Gamers.at
KonsoleReviews

Transference im Test

Wer unsere Berichte aufmerksam verfolgt, der weiß vermutlich schon, dass ich riesen Horror-Game-Fan bin – und genau aus diesem Grund habe ich mich auch schon seit der Gamescom-Demo sehr auf Ubisofts alptraumhaftes (VR-)Game Transference gefreut. Einige unheimliche Stunden später kann ich euch nun verraten, ob sich die Vorfreude gelohnt hat.

Willkommen in der Psycho-Matrix

Transference wirft euch direkt in die Story, ohne allzu viel zu erklären: Ein kurzer Clip in Heimvideo-Qualität verrät euch, dass Mr. Raymond Hayes offensichtlich herausgefunden hat, wie er das Bewusstsein von Menschen in virtuelle Realitäten transportieren kann, und dass er und seine Familie nun übersiedeln werden. Und ihr sollt folgen. Einen Augenblick später findet ihr euch vor einem in Neonfarben gehaltenen Gebäude wieder und das eigentliche Spiel beginnt.

Eure Aufgabe ist es in Folge, durch die Räume der Wohnung-Slash-Labor zu laufen und anhand von Puzzlestücken in Form von Videologs, Briefen, Audiologs und mehr, herauszufinden, was denn nun eigentlich passiert ist. Was dabei schnell klar wird: Die ganze Aktion war garantiert kein von der Familie freudig geplanter Umzug.

Etwas stimmt nicht mit dem Licht …

Sobald ihr das erste Rätsel gelöst und das Gebäude betreten habt, merkt ihr, dass hier zwei Dinge ganz und gar nicht in Ordnung sind: Zum einen wohnt hier scheinbar nicht nur die digitale Familie Hayes, sondern überdies auch ein schattenhaftes Pixelmonster, das euch vor allem im Dunkeln auflauert. Außerdem treffen hier in bester Silent Hill-Manier zwei Dimensionen aufeinander: Während ihr zunächst in verlassenen und schon an sich unheimlichen Räumlichkeiten, die aber immer noch mehr oder minder normal aussehen, herumlauft, bringt euch das Umlegen des Lichtschalters in eine noch ein wenig unheilvollere Variante. Hier sind Räume mit schweren Metalltüren versperrt, Spielhäuser zertrümmert und gemütliche Einrichtungsgegenstände ersetzt von kalt wirkenden Computerstrukturen. Soweit, so gut.

Das Stichwort in Transference lautet Atmosphäre: Kryptische Nachrichten an den Wänden, Videos, die von einem besorgten Vater, einer künstlerischen Mutter, einem schlauen, kreativen Kind – aber auch einer zerbrochenen Familie berichten, machen anfangs neugierig darauf, was hier passiert ist. Um mehr zu erfahren, lauft ihr herum und hebt zunächst Gegenstände auf, um diese an anderer Stelle zu benutzen oder einfach zu begutachten, wobei die Betrachtung des Öfteren auch Audiologs auslöst. Während ihr dabei in der VR-PC-Variante die Move Controller verwenden dürft, um Dinge so selbst zu bewegen, müsst ihr auf PS4 mit dem Wireless Controller vorliebnehmen und das nähere Betrachten und Drehen mittels R2 oder L2 bzw. rechtem Stick durchführen. Interaktionspunkte visiert ihr hingegen in beiden Versionen mittels Kopfbewegung an, was im Großteil des Spiels ganz gut funktioniert, an manchen Stellen jedoch halbe Akrobatiknummern erfordert. An einer ganz besonderen Stelle musste ich mich so knapp fünf Minuten lang wenden, strecken und drehen, bis eine Filmrolle endlich markiert war – unlustig.

Die Story ist linear erzählt und wer sich beim Rätseln halbwegs klug anstellt, der wird sie auch innerhalb von lediglich zwei bis drei Stunden das Ende erreicht haben. Aus ist sie damit allerdings noch nicht, denn der erste Durchlauf wird euch wohl nur einige der Antworten liefern, die ihr sucht. Indessen gilt es, sämtliche im Spiel verteilten Video- und Audiologs zu finden, um euch auch den Rest der Geschichte zusammenzureimen. Ob das nun für tollen Wiederspielwert oder schlechtes Storytelling spricht, entscheidet der persönliche Geschmack. Ich persönlich hätte mir etwas mehr Informationen bereits während des gewöhnlichen Durchlaufs gewünscht.

