Gamers.at
PCReviews

StarCraft: Remastered im Test

Die Neunziger waren so etwas wie die goldene Ära der Echtzeitstrategie-Spieler. Dune 2, WarCraft und Command & Conquer waren dabei nur der Beginn, Klassiker wie Total Annihilation oder Age of Empires machten es dann zu einem der beliebtesten Genres der damaligen Zeit. Als besonderer Meilenstein gilt StarCraft von Blizzard. Nicht nur wegen der filmreifen Einzelspielerkampagne, sondern aufgrund zahlreicher Neuerungen, die selbst heute noch zu den Genre-Standards gehören. Mit StarCraft: Remastered erstrahlt das Scifi-Strategieerlebnis nun in neuem Glanz, spielerisch bleibt dagegen weitgehend alles beim Alten. Leider.

Es gibt als Computerspieler nur einen einzigen Entschuldigungsgrund warum man StarCraft nicht kennt: Man war zur Zeit der Veröffentlichung nicht alt genug, um sinnvoll eine Maus und Tastatur zu bedienen. Für diese sei der ganze Trubel rund um das Spiel kurz erklärt. StarCraft war das dritte Echtzeitstrategiespiel von Blizzard und wurde wegen der Namensähnlichkeit zunächst als „WarCraft im Weltall“ abgestempelt. Als das Spiel dann im Jahr 1998 erschienen ist, musste aber selbst die Konkurrenz neidlos anerkennen, dass man es hier mit einem ganz besonderem Stückchen Software zu tun hatte. Auffallendste Neuerung waren die drei komplett unterschiedlichen Fraktionen. Ja es gab schon vorher Menschen und Orks oder auch GDI und NOD, aber für jede Einheit und jedes Gebäude einer Partei, gab es dabei auf der Gegenseite ein Pendant mit exakt denselben Fähigkeiten und Werten. Bei StarCraft war das anders. Hier spielten sich die Terraner, Zerg oder Protoss komplett unterschiedlich und erforderten differenzierte Taktiken. StarCraft schaffte dabei auch das Kunststück, dass trotz dieser Verschiedenartigkeit keine der drei Rassen stärker war, als eine andere. Dieses Ausgewogenheit der einzelnen Fraktionen gilt selbst heute noch als nahezu perfektes Balancing. Die Einzelspieler-Kampagne wurde dazu auch noch in eine spannende Geschichte verpackt, die sich aber für manche Warhammer-Fans vielleicht etwas zu sehr am 40K Universum bedient.

Aber nicht nur spielerisch setzte man neue Maßstäbe. Vieles was in heutigen Echtzeitstrategiespielen als Standard betrachtet wird, war zum ersten Mal in StarCraft zu sehen. Etwa die zahlreichen Automatismen, wie Produktionsschlangen, und auch Hotkeys und Wegpunkte zählten zu den innovativen Neuerungen.

Vor kurzem erschien der Patch 1.18 und seit dem ist StarCraft, inklusive der Erweiterung Brood Wars, als Gratis-Download erhältlich. Die nun erschienene Remastered Version des Strategiespiels setzt zwar die Installation der Original-Version voraus, ist aber nicht kostenlos und nur über die Blizzard Desktop App (ehemals „Battle.net App“) verfügbar.

Aus alt mach schön

Hauptaugenmerk von StarCraft: Remastered liegt natürlich in der aufgepeppten Optik. Das Original versprüht mit seinem Pixel-Look in einer Auflösung von 640×480 Bildpunkten zwar auch heute noch einen gewissen Retro-Charme, aber die neu gezeichneten 2D-Modelle in protziger 4K-Optik sind dann doch weitaus hübscher anzusehen. Ausserdem gibt es nun, so wie in StarCraft 2, animierten Einheiten-Portraits. Leider wurden die Bewegungsabläufe der Einheiten kaum bis gar nicht verbessert, so agieren diese fast genauso steif wie im Originalspiel und selbst Effekte wie Explosionen oder Feuerwechsel sehen trotz höherer Auflösung nur gerinfügig besser aus. Auch die Zwischensequenzen wurden lediglich hochskaliert und entsprechen damit sicherlich nicht mehr den heutigen Blizzard Qualitäts-Standards.

