2004 kam mit Metal Gear Solid 3: Snake Eater ein Game auf den Markt, das heute fast schon Legendenstatus hat. Hideo Kojima schuf damals ein Stealth-Thriller-Meisterwerk, das nicht nur die Serie, sondern auch das gesamte Genre geprägt hat – von den spektakulären Bosskämpfen bis hin zu den Survival-Elementen wie Jagen, Heilen und Tarnen. Fans und Kritiker waren sich einig: Das Ding war ein Meilenstein der Gaming-Welt. Jetzt aber, über 20 Jahre später, kehrt das Kultspiel in frischem Glanz zurück – als Metal Gear Solid Delta: Snake Eater.
Entwickelt wird die Neuauflage diesmal nicht mehr direkt von Hideo Kojima, sondern von Konami selbst in Zusammenarbeit mit dem Studio Virtuos. Technisch setzt das Spiel auf die Unreal Engine 5, was detailreiche Dschungelumgebungen, modernste Licht- und Schatteneffekte und Schlangen verspricht, die so realistisch aussehen, dass man sie fast vom Bildschirm kriechen hört. Ich selbst habe damals als Kind den Großteil von Snakes gefährlichem Auftrag heimlich hinter dem Rücken meiner Eltern gespielt – bis sie mich schließlich erwischten und mein Geheimnis aufflog. Blöd gelaufen.
Doch jetzt, über 20 Jahre später, stellt sich mir die entscheidende Frage: Kann ein Remake wirklich die Magie des Originals einfangen, das für viele Spieler pures Nostalgie-Gold ist? Und noch wichtiger: Wird Snake Eater auch eine neue Generation abholen, die zum allerersten Mal mit Naked Snake in den Dschungel geschickt wird?

Mission Snake Eater
Eines gleich vorweg: Metal Gear Solid Delta: Snake Eater bleibt dem Original größtenteils treu. Abgesehen von der deutlich verbesserten Grafik und ein paar spielerischen Anpassungen – etwa der neuen Kameraperspektive oder der längst überfälligen Möglichkeit, gleichzeitig zu laufen und zu schießen – hat sich an der Grundformel kaum etwas geändert. Vor allem die Handlung ist praktisch identisch. Und das ist auch gut so! Denn die Story rund um Naked Snake gehört nicht nur zu den verrücktesten Spionage-Geschichten des Genres, sondern auch zu den besten.
Oft hat man das Gefühl, keinen Controller, sondern ein Kinoticket in der Hand zu halten. Zwischen den Gameplay-Passagen reiht sich eine Cutscene an die nächste – mal beinhart ernst, mal herrlich absurd-komisch. Eben ganz typisches Metal Gear. Und genau das sorgt dafür, dass man trotz der schieren Masse an Filmsequenzen nie wirklich das Interesse verliert. Selbst wenn man gerade am Anfang den Controller öfter zur Seite legen muss, bleibt man wie gebannt am Bildschirm kleben.
Doch worum geht es in Snake Eater überhaupt? Tja, ich könnte wahrscheinlich den kompletten Test nur über die Story schreiben, und Neulinge würden immer noch verwirrt zurückbleiben. Aber ich versuch’s mal kurz: Wir befinden uns mitten im Kalten Krieg. Als CIA-Agent Naked Snake sollen wir einen russischen Wissenschaftler aus den Fängen seiner Bewacher befreien, nachdem er Asyl verlangt hat. Klingt erstmal simpel – wäre der Einsatz aber glatt verlaufen, wäre das Spiel allerdings nach einer halben Stunde wieder vorbei.
Natürlich läuft alles schief: Eine mysteriöse Einheit funkt dazwischen, entführt den Wissenschaftler und als wäre das nicht genug, läuft auch noch unsere frühere Mentorin zu den Feinden über. Nach einem viel zu langen, aber irgendwie ikonischen Dialog verpasst sie uns dann einen Schlag in die Magengrube – Vorhang zu, Mission gescheitert.