Abseits der virtuellen Welten

Transference ist in erster Linie ein VR-Spiel, was man vor allem dann merkt, wenn man sich auch die – ebenfalls integrierte – Nicht-VR-Version anschaut. Hier bewegt ihr einen Punkt in der Mitte eures Sichtfelds mittels Analogstick herum und könnt dann auf gleich Weise wie in der VR-Variante Dinge anvisieren und mit ihnen interagieren. Das Ganze gestaltet sich im Gegensatz zur intuitiven VR-Steuerung allerdings etwas mühsam, vor allem auch deshalb, da man die Kamera- und Zielkreuz-Steuerung nicht invertieren kann – für jemanden wie mich, der prinzipiell mit invertierter Kamera spielt, ein großer Minuspunkt. Auch die Atmosphäre leidet in dieser Variante: Was in VR wundervoll verrückt und unheimlich wirkt – vom Lichtflackern über die geisterhaften Erscheinungen der Familienmitglieder bis hin zu verzerrten Umgebungen, dem Laufen an der Decke, Code-Fragmenten und mehr – wirkt am normalen Bildschirm plötzlich nicht mal mehr halb so spannend.

Mehr interaktiver Film als Horror-Game

Als ich mit Transference begonnen habe, hatte ich mir ein gruseliges Story-Spiel mit Schock-Momenten und Rätseleinlagen erwartet – so ganz trifft es das aber nicht. Rätsel gibt es, allerdings sind diese allesamt sehr leicht zu durchschauen und beschränken sich zudem vornehmlich auf „füge Item x in Slot y“-Aktionen; und trotz der unheimlichen Atmosphäre der Räumlichkeiten, würde ich das Spiel auch in der Kategorie Psychodrama als Thriller/Horror einstufen: Schreckmomente gibt es so gut wie keine, das Monster bleibt bis auf ein paar Triggerpunkte brav im Dunkeln und kann so vermieden werden, nichts ist hinter euch her und tödliche Fehler gibt es auch keine. Das alles heißt aber nicht, dass das Erlebnis dadurch schlecht war – es war bloß nicht das, was ich mir erhofft hatte. Stattdessen wird euch hier vielmehr ein schauriger Psycho-Film gezeigt, den ihr selbst nachspielt.

Noch ein Wort zur Technik

Wie oben schon geschrieben, ist das Hauptstichwort bei Transference Atmosphäre und hier punktet das Spiel auch auf voller Länge: Eine simple, aber unheilvolle Soundkulisse, tolle Schauspieler mit erstklassigem Voice Acting sowie richtig platzierte Licht-, Verzerr- und Fragment-Effekte sorgen für die richtige Stimmung: verwirrend, unheimlich, psychotisch. Die Grafik ist für ein VR-Spiel im oberen Mittelfeld angesiedelt und kann somit ebenfalls überzeugen. Und was überdies positiv auffällt, ist der Detailreichtum, der hier eingeflossen ist – vor allem dank der Einbeziehung realer Schauspieler sowie der Verwendung von Foto-Texturen. Zumindest in diesem Punkt macht der Titel also alles richtig.

FAZIT

Transference macht es mir nicht leicht. Einerseits hatte ich mit dem Titel durchaus Spaß, andererseits hinterlässt er aber auch ein etwas hohles Gefühl. Was klar ist, ist, dass Transference nicht das war, was ich mir erwartet hätte. Von grusliger Spannung war kaum etwas zu spüren und die Handlung wird – zumindest, wenn man in erster Linie den Hauptaufgaben folgt – so kryptisch erzählt, dass man selbst am Ende des Spiels bloß eine vage Ahnung hat, was denn nun wirklich passiert ist. Macht man sich die Mühe, alle Video- und Audiologs zu suchen, wird der Plot zwar klarer, die Frage ist allerdings, wie viele Spieler Freude daran haben werden, die bloß zwei bis drei Stunden lange Story inklusive der eher wenig einfallsreichen Rätsel mehrfach durchzuspielen, um diese zu finden. Leider gibt es nämlich auch keine Möglichkeit, am Ende nochmal alle Räume abzusuchen. Mein Tipp deshalb: Wenn ihr in erster Linie für die Atmosphäre und das (größtenteils durchaus gelungene) VR-Erlebnis spielen möchtet, legt euch den Titel bedenkenlos zu; wenn ihr hingegen auf ein durchdachtes Rätselspiel mit Psycho/Grusel-Faktor hofft, dann lasst lieber die Finger davon.

Was ist Transference? VR-Psycho-Spiel mit schöner Präsentation, aber kurzer Spielzeit und wenigen Herausforderungen
Plattformen: PC (Oculus Rift und HTC Vive), PS4 (PSVR)
Getestet: PSVR-Version
Entwickler / Publisher: Spectrevision, Ubisoft / Ubisoft
Release: 18. September 2018
LinkOffizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.4

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 6 | Spieldesign: 4 | Motivation: 6

Ähnliche Beiträge

Kommentar abgeben