Dafür wurden die Dialoge und Sounds komplett überarbeitet. Auch hier orientieren sich die neuen Stimmen an StarCraft 2 und wirken deshalb meist sehr vertraut. Insgesamt enthält die Remastered Version nun 13 verschiedene Sprachen, darunter natürlich auch Deutsch. Aber nur die Dialoge während der Briefings werden in der gewählten Sprache ausgegeben, denn in den Zwischensequenzen gibt es lediglich englische Stimmen zu hören, mit entsprechenden Untertiteln. Dieser Wechsel der Sprache raubt dann doch viel an Atmosphäre. Da helfen auch die verbesserte Soundkulisse und die modernisierten Musikstücke nicht mehr viel. Insgesamt kann die ganze Inszenierung nicht mit aktuelleren Spielen mithalten. Command & Conquer, Dawn of War und allen voran der eigene Nachfolger bieten eine wesentlich spannungsgeladenere und intensivere Einzelspielerkampagne.

Die neue Optik hat natürlich auch spielerische Vorteile. Zwar gibt es keine zusätzlichen Zoom-Stufen, dafür wurde Anzeige für Breitbildformate angepasst, was der Übersicht mehr als zuträglich ist. Wer trotz insgesamt hübscherer Optik dann doch lieber in der altbewährten Pixel-Grafik zocken will, der kann das selbstverständlich auch tun. Drückt man die Taste F5, dann wechselt StarCraft: Remastered in den ursprünglichen Originalzustand und natürlich auch wieder zurück.

Alles beim Alten

Als weitere Neuerungen werden dann noch Cloud-Spielstände sowie Spielerzuweisung & Ranglisten angepriesen. Das war es aber dann auch schon. Kein überarbeitetes Interface und keine verbesserte KI, womit auch die größten Kritikpunkte des Originals 1:1 übernommen wurden. Waren diese anno 1998 noch State of the Art, ist beides heute nicht mehr zeitgemäß. Das könnte neue Spieler dann doch etwas abschrecken, vor allem dann wenn sie sich in Multiplayer-Partien wagen. Ein funktionierendes Matchmaking gibt es nämlich auch nicht, sodass es nicht selten vorkommt, dass in einer Spielsitzung ein unerfahrene Noob, einem eingefleischten Profi sprichwörtlich zum Fraß vorgeworfen wird. Das ist auf Dauer demotivierend und mach einfach keinen Spaß. Zum Glück gibt es aber nach wie vor einen LAN-Modus. Der funktioniert auch offline und weckt schöne nostalgische Erinnerungen.

FAZIT

Eigentlich hatte ich mir von der StarCraft: Remastered mehr erwartet, nämlich das Originalspiel zumindest verpackt in die Technik von Teil Zwei. Aber ich verstehe die Zwickmühle in der Blizzard gesteckt hat: Man wollte den Strategieklassiker einer neuen Spielerschaft zugänglich machen, aber gleichzeitig die eingesessene Fangemeineinde nicht vergraulen. Dieses Unterfangen wird dadurch erschwert, weil das erste StarCraft im asiatischen Raum auch heute noch einen hohen Stellenwert im E-Sport einnimmt und jegliche Änderung im Gameplay unter Profis einen lauten Aufschrei auslösen würde. Ich als Hobby-Stratege, der sich hauptsächlich auf die Einzelspieler-Kampagne gefreut hat, hätte mir aber dann doch ein modernisiertes Interface und eine verbesserte KI gewünscht, denn ein Grafik-Update und ein paar neue Soundeffekte sowie überarbeitete Sprachausgabe sind mir dann doch etwas zu wenig. Trotzdem bleibt StarCraft auch heute noch das brillante Echtzeitstrategiespiel mit immenser strategischer Tiefe und einem nahezu perfekten Balancing, welches es schon vor knapp 20 Jahren war. Ein Blick ist es auf jeden Fall wert, zumindest in der kostenlosen Originalversion.

Gesamtwertung: 7.6

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 6 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

Ähnliche Beiträge

Kommentar abgeben