Eine Woche später tauchen wir wieder auf (Snake kann nach einem Sturz ins halbe Nirwana offenbar schneller regenerieren als jeder Marvel-Held) und bekommen einen neuen Auftrag: Den Wissenschaftler zurückholen, die abtrünnige Mentorin und ihre Truppe ausschalten und – ganz nebenbei – auch noch einen internationalen Zwischenfall verhindern, der einen weiteren Weltkrieg auslösen könnte. Also alles wie immer im Spionage-Alltag. Kein Druck, Snake.
Vom Schüler zum Meister
Sobald man dann aber den Controller mal länger in der Hand hält, geht’s richtig los: klassisches Stealth-Gameplay, Survival-Elemente wie Jagen und das ständige Experimentieren mit Tarnmustern machen Snake Eater damals wie heute einzigartig. Das Remake hält genau an diesen Stärken fest, poliert sie aber aufgrund der Grafik so sehr auf, dass jeder Schritt durchs hohe Gras, jeder Schusswechsel und jeder Bosskampf noch intensiver wirkt.
Im Kern handelt es sich hier um einen Schleichauftrag – Heimlichkeit steht also an oberster Stelle. Natürlich lässt sich nicht jede Konfrontation vermeiden, aber im Prinzip kann man fast jede Passage komplett ohne Kämpfe meistern. Typisch Stealth eben. Snake robbt und schleicht in verschiedenen Tarnanzügen durch Gras, Ruinen oder schlammige Gewässer. Natürlich sind die verschiedenen Gebiete aber nur so von Feinden durchzogen. Wieso sollte es auch einfach sein?
Ganz wehrlos ist man dann aber natürlich nicht: Snake hat von Beginn an einige nützliche Gadgets und Waffen dabei. Besonders wichtig ist die Pistole mit Schlafmunition – nicht tödlich, dafür aber unglaublich effektiv, um Wachen unbemerkt auszuschalten. Mit Schalldämpfer wird das Ganze noch praktischer. Später kommen auch schwerere Kaliber wie Sturmgewehre und Granaten hinzu, die aber unweigerlich für Krach sorgen. Und Lärm bedeutet: Verstärkung rückt an.
Wer also glaubt, Snake in Rambo-Manier durch feindliche Lager zu prügeln, merkt schnell, dass Kämpfe hier gerne eskalieren. Es bleibt eben Tactical Espionage Action – und die belohnt Geduld, Planung und smarte Tricks deutlich mehr als wildes Geballer.
Das gilt vor allem für die Bosskämpfe, die bis heute zu den absoluten Highlights des Spiels gehören – vom Scharfschützen-Duell, das sich gefühlt Stunden ziehen kann, bis hin zu bizarren Auseinandersetzungen, die eher wie psychologische Spielchen wirken. Man merkt zwar bei einigen Kämpfen, dass der Zahn der Zeit ein wenig genagt hat, doch im Remake sorgt die frische Technik dafür, dass sie noch einmal ganz anders wirken – intensiver, detailreicher und für Neulinge genauso unvergesslich wie damals für die Fans auf der PS2.
Auch die restlichen Mechaniken wurden nahezu 1:1 aus dem Original übernommen. So müssen wir etwa regelmäßig Nahrung finden, indem wir Tiere wie Fische, Vögel oder eben auch die titelgebenden Schlangen jagen – und ja, Snake isst die Viecher wirklich mit Genuss. Verletzungen werden nicht einfach per Medikit weggeheilt, sondern müssen gezielt behandelt werden: Schusswunden vernähen, Brüche schienen, Brandwunden versorgen.
Veteranen der PS2-Version finden sich sofort zurecht. Neulinge jedoch werden bei manchen Mechaniken vermutlich erstmal die Stirn runzeln. Das Spielgefühl wurde zwar durch kleinere Komfort-Features modernisiert – etwa die frei bewegliche Kameraansicht – ansonsten ist das Remake aber genauso aufgebaut wie damals, Sammelgegenstände und versteckte Secrets inklusive.
