Freunde von JRPGs haben heuer ein gutes Jahr gehabt, und jetzt kommt noch ein weiteres Schwergewicht hinzu – OCTOPATH TRAVELER 0 ist für den PC, die PlayStation, Xbox und Switch erschienen.
Ein neuer Teil von Octopath Traveler am PC? Yes, das muss ich mir anschauen. Der erste Teil der Serie, OCTOPATH TRAVELER, gehört zu meinen absoluten Lieblingsspielen aus dem Genre der JRPGs (Japanese role-playing games). Die Geschichte der acht Reisenden durch die Welt von Orsterra war zwar ein wenig verwirrend, aber absolut episch und hat einfach verdammt viel Spaß gemacht… und Zeit verschlungen. Der zweite Teil, OCTOPATH TRAVELER II, war in gewisser Weise mehr davon, eine würdige Fortsetzung, diesmal angesiedelt im Land Solistia, aber im Kern sehr ähnlich zum ersten Teil. Wieder haben acht Reisende das Land erkundet, bis ihre Wege sie zusammen geführt haben. Nun ist mit OCTOPATH TRAVELER 0 eine Vorgeschichte dazu erschienen.
OCTOPATH TRAVELER 0 basiert auf… was? Dem Handyspiel Octopath Traveler: Champions of the Continent? Das war zumindest das letzte Spiel des Entwicklers Dokidoki Grooveworks aus Tokyo. Nein, bitte nicht. Ich will ein episches JRPG, kein Handyspiel am PC! Aber mal schauen, ob sich meine Befürchtungen bewahrheiten.

Charaktererstellung und Basisbau
Zu Beginn des Spieles erstellen wir unseren Charakter. Das wäre ja keine Besonderheit in einem Rollenspiel, aber bei den bisherigen OCTOPATH TRAVELER-Spielen haben wir immer die unterschiedlichsten Charaktere übernommen, deren – strikt vorgegebene – Hintergrundgeschichte und deren Fähigkeiten ein wichtiger und unverzichtbarer Teil der fantastischen Gesamtgeschichte des Spieles waren. Diesmal ist es anders. Wir erstellen unseren Hauptcharakter – Geschlecht, Haare, Augen, Hautfarbe, Stimme – geben ihm erste Fähigkeiten, wählen eine Lieblingsmahlzeit (!) für ihn aus, geben ihm drei Gegenstände ins Inventar und benennen ihn schließlich. Während das bei vielen Rollenspielen üblich ist, sind die typischen JRPGs meist anders strukturiert und erlauben keine eigene Charaktererstellung.
Zu Beginn des Spieles werden wir – von unserem Vater – zum vollwertigen Mitglied der Stadtwache ernannt. Wir spazieren durch die Stadt Wishvale, reden mit den Bewohnern und freuen uns auf das große Fest am nächsten Tag. Für die erkrankte Priesterin holen wir einen speziellen blauen Stein aus einer Höhle, der am nächsten Tag beim Fest feierlich entzündet (ist halt ein magischer Stein) werden soll. Aber natürlich kommt es – wie in Videospielen eben üblich – ganz anders als geplant.

Ein Neuanfang
Wishvale – eure Heimatstadt – wird niedergebrannt. Die Bewohner werden niedergemetzelt (wie eure Eltern) oder in alle Ecken des Landes verjagt. Und wer ist schuld? Natürlich ihr! Weil ihr in der Höhle am Vortag einen Ring gefunden habt, den ihr besser im Eis liegen gelassen hättet. Also wird es euer Job, die Stadt wieder aufzubauen. Außerdem könnt ihr auch auch denen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die an der Zerstörung der Stadt und Ermordung ihrer Bewohner beteiligt waren. Aber einfach wird das nicht werden. Sammelt Gefährten um euch, die eure Ziele und Ideale teilen, und erkundet die dunkelsten Ecken von Orsterra. Dort lernt ihr andere Communities kennen, die oft unterdrückt werden und denen geholfen werden kann – bald habt ihr mit einer Vielzahl an Nebenfiguren gesprochen, alle mit ihren eigenen Geschichten und Problemen. Wie so oft bei JRPGs ist die Geschichte extrem vielseitig und umfangreich. Im Kern geht es jedoch meistens um den Wert der Freiheit.
