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One Man’s Trash im Test

Erwachsene, die in Gärten tiefe Löcher buddeln, brauchen um von ihrem Umfeld nicht kritisch beäugt zu werden, in der Regel ein gutes Motiv. Dies kann das Spiel mit dem Nachwuchs im heimischen Sandkasten sein. Oder aber die Suche nach einem verlorengegangenen Speichermedium mit wertvollem Inhalt. Mit letzterer Motivation startet man in dem witzigen Grabungssimulator One Man’s Trash eines Soloentwicklers aus Österreich.

Wer den Schaden hat…

Anfang 2025 gegründet, ist der Titel nach dem Kartenspiel Pirate Island und dem gleichfalls auf Steam platzierten Raiders of the Apocalypse die dritte und bislang größte Veröffentlichung des jungen Studios aus Wien.

Mit Jony Pazu, dem Kopf hinter dem Spiel, durften wir ein exklusives Interview über seinen Werdegang und natürlich zur Entwicklungsgeschichte des jüngst veröffentlichten Titels führen, welches ihr bei Auf ein Wort zu…One Man´s Trash nachlesen könnt.

One Man´s Trash beginnt mit fiktiven Zeitungsartikeln, welche zunächst die Motivation der namenlosen Hauptfigur beleuchten. Diese kauft einen Schrottplatz, in dessen Tiefen sie eine verschollene Festplatte vermutet. Darauf abrufbar wäre ein Betrag von 100 Millionen Dollar in der fiktiven Kryptowährung PitCoin.

Der Entwickler hat sich dabei merklich von den turbulenten Geschehnissen um den IT-Ingenieur James Howell aus Wales inspirieren lassen. Bei einer Büroauflösung 2013 wurde versehentlich eine Festplatte entsorgt, die Zugang zu einem Bitcoin-Vermögen bietet, was inzwischen auf 730 Millionen Euro angewachsen ist. Vermutet wird, dass der Datenträger auf dem Gelände der Mülldeponie in Newport/Wales gelandet ist. Dort haben in der Vergangenheit bereits einige Suchaktionen stattgefunden – ohne Erfolg. Zwischenzeitlich hat die Stadtverwaltung Newport als Betreiberin der Deponie weiteren Grabungen mit dem Verweis auf zu hohe Kosten und mögliche Einwirkungen auf die Natur untersagt, wodurch es zu Rechtsstreitigkeiten gekommen ist, die Howell verlor. Die bislang letzte Entwicklung war, dass die Stadtverwaltung beabsichtigt, die Mülldeponie zu schließen, um an gleicher Stelle einen Solarpark zu errichten. Dies liegt natürlich nicht im Interesse des Walisers und so versuchte er nun, das Gelände mit der Hilfe von Investoren zu kaufen.

Wie es nicht anders sein kann, hat sich eine Produktionsfirma aus Los Angeles in diesem Jahr die Rechte gesichert, die Geschichte verfilmen zu dürfen. Unter dem Titel „The Buried Bitcoin: The Real-Life Treasure Hunt of James Howells“ soll eine Veröffentlichung im Oktober/November erfolgen. James Howell will derweil nicht von seiner Suche ablassen.

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Willkommen im Dreck

One Man´s Trash nutzt diese realen Begebenheiten lediglich als Stichwortgeber, um seine eigenen Mechaniken darauf aufzubauen. Als frischgebackener Besitzer einer Mülldeponie macht man sich zunächst in der Ego-Sicht mit seinem neu erworbenen Eigentum vertraut. Neben der mittig platzierten Grube mit Abfällen sind reihum bunte Baucontainer platziert. In diesen finden sich anfangs noch verschlossene Aufbewahrungsschränke mit weiterem Equipment und Ablageflächen, auf welche später durch das Spiel spektakuläre Funde ausgestellt werden.

Nun ist man durch den Kauf der Immobilie zunächst finanziell abgebrannt und benötigt dringend Einnahmen. Diese generieren sich durch den Fund und den Verkauf von vergrabenen Gegenständen. Dabei ist die erste Überraschung, mit welchem Hilfsmittel wir hier zu Werke gehen sollen – nämlich einem Staubsauger. Dieser hat zwei Optionen: entweder kann das Gerät Erde einsaugen oder auch wieder hinausblasen.

Damit lässt sich auf den abgesteckten Bereich der Müllgrube einwirken und entweder Bereiche abtragen oder hinzufügen, wobei letzteres manchmal notwendig wird, um wieder zu höheren Schichten zurückzugelangen. Zunächst ist der eingesetzte Staubsauger äußerst schwach. Die Reichweite ist sehr gering und auch die Saugleistung und die Aufnahmekapazität des Müllbeutels sind arg begrenzt. Dies lässt sich über den zentral auf der Mülldeponie platzierten Laptop aber ändern. Mit entsprechendem Guthaben sind sofortige Upgrades für den Staubsauger beziehbar. Auch werden dort Lampen oder ein Radar angeboten, die das Graben einfacher machen. In den oberen Erdschichten gibt es zunächst recht unspektakuläre Funde wie Autoreifen oder Müllbeutel. Je weiter man sich nach unten arbeitet, desto interessanter werden die Gegenstände, was sich auch an deren Verkaufswert niederschlägt.

