Mit Tempest Rising kommt nach langer Durststrecke wieder einmal ein klassisches RTS-Game auf den Markt. Tempest Rising tritt in die Fußstapfen der Command & Conquer Serie und versucht dieser dabei behutsam mit neuen Ideen seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Ob Tempest Rising damit dem aktuell etwas ins Abseits geratenen RTS-Genre Aufwind geben kann und nicht nur Command & Conquer Veteranen begeistert?
Mit 3D Realms und Knights Peak Interactive als Publisher veröffentlichte der Entwickler Slipgate Ironworks am 17.04.2025 (Deluxe Edition) bzw. 24.04.2025 (Standardedition) Tempest Rising für PC. Bisher hat es Slipgate Ironworks vor allem in anderen Genres mit Titeln wie Ghostrunner zu Bekanntheit gebracht und versucht sich nun erstmals an einem RTS. Mit dem deutlichen Fokus auf die klassischen Wurzeln des RTS-Genres scheinen sie jedoch beste Voraussetzungen zu haben, sich auch hier eine Fanbase aufzubauen. Tempest Rising bietet Euch sowohl eine umfassende Singelplayer Kampange als auch einen Mehrspielermodus in welchem bis zu 4 Spieler auf neun verschiedenen Karten gegeneinander ins Gefecht ziehen können.
Story
Tempest Rising ist in einem alternativen Universum angesiedelt, in welchem sich zwei Fraktionen nach Ausbruch des Dritten Weltkrieges bekämpfen. Auf der einen Seite stehen dabei die fortschrittlichen „Friedenstruppen“ der Global Defense Forces (GDF) die sich aus Truppen der westlich orientierten Staaten heraus gebildet haben und auf der anderen Seite die militanten Truppen der Tempest Dynasty die Ihren Ursprung in der damaligen Sowjetunion und anderen asiatischen Staaten finden. Während sich diese zwei Fraktionen gegenseitig bekämpfen und Ihr dabei als Commander auf der einen oder anderen Seite am Krieg mitwirkt taucht weltweit das sogenannte Tempest, eine mysteriöse rote elektrische Pflanze, auf. Diese wird von beiden Fraktionen als nützliche Ressource zur Unterstützung ihrer kriegerischen Ambitionen abgebaut, obgleich der Ursprung des Tempest im Unklaren liegt. Während sich das Geheimnis um das Tempest dann langsam lüftet, enthüllen sich auch die Gefahren die in dessen Schatten bislang verborgen lagen.
Die Story von Tempest Rising wird für jede Fraktion jeweils in 11 verschiedenen Missionen erzählt. Im Rahmen der ersten Missionen werden Euch dabei die Spielmechaniken von Tempest Rising näher gebracht. Die Missionen sind durchaus abwechslungsreich gestaltet und müsst ihr dabei als GDF beispielsweise einmal mit einem Elite Sniper möglichst im verborgenen gegnerisches Feindesland durchqueren, in einer anderen Mission gegnerische Konvois mit einem Hinterhalt stoppen oder eine verbündete Stadt verteidigen. Jede Mission ist mit einem inszenierten Missionsbriefing eingeleitet, welches bei dem ein oder anderen ehemaligen Command & Conquer Spieler zu einem kleinen Déjà-vu führen dürfte – wobei der Trash-Movie-Charme oder echte Schauspieler bei Tempest Rising nicht vorkommen. Neben den Missionsbriefings sind die Missionen auch durch kurze aber durchaus atmosphärisch passende gerenderte Zwischensequenzen miteinander verbunden.
Basenbau
Als klassisches RTS liegt der Kern des Spiels bei Tempest Rising im Basenbau und anschließendem Gefecht. Zu Beginn einer Partie müsst Ihr Euch um das Ressourcensammeln kümmern und erfolgt dies durch das Ernten von „Tempest“-Feldern mit Euren Harvestern. Wie Euer Basenbau im Detail dann weitergeht hängt stark davon ab, mit welcher Fraktion Ihr spielt und gibt es hier klare Unterschiede. Die GDF wirkt dabei konservativer und sind die Gebäudeketten – gerade am Anfang während man sich in das Spiel einfindet – logischer miteinander verknüpft. Der Bauprozess folgt einem klaren Schema: Stromversorgung, Raffinerien, Kasernen. Bei der Tempest Dynasty hingegen ist der Basenbau flexibler gestaltet und müsst Ihr hier öfter Gebäude upgraden, um beispielsweise bestimmte neue Einheitentypen freizuschalten. Zudem haben viele Gebäude der Tempest Dynasty auch passive Boni. So könnt Ihr beispielsweise nach dem Bau eines Kraftwerks umliegende Einheitenproduktionsgebäude auf Kosten der Gebäudegesundheit des Kraftwerks boosten, sodass Einheiten schneller produziert werden. Ebenso bekommen einige Gebäude durch ein Upgrade defensive Verteidigungsfähigkeiten. Die Tempest Dynasty spielt sich hier deutlich dynamischer als die GDF Fraktion.
