus. Und wer auf dem PC unterwegs ist, wird sich über einige ähnliche Probleme ärgern, teils sogar gravierender. Zumindest scheint die Erfahrung von anderen Spielern ebenfalls recht durchwachsen zu sein.

Zusammenfassung

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