In OCTOPATH TRAVELER 0 müsst ihr auf den Ruinen eurer zerstörten Heimatstadt eine neue Stadt aufbauen. Dazu platziert ihr Gebäude, Felder, Pflanzen, Wege und andere Strukturen auf einem vorgegebenen Raster. Das ist nicht so komplex wie in Cities: Skylines, aber durchaus ganz abwechslungsreich. Diese Strukturen können durch Erkundung und Kämpfe verbessert werden. Neue Charaktere, die ihr im Laufe des Spieles trefft und die sich euch möglicherweise anschließen, können entweder mit der bis zu acht Mann starken Gruppe auf Erkundung gehen und mit euch kämpfen, oder in Wishvale bleiben und beim Wiederaufbau helfen.
Kampf und Charaktermanagement
Kämpfe laufen JRPG-üblich ab. Wir wählen für jeden Charakter unserer Gruppe entweder angreifen, eine Fähigkeit anwenden, einen Gegenstand benutzen, verteidigen oder fliehen aus, unsere Gegner tun das selbe und nachdem alle ihre Aktion ausgeführt haben beginnt das Ganze in der nächsten Runde für alle noch lebenden Teilnehmer des Kampfes von vorne. Aktionen werden sofort ausgeführt, wir können einen Feind also töten, bevor er eine Aktion ausführen kann. Figuren können Statuseffekte erhalten – von beispielsweise vergiftet, blutend, blind bis zu gelähmt oder fixiert auf einen Gegner. Nach dem (erfolgreichen) Kampf gibt es Erfahrungspunkte und möglicherweise ein wenig Beute. Mit genug Erfahrungspunkten kommen Levelaufstiege und die zahlreichen Charakterattribute können sich verbessern. Der Rollenspielteil bei der Charakterentwicklung ist recht ausgeprägt – von 10 verschiedenen Attributen (wie Geschwindigkeit, Genauigkeit über Hitpunkte und Magiepunkte) zu besonderen Fähigkeiten (wie Spezialangriffen) über diverse Waffen, Kleidungs- und Ausrüstungsgegenständen ist alles vorhanden und kann für jedes der bis zu acht Mitglieder eurer Gruppe in Ruhe angesehen (und verändert) werden.
Gespeichert wird auf den großzügig im Spiel verteilten Podesten, wobei insgesamt nur drei Spielstände möglich sind – dann muss ein alter Spielstand überschreiben werden. Die Grafik ist wie bei der Serie üblich in einem eigenen – unverkennbaren – Stil. 4K wird unterstützt und schaut gestochen scharf aus. Die Steuerung über das Gamepad funktioniert ohne Probleme, ich habe es auch am MSI Claw (Handheld) einige Zeit gespielt und auch das hat super funktioniert. Die relativ häufigen Zwischensequenzen können übersprungen werden. Die Gespräche sind (in englisch oder japanisch) voll vertont.
OCTOPATH TRAVELER 0 ist für den PC und auch für viele Konsolen (PlayStation 4 und 5, die neue Xbox, die alte und die neue Switch) erschienen. Während das Spiel natürlich grundsätzlich ident ist, so ist die Anzahl der Gebäude auf den älteren Geräten limitiert. Am PC könnt ihr bis zu 500 Gebäude bauen, auf der PlayStation 4 nur 400 und auf der Switch 1 gar nur 250.
Zusammenfassung
FAZIT
OCTOPATH TRAVELER 0 unterscheidet sich von Teil 1 und 2. Es ist zwar ein Prequel, aber die Spielmechaniken und die Erzählweise ist ein wenig anders – es geht nämlich vor allem um das Land Orsterra, und nicht um die Geschichte von acht Fremden, deren Wege vom Schicksal zusammen gebracht werden. Davon abgesehen ist das Spiel aber ebenso spannend wie Teil 1 und 2 der Serie. Großartige Bosskämpfe, fantastische Musik und der typische Octopath-Grafikstil machen es zu einem würdigen Teil der Serie – meine Befürchtungen, dass es wie ein Gacha/Pay2Win Handyspiel sein könnte, haben sich in keinster Weise bewahrheitet. Ich kann nicht sagen, wie lange das Durchspielen dauert, aber nach nun über 20 Stunden Spielzeit habe ich das Gefühl, noch nicht einmal an der Oberfläche der Story gekratzt zu haben. OCTOPATH TRAVELER 0 ist ein episches JRPG, das euch für viele Stunden vor den Rechner fesseln wird. Ich kann es nur jedem Fan von klassischen JRPGs stark empfehlen – es gibt (bei weitem) nicht nur Final Fantasy in diesem Genre!