Ein Vollblut-Remake
Das Einzige, was man Metal Gear Solid Delta: Snake Eater wirklich vorwerfen kann, ist, dass es wohl das originalgetreueste Remake aller Zeiten geworden ist. Während Titel wie Final Fantasy VII Remake keine Angst davor haben, das Original neu zu erfinden, geht Konami lieber auf Nummer sicher – und das ist auch verständlich. Schließlich gab es schon damals kaum etwas, das den Gesamteindruck geschmälert hätte. Die Stärken, aber auch die kleineren Schwächen, sind fast identisch geblieben.
Vor allem in Sachen Steuerung hätte ich mir persönlich etwas mehr Feinschliff gewünscht. Auch für Neueinsteiger wären ein paar zusätzliche Erklärungen nicht verkehrt gewesen. Manche Gadgets – abseits der Waffen – werden nur spärlich erklärt, sodass man ihre Funktionen eher durch Ausprobieren herausfindet. Das ist zwar kein Beinbruch, aber bei einem Remake, das sowohl alte Fans als auch Neulinge ansprechen soll, hätte eine kleine Textzeile hier und da definitiv nicht geschadet.
Trotzdem: Das Abenteuer rund um Naked Snake macht genauso viel Spaß wie früher, sieht dabei aber um Welten besser aus. Die Areale sind nach wie vor in kleinere Abschnitte mit Ladezeiten unterteilt, diese wurden allerdings stark verkürzt – wenn auch nicht ganz auf dem Niveau eines Marvel’s Spider-Man 2. Ansonsten läuft das Spiel technisch absolut sauber, zumindest auf der PlayStation 5, und Bugs sind mir während des Tests auch keine aufgefallen.
Neben der rund 15–20 Stunden langen Hauptstory gibt es außerdem wieder den Modus Snake vs. Monkeys, in dem Snake Jagd auf Affen – beziehungsweise im Remake sogar auf AstroBots – macht. Das ist so herrlich absurd, dass es nicht weiter hinterfragt werden muss. Das bringt etwas Abwechslung zwischen Snakes gefährlichen Auftrag. Auch der Multiplayer wird noch nachgereicht. Geplant ist dieser für Herbst 2025.
Zusammenfassung
FAZIT
Stellen wir uns also noch einmal die Fragen vom Anfang: Kann ein Remake die Magie des Originals einfangen, das für viele Spieler pures Nostalgie-Gold ist? Und noch wichtiger: Holt Delta auch eine neue Generation ab, die zum ersten Mal mit Naked Snake in den Dschungel geschickt wird?
Die Antwort ist ein klares: Ja. Metal Gear Solid Delta: Snake Eater ist die perfekte Gelegenheit, einen echten Klassiker noch einmal in voller Pracht zu erleben. Die Story ist überragend, das Gameplay nach wie vor ikonisch und erfrischend, und optisch gehört das Remake ohnehin in die Oberliga.
Natürlich gibt es kleinere Schwächen: die Steuerung wirkt an manchen Stellen etwas sperrig, und Neulinge hätten sich sicher über ein paar klarere Erklärungen gefreut. Doch das sind Details, die im Gesamtbild kaum ins Gewicht fallen.
Für Fans der Serie ist Delta damit ein Pflichtkauf – Nostalgie pur in modernster Verpackung. Aber auch Neulinge dürften hier auf ihre Kosten kommen, solange sie sich auf die ganz eigene Mischung aus knallharter Ernsthaftigkeit und völligem Chaos einlassen. Kojimas Handschrift ist in jeder Sekunde spürbar, und es dauert vielleicht ein wenig, bis der Funke überspringt. Wer sich aber darauf einlässt, merkt schnell, wie viel Spaß es machen kann, unbemerkt durch dichte Wälder und schmutzige Sümpfe zu kriechen. Und das kann man nun besser, als jemals zuvor.