Einheiten
Die GDF und Tempest Dynasty unterscheiden sich nicht nur im Basenbau, sondern auch deutlich in ihrer Einheitenstruktur und ihrer taktischen Ausrichtung. Während Ihr mit den GDF eher auf qualitativ hochwertigere Einheiten setzt, die im Verband miteinander Boni erhalten können, ist die Tempest Dynasty eher auf Massenproduktion ausgelegt. Dabei verfügen beide Fraktionen über ein Vielzahl an speziellen Einheiten mit besonderen Fähigkeiten und benötigt man am Anfang einiges an Zeit um sich hier an die manchmal doch eher ungewöhnlichen Einheiten zu gewöhnen. Die Temepst Dynasty kann beispielsweise eine Tempest Sphere – eine große umher rollende Kugel die die kleinere Einheiten zerquetschen kann – erschaffen oder die GDF kann Riot-Trooper rekrutieren die im Nahkampf andere Infanterieeinheiten unterdrücken können. Auch wenn es etwas Einarbeitungszeit benötigt um sich in Tempest Rising zurecht zu finden macht es Spaß und fühlt sich erfrischend an nicht nur ohnehin schon altbekannte Einheitentypen zu entdecken und sich dann eine passende Spielstrategie dazu zu überlegen.
Neben den durch die unterschiedlichen Einheiten geförderten verschiedenen Strategien könnt Ihr Eure Taktik noch weiter individualisieren indem Ihr Doktrinen erforscht. Das sind strategische Spezialisierungen, die beispielsweise eure Einheiten zusätzlich verbessern oder Euch das Ressourcensammeln erleichtern. Tempest Rising bietet dadurch jedenfalls eine gute Grundlage für alle jene Spieler die gerne im Detail an den besten Strategien tüfteln.
Kampf
Nachdem Ihr Eure Basis aufgebaut und die ersten Einheiten ausgebildet habt, findet Ihr Euch früher oder später im Gefecht mit Euren Kontrahenten wieder. Dabei könnt Ihr in Tempest Rising durchaus einfach eine Materialschlacht starten und große Mengen an Einheiten auf die Gegenseite hetzten, jedoch erscheint es meist ratsamer und effektiver Eure Armeen gezielt zu dirigieren. Da sehr viele Einheiten Spezialfähigkeiten haben, welche Ihr manuell aktivieren müsst, erfordert dies jedoch einiges an Micromanagement. Dies kann vom Aktivieren eine Reperatur- oder Heilfähigkeit über das gezielte Umschalten von Fern- und Nahkampfmodi von Truppen, dem Aktivieren eines Stealth- oder Sprint Modus bis zum Herbeirufen von kurzfristiger Luftunterstützung reichen. Wer hier keine Hotkeys verinnerlicht hat kann im Eifer des Gefechts schnell mal etwas überfordert werden.
Multiplayer
So viel Spaß die Einzelspieler-Kampagnen von Tempest Rising auch machen, ein wesentlicher Teil des Spieles ist auch sein Mehrspielerpart. Hier gibt es zwei Spielmodi – Quick Play (automatische Matchsuche) und Ranked Play, dazu noch einen Custom Mode, wo ihr die aktuell online (oder im LAN) verfügbaren Partien seht und mitspielen könnt (sofern kein Passwort vergeben wurde oder ihr nicht gleich wieder hinausgeworfen werdet). Ihr könnt euch eure Seite (GDF/DYN) aussuchen und entscheiden, ob ihr ein 1v1 oder ein 2v2 Spiel bestreiten wollt. Im Custom Mode könnt ihr auch selbst eine Partie aufsetzen – ein paar wenige Startparameter eingeben (verfügbares Geld, gleich ein paar Truppen zum Start, Bots in drei Schwierigkeitsgraden statt menschlicher Spieler hinzufügen, Siegesbedingung, Teamauswahl) und los gehts. Aktuell gibt es sechs Karten für 2 Spieler und drei Karten für 4 Spieler. Nach nur 15 min Spielzeit hatte ich auch schon mein erstes Achievement – „Participation Trophy – Lose your First Multiplayer Match“. Unglaublich, wie gut manche menschliche Gegner schon wenige Tage nach Release des Spieles sind. Ich hatte ganz vergessen, dass die eigentlich friedlichen Erntemaschinen hervorragend geeignet sind, Infanterieeinheiten zu zermalmen. Anyway, ich sollte vielleicht noch einige 1v1 Partien mit meinem Kollegen spielen, bevor ich mich wieder gegen Fremde in den Kampf werfe. Was mir beim Onlinemodus gefehlt hat, war ein kooperativer Modus. Gemeinsam Storymissionen spielen, oder gar zu zweit in einem Team (einer baut, einer kämpft…) geht nicht. Wenn ihr gemeinsam mit einem Freund spielen wollt, könnt ihr nur als Team 1 und Team 2 gegen Team 3 und 4 antreten. Technisch ist mir beim Multiplayertest übrigens nichts Negatives aufgefallen – das hat hervorragend funktioniert. Ganz anders als damals (1999) bei Command & Conquer: Tiberian Sun…