Fortschritt durch Technik

Man könnte vermuten, dass es schnell langweile, einfach nur stupide ein Loch zu buddeln und alles einzusammeln, was man darin so findet.

One Man´s Trash versteht es aber perfekt, beim Spielen ein Gefühl von echter Progression zu erzeugen. Der Rhythmus aus Graben, Gegenstände bis zum Aufnahmelimit sammeln, Hochklettern, Verkauf der Fundsachen und dem Kauf von Verbesserungen geht nach nur wenigen Durchläufen in Fleisch und Blut über. Ich freue mich dabei wie ein kleines Kind, wenn ich auf neue Objekte treffe oder gar auf einen in der Erde versteckten Sonderbereich wie einen Zugwaggon stoße.

Damit verbunden ist auch das merkliche Aufbessern meiner Ausrüstung, was ich auch sofort beim nächsten Ausflug in die Tiefe positiv spüre.  Daneben schalten sich mit Erfolgen unter Tage weitere Skins für den Staubsauger frei und auch die Trophäensammlung in den Containern füllen sich mit interessanten und nicht ganz ernst gemeinten Fundstücken wie einer Windows Vista-Installations-CD.

Mit dem Update vom 27. Juli wurden zuletzt noch die Schwierigkeitsgrade „Gemütlich“ und „Abgrund“ in das Spiel implementiert. „Gemütlich“ bedeutet dabei, dass man entspannt  graben kann, ohne von Zeitlimits oder Gefahren behelligt zu werden. In einer gewissen Tiefe wird man ab dem klassischen Schwierigkeitsgrad nämlich von riesigen Würmern attackiert. Diese kündigen sich zwar immer mit einem Geräusch an, öfters zuckt man doch mal zusammen, wenn sich das fiese Getier unbemerkt neben einem durch die Wand frisst.

Der Lebensbalken sinkt bei einem Kontakt, im Schwierigkeitsgrad „Abgrund“ umso mehr. Bei null stirbt die Spielfigur und verliert die aktuell gesammelten Gegenstände aus dem Inventar, erscheint aber wieder putzmunter in der Mülldeponie. Ein Speichern des Spielfortschritts ist jederzeit möglich.

Ein Mehrspielermodus wird aktuell nicht unterstützt.

Unreale Grabungen

Der Titel setzt auf der Unreal-Engine auf. Passend zur unbeschwerten Tonalität des Spiels ist alles in bunter Comicgrafik gestaltet.  Besonders spektakulär ist dabei die Umsetzung des Grabens. Es ist richtig schön anzuschauen, wie der Staubsauger die Erdschichten abträgt oder auch wieder aufschüttet. Die im Schacht platzierten Grubenlampen erzeugten zudem eine äußerst schöne Lichtstimmung, wenn man von oben in einen bunt beleuchteten Schacht blickt. Dazu gibt es Bereiche, die auch unter Tage für eine besondere optische Abwechslung sorgen, ohne aus Spoilergründen Details nennen zu wollen.

Sicherlich bei einem einzelnen Entwickler ein Ressourcenthema, aber dennoch etwas schade: Gegenstände verbleiben immer an Ort und Stelle. Das bedeutet, dass diese schweben, wenn man um sie herum die Erde abgetragen hat. Besonders auffällig ist dies mit fortgeschrittener Spieldauer, wenn man selektiver aufsammelt und billige Objekte wie Mülltüten dann zuhauf über dem Schacht hängen. Auch ist das Seil, mit dem man sich nach einer erfolgreichen Ausflug in die Tiefe nach oben ziehen kann, statisch, verändert sich bei Berührung also nicht. Als ein zentrales Element bei den Grabungen wäre dieses physikalische Feedback durchaus nett gewesen. Trotz der Nichtbeweglichkeit des Seils ist es dennoch oft hakelig, dieses zu benutzen. Manches Mal wird ein Greifen nicht richtig erkannt oder ein kleiner Überhang am Grubenschacht führt zu einem Abrutschen, was  einen Fallschaden verursachen kann und vor allem in hektischen Situationen etwas ärgerlich ist.

Die Musikstücke lassen sich über einen in der Deponie nutzbaren Ghettoblaster auswählen. Es überwiegen entspannte Gitarrenklänge, gemischt mit rockigen Varianten. Man kann aber auch komplett ohne Musikuntermalung spielen, was je nach gewünschter Stimmung auch zu empfehlen ist. Denn so kommt die eindrückliche Soundkomposition unter der Erde richtig zur Geltung, die mit Geräuschen wie leisen Erdbewegungen oder einem Wummern für unheimliche Momente sorgt. Umgekehrt ist das Buddeln deutlich unbeschwerter, wenn locker-leichte Stücke aus den Boxen dringen.

Zusammenfassung

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