Zusammenfassung
FAZIT MICHAEL
Tempest Rising ist ein RTS das sich vor seinen klaren Inspirationsquellen keineswegs verstecken muss. Nicht nur ältere Spieler, die sich an den Command & Conquer Vibes erfreuen, werden mit Temepst Rising eine Freude haben. Auch wenn mich die Story in der Kampagne nur bedingt mitgerissen hat, überzeugt Tempest Rising mit seinem klassischen Gameplay. Das Aufbauen von Armeen geht rasch von der Hand und schon könnt Ihr die Schlacht beginnen lassen. Langeweile kommt hier keine auf. Tempest Rising spielt sich nicht nur sehr flüssig, sonder macht auch Lust auf mehr. Das Ganze wird zudem optisch sehr ansprechend präsentiert und lief im Test auch ohne Bugs. Mich wird Tempest Rising sicherlich noch einige Stunden an den Bildschirm fesseln.
FAZIT SVENEVIL
Speed! Das ist es, was Anfänger in Tempest Rising als erstes beherrschen müssen. Rasch Gebäude hochziehen, rasch Ressourcen einsammeln, rasch möglichst große Truppenansammlungen produzieren, rasch angreifen. Vergesst die unzähligen Feinheiten des Spieles – bis ihr den ersten leicht beschädigten Panzer von der Front zurückgezogen und in die Werkstatt gebracht habt, wo er repariert wird, um danach untätig neben der Werkstatt herumzustehen, sind schon fünf neue von den fünf Panzerfabriken gelaufen und automatisch ins Kampfgebiet vorgestoßen. Einheiten und Gebäude sterben rasch in Tempest Rising – sind aber auch rasch neu produziert. Tempest Rising bietet unzählige Micromanagement-Mechaniken. Allerdings sind die nur was für Profis. Der Computer produziert Einheiten am Fließband, die euch ununterbrochen attackieren, und ihr müsst das ebenso tun, oder ihr geht unter dem Ansturm der hirnlosen gegnerischen Orks unter. Ja, ein Engineer kann feindliche Gebäude übernehmen – aber bis ihr die lahme und verwundbare Krücke in das feindliche Gebäude zwecks Übernahme gebracht habt, haben eure Panzerhorden es schon zehnmal dem Erdboden gleichgemacht. Ich liebe die kleinen Drohnensoldaten mit ihren extra steuerbaren Drohnen – aber wenn ihr anfangt, euch um die Steuerung einzelner Drohnen zu kümmern, während eure Armeen und eure Basis an fünf Ecken von gegnerischen Angriffswellen bedrängt werden, wird das nicht gut enden. Tempest Rising spielt sich wie ein klassisches Command & Conquer – build, baby, build. Und dann Tank Rush! Das gilt bei vielen Missionen – und vor allem auch im Multiplayer. Bei den Einzelspielerkampagnen gibt es natürlich auch Szenarien, wo ihr nur eingeschränkte Ressourcen beziehungsweise limitierte Einheiten zur Verfügung habt. Nur in diesem Fall macht es Sinn, etwas tiefer ins Mikromanagement vorzustoßen und sich wirklich zu überlegen, wie ihr mit überschaubaren Möglichkeiten eure Aufträge erfüllen könnt. Nur hier macht es Sinn, Einheiten zu heilen, Fahrzeuge zu reparieren, die Spezialfähigkeiten zu nutzen und vor allem auf das Schere-Stein-Papier-Prinzip zu achten – und bestimmte gegnerische Einheiten nur mit solchen Einheiten anzugreifen, gegen die sie sich nicht oder nicht gut verteidigen können. In den großen Massenschlachten braucht ihr euch um solche Details (fast) nicht zu kümmern. Nur mit Panzern gegen einen vor allem mit Panzerabwehrhubschrauber kämpfenden Gegner vorzugehen solltet ihr aber dennoch nicht… wobei, wenn ihr es bis zu den Produktionsgebäuden schafft?